Ski alpin in der Schweiz:"Ausländerfeindlichkeit ist extrem"

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  • Der Österreicher Rudi Huber sollte den Schweizer Skiverband "Swiss Ski" auf Erfolgskurs bringen - wegen einer SMS muss er das Projekt aufgeben.
  • Er rät darin einem österreichischen Kollegen ab, in der Schweiz zu arbeiten, weil dort eine große Ausländerfeindlichkeit vorherrsche.
  • Zuvor hatte er Techniktrainer Steve Locher rausgeworfen wegen "zwischenmenschlicher Differenzen".

Von Johannes Knuth, München

Die Österreicher sind eine stolze Skination. Alpine Wettbewerbe ohne österreichische Sieger sind in dieser Welt nur bedingt vorgesehen, und wenn doch einmal ein Skirennfahrer einer anderen Nation reüssiert, weisen die Österreicher gerne auf ihren Anteil an dessen Triumph hin. Und es stimmt ja auch. Trainer, Servicemänner, Skier, vieles ist Made in Austria, sie sind so etwas wie der Exportweltmeister im alpinen Sektor.

Die Schweizer sind eine nicht minder stolze Skination, auch sie pflegen Handelsbeziehungen mit den Österreichern, vor zwei Jahren verpflichteten sie den Österreicher Rudi Huber als Sportdirektor. Seit ein paar Tagen ist der Austausch allerdings etwas ins Stocken geraten.

Es geht um Eitelkeiten, Rassismus- vorwürfe, es geht um Rudi Huber, der seit Montag nicht mehr Sportdirektor des Schweizer Verbandes ist. Der April ist ein Monat der Veränderungen im Skisport. Die Athleten testen neue Skier, die Verbände bilanzieren, was oft dazu führt, dass die Athleten den Ausrüster tauschen und die Verbände das Personal. Die Szene ist überschaubar, man kennt sich, man redet. Bei "Swiss Ski", dem Schweizer Verband, hatten sie in den vergangenen Jahren fleißig das Personal gewechselt. Mal ging der Geschäftsführer, mal der Sportdirektor, mal gaben ein paar Trainer auf, derartige Abschiede waren zuletzt so verlässlich wie Tauwetter im Frühjahr.

Vor zwei Jahren unterschrieb Huber einen Vertrag als Sportdirektor, gültig für vier Jahre. Der Schweizer Verband ist ein heterogenes Gebilde, es gibt viele Interessen, drei verschiedene Sprachen, darunter eine, die Huber nicht spricht (Französisch). Huber musste zuletzt einen Trainerposten vergeben, er verschickte die Absagen per SMS. Eine war an einen österreichischen Trainer adressiert. Der Mann steht anscheinend in regem Austausch mit Journalisten, vergangene Woche veröffentlichte die Schweizer Boulevardzeitung Blick die SMS: "Kann es dir nicht empfehlen, als Ösi in der CH zu arbeiten. So gut kannst du gar nicht sein, dass du nicht ständig kritisiert wirst, die Ausländerfeindlichkeit ist extrem - LG R."

Die Aufregung war groß. Markus Wolf, Geschäftsführer des Verbandes, beteuerte: "Von Fremdenfeindlichkeit bei Swiss-Ski kann keine Rede sein." Blick polterte, Huber sei untragbar, die Zeitung führte diverse Trainer als Kronzeugen an, die sich über mangelnde Führungsqualitäten ausließen. Auch Huber selbst kam zu Wort. Wobei die Zeitung darauf hinwies, wo sie den Sportdirektor gerade erreicht hatte: beim Radurlaub auf Mallorca. Dabei müsse er doch eigentlich die Kaderlisten für die neue Saison zusammenstellen . . .

Sein Reformwille war manchem Trainer offenbar zu groß

Huber stieg am vergangenen Sonntag ins Auto, er pendelt seit zwei Jahren von Salzburg in die Schweiz, sieben Stunden Hinfahrt am Sonntag, sieben Stunden Rückreise am Freitag. Diesmal war es seine letzte Dienstreise. "Die SMS war ein Fehler, keine Frage", sagte Huber dem Portal skionline.ch: "Diese Meldung habe ich zum falschen Zeitpunkt an die falsche Person geschickt." Und sonst? Der 52-Jährige hatte vor zwei Jahren einige Reformprojekte entworfen, er wollte die Trainingsarbeit vereinheitlichen. Manchen Disziplintrainern war das offenbar zu viel Reformwille, sie sind es gewohnt, die Verbands- politik mitzugestalten.

Huber sagt, ihm habe dieses "Hintenrum-Spiel" viel Energie geraubt, zuletzt warf er Techniktrainer Steve Locher raus, nach "zwischenmenschlichen Differenzen". Kurz darauf wurde die SMS an die Öffentlichkeit gespült. "Die Story ist gezielt zu jenem Zeitpunkt abgefeuert worden, als ich mir drei, vier Tage eine Verschnaufpause nach sieben Monaten des Durcharbeitens gönnen wollte", glaubt Huber.

Auf seinen Nachfolger wartet viel Arbeit. Die Olympia-Gold-Gewinner Didier Défago (Vancouver) und Dominique Gisin (Sotschi) haben ihre Karriere beendet, die Öffentlichkeit erwartet trotzdem weiter Medaillen. Wie viele Bewerbungen aus Österreich eintreffen werden, bleibt fürs Erste abzuwarten.

© SZ vom 23.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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