Ski alpin:Halt unter den Füßen

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"Das war von oben bis unten Voll-Chaos": Obwohl Viktoria Rebensburg mit ihrem Rennen in Maribor alles andere als zufrieden ist, steht sie am Ende als Siegerin da. Nach dem Triumph schielt sie nun sogar wieder Richtung Riesenslalom-Weltcup.

Von Johannes Knuth, Maribor/München

Die Farbenlehre im alpinen Skisport setzt sich aus zwei Kolorierungen zusammen, rot und grün. Im Ziel leuchtet stets eine dieser Farben auf, eine grün eingefärbte Ziffer steht für eine neue Bestzeit, eine rote für Rückstand. Es ist ein einfaches Prinzip, manchmal ist es auch ein wenig unfair, rot oder grün, das gibt nicht immer wieder, auf wie viele Einflüsse die Fahrer während ihrer Fahrt prallen. Viktoria Rebensburg wusste jedenfalls, dass am Wochenende eine rote Ziffer neben ihrem Namen aufleuchten würde, sobald sie im Ziel eintreffen würde. "Das war von oben bis unten Voll-Chaos", sagte sie später. Am Ende ploppte dann aber doch eine grüne Zahl auf, Rebensburg hatte 0,32 Sek. Vorsprung auf die Slowenien Ana Drev ins Ziel gebracht, und oben wartete nur noch die Österreicherin Eva-Maria Brem.

Viktoria Rebensburg, 26, hat am Samstag dann tatsächlich noch den Riesen- slalom von Maribor gewonnen, vor Drev und Brem, die auf den vierten Platz zurückrutschte. Rebensburg hatte vor zwei Wochen bereits den Riesenslalom in Flachau für sich entschieden, davor hatte sie knapp drei Jahre auf einen Sieg im Weltcup warten müssen. Mal war sie verletzt, mal hatte sie Probleme mit ihrem Material, die auch nicht fortzogen, als sie vor eineinhalb Jahren den Ausrüster wechselte. Der Start in die aktuelle Saison verlief ebenfalls nicht nach Wunsch. Dann wurde Rebensburg Vierte beim Riesenslalom von Courchevel, es war ein Wochenende, an dem sie ihre Unsicherheit plötzlich abgeschüttelt hatte. Das Geheimnis? "Da gibt's kein großes Geheimnis", sagt Wolfgang Maier, Alpindirektor im DSV, er findet: "Am Ende ist es doch immer eine Frage des Selbstvertrauens."

Wenn Skirennfahrer den Ausrüster wechseln, ist das wie bei einem Teamwechsel in der Formel 1, es dauert, ehe sich die Fahrer an ihr neues Material gewöhnen. Bis Skier, Platten, Bindung und Schuhe so aufeinander abgestimmt sind, dass ein Fahrer "Selbstvertrauen in das hat, was er unter den Füßen hat", sagt Maier. Rebensburgs Vertrauen war zuletzt immer wieder zusammengeschmolzen, die WM 2015 war eine Ausnahme, sie gewann Silber im Riesenslalom, zum Saisonstart, auf den eisigeren Pisten, tat sie sich aber wieder schwer. Es dauerte ein paar Rennen, bis sie für die meisten Bedingungen die richtige Abstimmung ertüftelt hatten. Aber das, sagt Maier, war noch nicht alles.

Früher drifte Rebensburg mit den Skiern oft in eine Kurve, anstatt sie kurz auf die Kanten zu stellen. Ihr Körperschwerpunkt lagerte nicht in der Mitte des Skis, wie es das Lehrbuch vorschreibt, sondern über der Ferse. "Sie ist ein bisschen wie Bode Miller gefahren", sagt Maier, sie war ja auch erfolgreich, Olympiasiegerin 2010. Bis sie 2012 dann neue Skier im Riesen- slalom einführten. Die Skier lassen sich nicht mehr ganz so leicht um die Kurve lenken, "du musst zentraler auf dem Ski stehen, viel mehr zum Tor hin und vom Tor weg arbeiten", sagt Maier, das passte nicht so recht zu Rebensburgs Technik. Sie haben ihre Position also justiert, den Körperschwerpunkt nur um ein paar Zentimeter nach vorne verschoben. Wobei, was heißt nur? "Wenn du sechs, sieben Jahre mit einer bestimmten Technik erfolgreich bist, dauert es eine Weile, bis du das umstellst", sagt Maier.

Rasend schnell: Zwei Siege im Riesentorlauf in Flachau und in Maribor, dazu gute Resultate bei Abfahrt und Super-G: Für Viktoria Rebensburg läuft es klasse. (Foto: Stanko Gruden/Getty)

Die Grenze im Skisport zwischen Erfolg und Misserfolg ist schmal. Rebensburg hat es sicher auch nicht geschadet, dass Maier auf ihren Wunsch vor der Saison einen Techniktrainer in die Abfahrtsmannschaft integrierte, damit sie jederzeit an diesen Feinheiten arbeiten kann. Im Riesen- slalom-Weltcup, den sie 2011 und 2012 gewann, ist sie bis auf 32 Punkte an Brem herangerückt. "Hört sich gut an", findet Rebensburg. "Vor allem, weil ich nach dem durchwachsenen Saisonstart nicht mehr geglaubt hatte, dass ich da noch eine Chance haben werde."

© SZ vom 01.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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