Ski alpin:Aus für den Gudiberg

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Riesenslalom über den Dächern der Stadt: Ski-Profis am Dienstagabend beim Weltcup-Rennen in Stockholm. (Foto: Jonathan Nackstrand/AFP)

Stadt-Rennen als Parallel-Wettbewerbe erfreuen sich im Skizirkus einer immer größeren Beliebtheit. Aus dem Plan, in Partenkirchen ein solches auszurichten, wird aber nichts: Der Ort ist dem Weltverband zu klein.

Von Johannes Knuth, Stockholm/München

Felix Neureuther hatte seinen Ärger recht schnell abgeschüttelt. Der 31-Jährige war am Dienstagabend beim Parallelslalom in Stockholm im Viertelfinale ausgeschieden; er war noch der erfolgreichste Repräsentant des Deutschen Skiverbands (DSV): Fritz Dopfer und Maren Wiesler waren in der ersten Runde hängen geblieben. Aber Neureuther kann eben aus allem Schlechten immer auch etwas Gutes ziehen. "Für meinen Rücken ist es sicher besser, dass ich heute nicht so viele Läufe gemacht habe", sagte er. Die Siege waren in den Besitz von Wendy Holdener/Schweiz und Österreichs Marcel Hirscher gewandert, Letzterer war ziemlich angetan vom Stadtrennen auf dem knapp 100 Meter hohen Hausberg Stockholms, vor rund 7000 Zuschauern: "Hier ist es perfekt. Die Fans müssen nicht drei, vier Stunden irgendwo hinfahren. Wir sind da, wo die Fans sind", sagte Hirscher.

Der Internationale Skiverband Fis nimmt derartige Rezensionen natürlich gern zur Kenntnis. Die Fis hebt in dieser Saison wieder vermehrt Parallel-Rennen in den Kalender, im Dezember probten sie in Alta Badia zum ersten Mal einen Parallel-Riesenslalom, in Stockholm wurden sie zum ersten Mal seit drei Jahren wieder in einer Stadt vorstellig, nachdem das Neujahrsrennen in München zuletzt aus dem Kalender gefallen war. Manche Fahrer grummeln, sie mögen es nicht, dass auf den kurzen Pisten in den Städten ein vollwertiger Satz an Weltcup-Punkten verteilt wird, für die Slalom-Wertung und den Gesamtweltcup. Am Dienstag litt Norwegens Slalom-Ass Henrik Kristoffersen darunter, der früh ausschied und viele Punkte an Hirscher verlor. Aber die meisten sind doch sehr angetan vom urbanen Skifahren. Sie haben festgestellt, dass es nicht mehr ausreicht, den Sport allein in seinem natürlichen Habitat anzusiedeln.

Wer neue Fans erreichen will, muss den Sport zu ihnen tragen, in möglichst leicht verdaulichen Wettkampf-Häppchen, wie beim kurzen Parallelslalom.

Der DSV hält derzeit noch das Recht, einen dieser Parallelslaloms auszutragen, am 1. Januar. Bis zuletzt stand dieser Slot München zu. Das Rennen am Olympiaberg fiel in den vergangenen Jahren allerdings häufiger aus (drei Mal) als es stattfand (zwei Mal). Das warme Wetter. Im vergangenen Oktober zogen sich die Münchner entnervt zurück, die Versicherungsbeiträge waren nach jeder Absage in die Höhe geklettert. Der DSV und der SC Garmisch, Letzterer unter Leitung von Peter Fischer, probierten sich also an einem kühnen Projekt: Sie wollten den Parallelslalom an den Gudiberg nach Garmisch-Partenkirchen verlegen, in die Nachbarschaft des Neujahrsspringens; Vierschanzentournee und Parallelslalom an einem Tag, das wäre doch was. Es wurde dann nichts, zwischen der Absage im Oktober und Neujahr lag zu wenig Zeit. Fischer regte an, bis zum Kongress der Fis im kommenden Juni ein langfristiges Konzept für ein Parallel-Rennen an Neujahr am Gudiberg auszutüfteln, kurz nach dem Skispringen.

Das Problem: Der Termin am 1. Januar ist als sogenannter City-Event ausgeschrieben. Und deshalb habe Garmisch leider keine Chance, wie die Fis dem DSV zuletzt mitteilte. "Die Fis vertritt in der Tat die klare Position, dass ein City-Event auch in der City stattfinden sollte", sagt Walter Vogel, im DSV zuständig für das Ressort Marketing. Wenn die Deutschen ihren Termin behalten wollen, habe die Fis wissen lassen, mögen sie sich bitte schön mit einer größeren Stadt bewerben. Sprich: nicht mit dem Gudiberg.

Peter Fischer, Vorstand des SC Garmisch, hatte die mögliche Zusammenführung von Vierschanzentournee und Parallelslalom im Herbst noch als "Sechser im Lotto" beschrieben. Dass aus dem Hauptgewinn nun nichts wird, "damit kann ich schon leben", sagt er. Es wäre ja auch eine komplizierte Mission geworden, zwei Events, zwei Vermarkter, diverse logistische Fallen, von der Länge der Pause zwischen beiden Wettbewerben bis hin zu den Unterkünften, die man für Skispringer und Alpine freiräumen müsste. Wobei Fischer sich noch nicht geschlagen gibt: "Du musst ja erst einmal eine andere Stadt finden, und meines Wissens nach ist die Bewerberlage nicht allzu hoch." Der DSV überlegt noch, eine andere Stadt ins Rennen zu schicken. "Wir sind in Gesprächen mit möglichen Ausrichtern", so Vogel, Konkreteres könne er aber noch nicht sagen.

In Wien könnte es an Neujahr vor dem Schloss Schönbrunn rundgehen

In Österreich ist die Bereitschaft dem Vernehmen nach deutlich größer. Der Österreichische Skiverband (ÖSV) würde den Neujahrs-Slalom am liebsten nach Wien holen, ans Schloss Schönbrunn. Die Idee finden sie in Österreich toll - bis auf das Gartenamt, das für die vom Kunstschnee und Zehntausenden Zuschauern platt gedrückte Parkanlage zuständig wäre. Andererseits: Der ebenso mächtige wie streitbare ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel wirbt seit Langem um den Termin, er hat diverse kleinere und größere Skandale überstanden, was ist da schon ein Parallelslalom? Der Präsi, sagen sie in der Szene, kriegt alles hin.

© SZ vom 25.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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