Skicrosser Simon Stickl im Gespräch:"Live im Fernsehen - das ist für uns eine große Sache"

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Am Wochenende starten die Skicrosser in ihre neue Saison: Simon Stickl, der beste deutsche Fahrer, spricht über die gestiegenen Ansprüche, seine Knieverletzung - und wie er seinen Gewichtsnachteil ausgleichen will.

Carsten Eberts

Durch die Aufnahme ins olympische Programm gelangte die Extremsportart Skicross in die Öffentlichkeit - seitdem geht es steil bergauf. Nicht nur, weil die Spiele in Vancouver einen medialen Schub brachten: Auch deutsche Fahrer wie Simon Stickl, 24, gewinnen mittlerweile Weltcup-Rennen. Stickl stammt vom Tegernsee und gilt als bester deutscher Fahrer. Mit sueddeutsche.de sprach er über die Entwicklung seines Sports in Deutschland, seine Ambitionen im Gesamtweltcup und die wuchtigen Vorteile seiner Konkurrenten.

Skicross live: Simon Stickl (2. von links) mit Kollegen. (Foto: Getty Images)

sueddeutsche.de: Herr Stickl, sind Sie wieder fit?

Simon Stickl: Ich hoffe doch. Ich hatte jeden Tag Reha und es geht mir viel besser. Wie fit ich bin, weiß ich allerdings erst im Rennen am Samstag.

sueddeutsche.de: Sie haben sich vor einigen Wochen am Knie verletzt. Was ist passiert?

Stickl: Wir hatten im November ein Testrennen gegen die besten Österreicher und Franzosen, das machen wir jedes Jahr. Im Halbfinale hatte ich dann Andi Matt überholt ...

sueddeutsche.de: ... den Gesamtweltcupsieger aus Österreich.

Stickl: Genau. Leider bin ich dann meinem Vordermann auf die Ski gefahren, habe die Bretter überkreuzt, die Bindung ging nicht auf und ich habe mir das Kreuzband überdehnt. Es war knapp vorm Riss. Das hätte auch richtig schiefgehen können.

sueddeutsche.de: Kam die Knieverletzung zum falschesten aller Zeitpunkte?

Stickl: Eigentlich geht es noch, weil wir bis Silvester nur die beiden Rennen in Innichen haben. Schlimmer wäre, wenn man sich Anfang Januar verletzt. Wer dann drei, vier Wochen ausfällt, der verpasst gleich sechs Rennen. Gerade im Januar und Februar darf man sich keine Schwächephase leisten. Sonst ist der Gesamtweltcup weg.

sueddeutsche.de: Sie stehen ohnehin vor einer sehr wichtigen Saison. Anfang 2011 hatten Sie angekündigt, Sie wollten diesmal im Gesamtweltcup richtig angreifen, ihn womöglich gewinnen. Können Sie dieses Ziel vor dem ersten Rennen in Innichen (Südtirol) aufrechterhalten?

Stickl: Es ist extrem schwierig zu sagen, wie gut ich derzeit bin. Ich stand drei oder vier Wochen überhaupt nicht auf Skiern. Auch wenn eine Prognose gerade schwerfällt: Ich möchte, was den Gesamtweltcup angeht, trotzdem angreifen. Letztes Jahr war ich neun Mal unter den Top 10, aber nie auf dem Podest. Das Topergebnis hat gefehlt. Das muss in diesem Jahr besser werden.

sueddeutsche.de: In den vergangenen beiden Jahren waren die Saisonhöhepunkte stets klar benannt: erst die Olympischen Winterspiele in Vancouver, im vergangenen Jahr der erste Heim-Weltcup in Grasgehren im Allgäu. Wie sieht es in dieser Saison aus?

Stickl: Natürlich wieder der Heim-Weltcup. Auch wenn der diesmal nicht in Grasgehren stattfindet, sondern in Bischofswiesen am Götschen. Die Rennen werden komplett live im Fernsehen übertragen, das hatten wir noch nie. Das ist für uns Skicrosser eine große Sache.

sueddeutsche.de: Ist es nicht schade, dass nicht versucht wurde, Grasgehren als deutsches Skicross-Zentrum zu etablieren?

Stickl: Grasgehren ist das deutsche Skicross-Zentrum, keine Frage. Das wird sich auch nicht ändern, wenn wir den Weltcup in diesem Jahr am Götschen fahren. Der war ja in Grasgehren geplant. Leider aber fand sich kein Termin, der sowohl für das Fernsehen, als auch für das Organisationskomitee machbar gewesen wäre. Schade, weil wir da einen echten Wettbewerbsvorteil hatten. Die Piste kenne ich in- und auswendig.

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sueddeutsche.de: Wie gut kennen Sie die Piste am Götschen?

Angriff auf den Gesamtweltcup: Simon Stickl. (Foto: N/A)

Stickl: Ganz ehrlich? Überhaupt nicht. Am Götschen ist noch keiner von uns je Skicross gefahren. Wir hoffen natürlich vorher trainieren zu können, auch wenn das wegen des Faschingswochenendes nicht leicht werden wird. So wichtig ist Skicross noch nicht.

sueddeutsche.de: Wie kann sich das ändern?

Stickl: Wir wissen genau, dass man eine Sportart in Deutschland nur bekannt machen kann, wenn man Erfolge hat. Das ist unser großes Ziel. Wir haben uns jedes Jahr verbessert. Wir müssen so gut sein wie im vergangenen Jahr - minimum. Es liegt an uns, die Sportart populärer zu machen. Und wir Deutschen müssen vorne mitfahren und Weltcupsiege holen. Das ist der einzige Weg.

sueddeutsche.de: Wen erwarten Sie als Konkurrenten im Kampf um den Gesamtweltcup?

Stickl: Dieselben Fahrer wie in der vergangenen Saison. Vor allem Andi Matt, der fährt so schlau und hat die nötige Masse. Der wiegt circa 110 Kilo, da bin ich mit meinen 84 Kilo weit hinterher.

sueddeutsche.de: Ist das nicht ein Wettbewerbsnachteil? Gerade im Skicross, wo es in der Luft schon mal zu Körperkontakt kommt, bei 80 Stundenkilometern?

Stickl: Ein wenig schon. Am Start sind leichtere Fahrer wie ich zwar spritziger, aber mit seinem Gewicht kann sich Andi Matt auf der Geraden wunderbar ansaugen.

sueddeutsche.de: Müssten Sie nicht an Ihrem Gewicht arbeiten? Und zehn Kilo zulegen?

Stickl: Das mache ich tatsächlich. Letztes Jahr bin ich mit 79 Kilo in die Saison gestartet, dieses Jahr sind es schon 84 Kilo. Aber viel mehr darf es nicht sein: Andi Matt ist über 1,90 Meter groß, ich bin zehn Zentimeter kürzer. Wenn ich 110 Kilo hätte, das sähe schon ein bisschen komisch aus.

sueddeutsche.de: Wie einst Alberto Tomba.

Stickl: Das sähe eher noch schlimmer aus. 30 Kilo mehr an mir? Oh Gott! Da könnte ich mich ja kaum noch bewegen.

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