Ski alpin:"Too schnell" für die Konkurrenz

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Dominieren den Weltcup: Mikaela Shiffrin (links) und Marcel Hirscher. (Foto: AFP/Dpa)
  • Mikaela Shiffrin und Marcel Hirscher sind in ihren Weltcups unangefochten.
  • Hirscher kann an Hermann Maier vorbeiziehen, was die Anzahl der Siege angeht.
  • Shiffrin könnte die ewige Bestmarke von Tina Maze im Gesamtweltcup knacken.

Von Johannes Knuth, München

Der alpine Ski-Weltcup hat die Grippe, und dieser alljährlichen Tradition kann sich in diesen Tagen auch die derzeit beste Fahrerin nicht entziehen. Als Mikaela Shiffrin sich am Wochenende nach Kranjska Gora aufmachte, nahm sie zum Frühstück bloß ein Proteingetränk zu sich. Mehr schaffte der kranke Magen nicht. Auf ihre Ergebnisse hatte das freilich kaum Einfluss. Shiffrin gewann am Samstag den Riesenslalom, Viktoria Rebensburg, ebenfalls angeschlagen, lag als Elfte 1,95 Sekunden zurück. Im Slalom am Sonntag legte Shiffrin gar 1,64 Sekunden zwischen sich und die Zweite, die Schwedin Frida Hansdotter. Christina Geiger wurde als beste Deutsche Siebte, mit vier Sekunden Abstand. Ob die Konkurrenz ebenfalls grippegeschwächt war? Als gesichert gilt nur, was die Schweizerin Wendy Holdener aussprach, eine der ersten Verfolgerinnen von Shiffrin - und doch so weit entfernt von ihr. Holdener befand: "Shiffrin is too schnell."

Anderer Hang, gleiches Spiel: Marcel Hirscher war auch in Adelboden nicht beizukommen. Der Chuenisbärgli im Berner Oberland ist fies und steil, die Fahrer glauben oft, sie würden fliegen, und Hirscher trieb es im Riesenslalom zweimal derart weit von der Ideallinie, dass seine Führung zerbröckelte. Dachten alle. Doch der Österreicher, kräftig wie kaum ein anderer, fuhr auch im zerfurchten Terrain fast ruckelfrei auf den Skikanten, das war schnell - too schnell für Henrik Kristoffersen (0,17 Sekunden zurück). Der Norweger hatte bei Hirschers Erfolg in Zagreb zuletzt so sehr geglüht vor Wut, dass man Angst um das Mobiliar im Zielraum hatte. In Adelboden applaudierte er artig - auch am Sonntag, als Hirscher den Slalom gewann, vor Michael Matt und Kristoffersen. Too schnell?

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Der Januar ist vielleicht der fieseste Monat für die Alpinen, die Euphorie des Saisonstarts ist verdampft, das Ende nicht in Sicht. Aber schon jetzt ragen zwei dominante Leistungen heraus. Shiffrin hat im Gesamtweltcup 1281 Punkte gesammelt, Wendy Holdener, die Zweite, verfügt über 560. Sie rüttelt kräftig an Tina Mazes Rekord, jene 2414 Punkte, die für die Ewigkeit in die Bestenliste gegossen zu sein schienen. Neun Weltcups hat Shiffrin in diesem Winter gewonnen, 40 insgesamt; bei diesem Tempo sind irgendwann wohl Ingemar Stenmarks 86 Erfolge in Gefahr. Hirscher hat mittlerweile 52 Siege gesammelt, drei fehlen dem 28-Jährigen noch, um an Österreichs Säulenheiligem Hermann Maier vorbeizuziehen. Er könnte den Gesamtweltcup zum siebten Mal gewinnen, in Serie, er liegt mittlerweile 154 Punkte vor Kristoffersen. "Marcel", sagte der Norweger in Adelboden, "ist einfach besser". In seiner Stimme lag ein wenig Verzweiflung.

Es ist schon interessant, wie ähnlich tief die Hingabe bei Shiffrin und Hirscher wurzelt - und wie hoch sie so über andere hinauswachsen. Da ist Shiffrins Konsequenz beim Training. Oder Hirschers Tüftelei, wenn der beste Ski vom ersten Lauf am Morgen für den zweiten Lauf am Mittag schon wieder der falsche ist. Da ist die Familie, die früh die Schienen für den Erfolg legte, Shiffrins Mutter, die ihre Arbeit aufgab und bis heute ihre Tochter betreut, Hirschers Vater. Da ist eine Mannschaft, die beiden Fahrern exklusiv zuarbeitet, je fünf, sechs Betreuer. Da ist ein Privatjet, den ein Sponsor für Hirscher, Kristoffersen und Alexis Pinturault finanziert, und der Hirscher mal schnell nach Salzburg fliegt, weil er sich dort vor Adelboden behandeln lassen wollte. Und sonst? "Sieben Monate ohne Schnee haben wohl das Feuer zurückgebracht", sagte Hirscher in Adelboden; er hatte sich im Sommer das Sprunggelenk gebrochen. Er habe auch so viel erreicht, dass er "niemandem mehr beweisen muss, dass ich Ski fahren kann", sagte er zur NZZ: "Ich darf. Und das macht Spaß."

Die Deutschen? Sie waren zuletzt oft abhängig von wenigen Spitzenkräften, aber dass diese Erkenntnis einen Monat vor Olympia so heftig durchschlägt, drückt ihnen mächtig aufs Gemüt. Felix Neureuther und Stefan Luitz kurieren ja ihre Kreuzbandrisse, Fritz Dopfer ist nach langer Verletzung auf dem Weg zurück in die Spitze. So war Alexander Schmid, ein Fahrer für die Zukunft, einziger Vertreter im Riesenslalom-Finale in Adelboden. Er schied aus. Linus Straßer schaffte als Zehnter im Slalom die Hälfte der Olympia-Norm. "Bei den Technikern sind wir in der Zweitklassigkeit angekommen", sagte Alpindirektor Wolfgang Maier der Deutschen Presse-Agentur: "Wie bei einer eingestürzten Sandburg."

© SZ vom 08.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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