Ski alpin:Stangenkönig

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Hat nun auch den Italiener Alberto Tomba enttrohnt: Marcel Hirscher. (Foto: AFP)

Der Österreicher Marcel Hirscher gewinnt den Riesenslalom von Adelboden. Mit dem 51. Weltcup-Sieg setzt er sich in der Ski-Historie vor den Italiener Alberto Tomba. Die deutschen Alpinen verpassen die Punkteränge.

Von Marco Oppliger

Wenn ein Skifahrer den Zielhang des Chuenisbärgli anfährt, weiß er genau, wie gut er unterwegs ist. Die Zauberformel lautet: Je schneller, desto lauter die Zuschauer. Als Marcel Hirscher die letzten Meter des Riesenslaloms in Angriff nahm, tobte das Publikum auf der Tribüne. Der Lärmpegel fiel für Sekundenbruchteile zusammen, als dem Österreicher ein Fehler unterlief, er seinen Vorsprung zu verspielen drohte. Doch Hirscher ist Hirscher - der sechsmalige Gesamtweltcup-Sieger rettete sich ins Ziel und triumphierte im Schweizer Ski-Klassiker vor seinem Dauerrivalen Henrik Kristoffersen aus Norwegen und Alexis Pinturault aus Frankreich. Es war sein 51. Weltcupsieg. Hirscher ließ in der ewigen Bestenliste nun auch den Italiener Alberto Tomba hinter sich.

Am Samstag waren 31 000 Schaulustige an den Hang gekommen - so viele wie noch nie. Natürlich kannte auch der Schweizer Justin Murisier die Bedeutung des Lärms seiner Landsleute. Kurz vor dem Zielhang wusste er auch ohne Uhr, dass er "nicht so schnell" war, als Elfter schwang er hinter der Linie ab. Aber weil seine Team-Kollegen Gino Caviezel (als 13.) und Elia Zurbriggen (19.) in den Punkterängen landeten, ließ sich zumindest festhalten: So gut waren die Schweizer hier seit 2011 nicht mehr klassiert.

Bilanz des DSV: "Wie bei einer eingestürzten Sandburg"

Auch die deutschen Alpinen zogen ihre Schlüsse aus der Vergangenheit - allerdings nicht ganz so erfreuliche wie die Schweizer Gastgeber. Erstmals seit Oktober 2012 brachten sie keinen Rennfahrer in die Punkteränge. Alexander Schmid schied als einziger DSV-Athlet im Finale aus. Der Verband, der so phänomenal in den Winter gestartet war mit drei Siegen in den ersten drei Rennen, muss sich in den technischen Disziplinen bei den Männern nun mit einer bitteren Realität abfinden: "Im absoluten Spitzenbereich sind wir einfach nicht mehr dabei", bilanzierte Alpinchef Wolfgang Maier. "Bei den Technikern sind wir in der Zweitklassigkeit angekommen. Da können wir wieder anfangen, das Gebilde aufzubauen. Wie bei einer eingestürzten Sandburg", sagte Maier der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings betonte er, dass es "mehr als unfair wäre", die Schuld den Aktiven zuzuschieben.

Denn der DSV leidet an einer außerordentlich bitteren Verletzungsmisere: Felix Neureuther und Stefan Luitz waren bis zu ihren Kreuzbandrissen in bestechender Form. Fritz Dopfer ist zwar von seinem Unterschenkelbruch genesen, aber er weiß, dass wohl noch ein beschwerlicher Weg zu alter Stärke vor ihm liegt. Den Riesenslalom in Adelboden ließ er aus und konzentriert sich auf den Slalom. "Das kompensiert keine Mannschaft der Welt. Außer Österreich vielleicht. Nicht mal die Norweger", sagte Maier.

Auf dem schwierigen Chuenisbärgli stürzte Alexander Schmid aus Fischen im zweiten Durchgang. Er ist er erst 23 Jahre alt, "und keiner", so Maier, "erwartet von Alex, dass er Ski-Deutschland rettet". So muss sich der DSV wohl vorerst damit trösten, dass die Abfahrts-Riege sich bisher in sehr guter Verfassung zeigt.

Marcel Hirscher, so erklärte der Schweizer Riesenslalom-Coach Helmut Krug, sei im Moment im Normalfall nicht zu schlagen, "aber die Masse dahinter schon". Hirscher rangiert in der ewigen Bestenliste der Männer nun auf Platz drei hinter Ingemar Stenmark (86 Siege) und Hermann Maier (54). Fast schon entspannt erzählte der österreichische Dauersieger nach dem Rennen von seinem Schnitzer. "Im ersten Moment bin ich erschrocken, dann habe ich einfach alles in die Waagschale geworfen." Vier Riesenslaloms sind in diesem Winter ausgetragen worden, drei hat Hirscher gewonnen. "Im Moment ist er einfach besser", sagte Kristoffersen. Der Norweger musste sich ihm schon am Donnerstag im Slalom von Zagreb geschlagen geben, worüber er sich fürchterlich aufregte. In Adelboden aber behielt er die Contenance, gratulierte Hirscher höflich zum Sieg. Selbiges Szenario könnte sich im Slalom am Sonntag wiederholen.

© SZ vom 07.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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