Ski alpin:Die verrückte Saison veredelt

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Bester Deutscher gratuliert dem besten Abfahrer: Thomas Dreßen (links) und Beat Feuz (Schweiz), der die Saisonwertung für sich entschied. (Foto: Daniel Goetzhaber/imago)

Der 24 Jahre alte Thomas Dreßen sichert sich als erster Deutscher seit 1967 den dritten Rang in der Weltcup-Abfahrtswertung.

Von Gerald Kleffmann, Åre/München

Aksel Lund Svindal, 35, zischte ins Ziel, mit mehr als 120 km/h. Das Wichtigste für Beat Feuz war in diesem Moment: Es leuchtete nicht die "1" auf für den Norweger, der sich aus der Hocke löste, abschwang, lächelte. Die Fernsehkamera schwenkte hinüber zu Feuz, dem 31 Jahre alten Schweizer, der in einem roten Lederstuhl saß, die Faust reckte, den rechten Zeigefinger in die Luft streckte - und noch mehr lächelte. Er hatte es geschafft.

Feuz wird Kugelblitz genannt, weil er eben so aussieht, wie man sich einen Kugelblitz vorstellt, natürlich passt diese kernige Umschreibung zur Skiwelt, in der es gerne kernig zugeht. Feuz selbst ist ein gutes Beispiel dafür, zumindest wenn man darunter auch die Fähigkeit versteht, Widerständen trotzig und beharrlich zu begegnen. So oft war er schon schlimm verletzt gewesen, einmal wusste er nicht mehr, ob er weiterfahren würde, alles war kaputt im Knie. Und nun? 2017 wurde er Weltmeister, und jetzt sicherte er sich mit dem dritten Rang in der Abfahrt von Åre auch den Weltcuptitel dieser Disziplin - Svindal (am Mittwoch Vierter) wurde Gesamt-Zweiter, vor einem Athleten, der seinerseits gleich ein bisschen nationale Geschichte fabrizierte: Thomas Dreßen wurde nach seinem fünften Platz in Åre Dritter in der Endabrechnung der Abfahrt. So gut war kein Deutscher, seit es den Weltcup gibt. Seit 1967 also. Die Agentur Sp ortinformationsdienst identifizierte zwar sogleich den Oberstdorfer Franz Vogler, dem Gleiches gelang, in der Premierensaison des Weltcups. Allerdings gab es damals, präzisierte der SID richtig, nur fünf Abfahrten, und nur die besten Drei landeten in der Wertung. Dreßens Kommentar zu seiner Leistung: "Das ist schon cool, wenn man so etwas geschafft hat", sagte er in der ARD. Stolz flimmerte kurz in seinen Augen auf, offen gab er dann aber auch zu: "Die Vorbereitung auf die neue Saison geht ja relativ früh los, da ist man froh, wenn man ein bisschen seine Ruhe hat." War ja wahrlich einiges passiert in seinem Skifahrerleben. Er ist jetzt für immer Kitzbühel-Sieger. Rang drei in der Jahreswertung spiegelt aber mehr noch seine Klasse wieder. Er selbst nannte diese Saison "verrückt".

Sein neues hohes Niveau demonstrierte Dreßen jedenfalls auch tief in der Mitte Schwedens. Die finale Weltcup-Woche, bei der jede Disziplin bei Männern und Frauen noch einmal gefahren wird, darf man sich wie einen Kassensturz vorstellen. Die besten Fahrerinnen und Fahrer starten letztmals - dann wird abgerechnet. Für manche sind solche Reisen Pflichttrips ohne Ertrag, für manche gibt es ein bisschen Trost, wie diesmal für die Österreicher, die in der heiligsten Disziplin ihrer heiligen Sportart nicht nur den Sieg, sondern einen Doppelsieg feiern durften: Vincent Kriechmayr und Matthias Mayer waren zeitgleich die Schnellsten. Relevant fürs große Ganze war der rot-weiß-rote Erfolg nicht. Feuz und Svindal stritten um Platz eins in der Abfahrts-Gesamtwertung. Dreßen und der Südtiroler Dominik Paris um Rang drei, wobei der Deutsche aus Mittenwald staubtrocken ohne Wackler hinunter spurte auf der wegen Nebels stark verkürzten Strecke. Dreßen kann zwar nicht so schön jauchzen wie früher Markus Wasmeier. Aber man muss sich ihn merken. Die Männerabteilung des Deutschen Ski-Verbandes hat er jedenfalls in den Speeddisziplinen in die Weltspitze geführt. Dreßen ist auch der erste DSV-Fahrer, der in einer Saison zwei Abfahrten gewann, in Kitzbühel und Kvitfjell.

Bei Lindsey Vonns 82. Sieg landet Viktoria Rebensburg auf Rang vier

Die Frauen wickelten am Mittwoch ebenfalls ihre Abfahrtssaison ab, Lindsey Vonn gewann ihr 82. Weltcup-Rennen, vier mehr, dann hat die Amerikanerin Ingemar Stenmark eingeholt. Die Zweitplatzierte Sofia Goggia aus Italien sicherte sich die kleine Kristallkugel. Viktoria Rebensburg (Kreuth) wurde Vierte. Die beste Deutsche seit Jahren hofft am Sonntag auf ihren Moment: Im Riesenslalom kann sie sich dann die Jahreswertung sichern. Am Donnerstag finden aber erst mal die Super-G-Rennen statt.

© SZ vom 15.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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