Ski alpin:Auslaufmodell

Lesezeit: 2 min

Die Kombination steht bei Olympia auf der Kippe. Die meisten Verbände haben sich längst einen pragmatischen Umgang mit dem Nischen-Wettbewerb angewöhnt.

Von Johannes Knuth

Doch, ihm gehe es bestens, versicherte Thomas Dreßen. Gut, der 24 Jahre alte Mittenwalder machte keinen sonderlich kränklichen Eindruck, als er am Dienstag im Zielraum stand; Atmung, Gesichtsfarbe und Pupillenreflex wirkten einwandfrei. Aber der Abfahrer Dreßen stellte zur Sicherheit noch mal klar: Er habe die zackige Hatz über den Slalomhang wirklich genossen, die manch alpiner Schnellfahrer ja so sehr schätzt wie Fußpilz. "Es sah vielleicht nicht so aus, aber ich hatte Spaß", sagte Dreßen. Auch wenn die Slalomfahrer den zweiten Teil der olympischen Kombination am Dienstag in Pyeongchang freilich graziler absolviert hatten.

Dreßen hielt bei der Gelegenheit eine kleine Laudatio auf die alpine Kombination, "eine coole Disziplin". Auch seine Vorfahren wie Bode Miller und Ivica Kostelic waren noch Freunde der These, dass der kompletteste Skifahrer am Samstag in der Abfahrt reüssierte und am Sonntag im Slalom. Doch mittlerweile ist die traditionsreiche Übung ein Auslaufmodell. 2019 werden in Åre WM-Medaillen verteilt, dann ist wohl Schluss, auch bei Olympia. Der Weltverband Fis bietet im aktuellen Winter nur je zwei Weltcups für Frauen und Männer an. Beim zweiten Termin der Männer überließen die derzeit Besten, Olympiasieger Marcel Hirscher und Alexis Pinturault (am Dienstag Zweiter), der Konkurrenz das Feld. Er könne im Weltcup nicht starten, sagte Hirscher, "selbst wenn ich wollte. Ich muss unter der Woche für die technischen Disziplinen trainieren."

Damit spricht der Österreicher ein Kernproblem an: die Spezialisierung im Weltcup. Das Niveau in technischen Disziplinen ist in den vergangenen Jahren massiv gestiegen, viele Abfahrer haben den Anschluss verpasst. Und der Termindruck und die Belastungen sind in ihren Disziplinen ohnehin groß. Wurde früher der kompletteste Skifahrer in der Kombination ermittelt, gewinnt heute meist der Slalomfahrer, der die Abfahrt am besten übersteht. Begeisterung und Attraktivität halten sich da in Grenzen - und die Bereitschaft vieler Orte, einen Weltcup zu beherbergen. Eine Ausnahme: die Schweizer. Der Weltverband Fis gewährte der Disziplin auch deshalb eine Gnadenzeit. Bei der WM vor einem Jahr gewannen Schweizer vier von sechs Kombinationsmedaillen.

Die meisten Verbände haben sich derweil längst einen pragmatischen Umgang angewöhnt, wie der Deutsche Skiverband. Sie fördern aufgeschlossene Athleten wie Dreßen, aber kein professionelles Kombinationsteam. Dafür müssten sie ihre Reisegruppen für die Abfahrtscamps regelmäßig um diverse Techniker erweitern, um diese für die Abfahrten zu schulen. Aber für zwei Weltcups im Winter?

Der Weltverband bevorzugt Parallelevents und Sprint-Rennen

Ganz kampflos gaben sich die Fahrer in Pyeongchang noch nicht geschlagen. In der Kombination werde noch immer "der perfekte Skifahrer bestimmt", sagte der Franzose Victor Muffat-Jeandet, Dritter am Dienstag (und nach dieser Rechnung drittperfektester Skifahrer der Spiele). Pinturault befand gar, dass die Fis einen prosperierenden Wettkampf beerdige, weil "Slalomfahrer wie Abfahrer sich gerade immer mehr in der jeweils anderen Disziplin verbessern". Eine absolute Mehrheit würde er für diese These vermutlich nicht finden. Der Weltverband bevorzugt längst Sprint-Abfahrten in zwei Durchgängen und Parallelrennen. Letztere sind kürzer und telegener als die Kombination, in Pyeongchang ist der Teamevent im Parallelformat erstmals olympisch. Hirscher wird wohl fehlen. Vier Tage nach dem Event steht der nächste Weltcup-Riesenslalom im Programm.

© SZ vom 14.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: