Ski alpin:Auf dem Höhepunkt der Slalom-Herrschaft

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Hat mit 22 Jahren (fast) alles gewonnen: Mikaela Shiffrin. (Foto: Eszra Shaw/AFP)
  • Mikaela Shiffrin kann in den kommenden Tagen zum ersten Mal in ihrer Karriere den Ski-alpin-Gesamtweltcup gewinnen.
  • Verfolgerin Ilka Štuhec kann den Vorsprung nach den Rennen in Squaw Valley kaum noch aufholen.
  • Die Slalom-Strecke beherrscht die 22-Jährige schon seit Jahren, trotzdem sagte sie: "Ich habe das Gefühl, dass ich gerade erst angefangen habe."

Von Johannes Knuth, Squaw Valley/München

Die Künstlerin hinterließ am Ende ein subtiles Zeugnis ihres Schaffens: Zwei feine Linien, die Mikaela Shiffrin mit ihren Skiern in die von der Frühlingssonne gewärmte Piste gemalt hatte. Sie hatte ihre Skier im unteren Teil vor jedem Schwung perfekt ausgerichtet, sauber auf die Kanten gestellt, so dass kaum Schnee aufspritzte, wenn sie sich um die Tore schob. Ihre letzten Schwünge des Tages flossen ineinander, ohne Pause, während Shiffrin die Slalomstangen zu Boden drückte, tock, tock, tock. Am Ende sah ihr Lauf so aus, wie ihre besten Läufe meistens aussehen: als würde sie tanzen.

Es war also ein recht beschwingtes Wochenende für die Amerikanerin, beim vorletzten Weltcup des Winters in Squaw Valley, Kalifornien. Shiffrin gewann am Freitag den Riesenslalom, am Samstag den Slalom, eine Sekunde vor der Tschechin Šárka Strachová. Dahinter reichte Marina Wallner (Inzell) als Siebte den besten Ertrag ihrer jungen Karriere ein; Christina Geiger wurde sogar Sechste. Für Shiffrin war es wiederum der vorläufige Höhepunkt einer Slalom-Herrschaft, die seit rund vier Jahren anhält. Sie hat drei WM-Titel geholt, Olympiagold, vier Gesamtsiege in der Slalom-Wertung; den jüngsten sicherte sie am Samstag. Dazu 31 Weltcup-Erfolge, 25 im Slalom. Weil Shiffrin mittlerweile erfolgreich in den Riesenslalom expandiert, wird sie in der kommenden Woche auch zum ersten Mal den Gesamtweltcup gewinnen. Verfolgerin Ilka Štuhec müsste beim Saisonfinale in Aspen 378 Punkte Rückstand tilgen, kaum zu machen in vier Rennen. Es war also ein gewinnbringendes Wochenende für Shiffrin, an diesem Montag hat sie noch Geburtstag. Mikaela Shiffrin aus Vail, Colorado, wird dann 22 Jahre alt.

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Das war das zweite, bemerkenswerte Zeugnis von Shiffrins Wochenende: Wie die 20 000 Anwesenden in Squaw Valley zwei Siege von ihrer Landsfrau erwarteten, was denn sonst - und wie Shiffrin die Erwartungen des Anhangs schulterte, als wären sie ein Leichtes, mal wieder. Im Riesenslalom parierte sie im zweiten Durchgang den Angriff der Italienerin Federica Brignone, sieben Hundertstelsekunden trennten Shiffrin am Ende vom Rest. Im Slalom war zunächst die Schweizerin Wendy Holdener besser, Shiffrin begann den zweiten Lauf mutig, ein-, zweimal verlor sie fast die Kontrolle. Aber halt nur fast. Sie hat sich über die Jahre derart viel Routine antrainiert, gefestigt in tausenden Übungsstunden, dass sie das Risiko immer mal wieder herausfordern kann, ohne dafür bezahlen zu müssen.

Bestzeit. Holdener klammerte sich tapfer an ihren Vorsprung, im Schlussteil entglitt ihr dann aber die Kontrolle, sie stürzte. Shiffrin reiste am Sonntag also mit der Gewissheit zum Saisonfinale, bald die größte Prämie ihres Sports entgegenzunehmen, für die Gesamtwertung, und ihre Vorfreude wurde höchstens dadurch gedimmt, dass manch Widersacherin über die Saison hinweg in den Krankenstand getreten war. Die Schweizerin Lara Gut etwa. "Ich hatte mich echt auf den Kampf mit Lara gefreut, das tut mir leid für sie", sagte Shiffrin. Immerhin könne sie die Rennen in Aspen nun "ein bisschen genießen". Genießen?

Allzu lange wird sich Shiffrin nicht mit derartigen Vergnügen aufhalten. Sie zieht noch immer mit großen Augen durch den Weltcup, staunt über den Rummel, manchmal gar über ihre Erfolge. Aber das bringt wohl auch ihr jahrelang praktiziertes Geschäftsmodell mit sich, immer die Leistung zu optimieren, jeden Tag noch ein bisschen besser werden zu müssen. Wenn man Shiffrin auf ihre teils gewaltigen Vorsprünge im Slalom anspricht, sagt sie: "Je häufiger ich gewinne, desto mehr fürchte ich mich davor, nicht mehr gewinnen zu können. So arbeite ich vielleicht immer etwas mehr." Und auch sonst, hat Shiffrin zuletzt bekräftigt, könne sie noch viel verbessern in ihrem Sport, in dem den Fahrern die Perfektion immer wieder entwischt. Weil der perfekte Schwung vom einen Tag am nächsten schon wieder der falsche sein kann. "Ich habe das Gefühl", hat Shiffrin kürzlich gesagt, "dass ich gerade erst angefangen habe."

© SZ vom 13.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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