Schalkes 4:3 gegen Lissabon:Di Matteo wird wahnsinnig

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So ist das auf Schalke: Roberto Di Matteo. (Foto: AFP)

Sogar um den Siegtreffer in der 93. Minute gibt es Debatten: Das späte 4:3 gegen Sporting Lissabon zeigt dem neuen Coach Roberto Di Matteo, was er bei Schalke alles verändern muss. Die Liste ist lang.

Von Andreas Morbach, Gelsenkirchen

Bei der dritten Nachfrage zu seinen Strafstoßschützen hatte Roberto Di Matteo endgültig genug. Wie ein Geschenk von sehr weit oben war der Elfmeterpfiff des russischen Schiedsrichters Sergej Karasew in der Nachspielzeit über sein Team gekommen, doch dann musste Schalkes Trainer mit ansehen, wie Eric Maxim Choupo-Moting und Klaas-Jan Huntelaar um die Ausführung stritten. Gab es von ihm, der personifizierten Struktur, denn keine klare Order für solche Fälle?

"Doch, wir haben zwei Schützen", sagte Di Matteo. Die Frage, ob der letztlich ausführende Choupo-Moting Schütze 1a oder 1b gewesen sei, sollte Klarheit bringen. Doch der neue Bank-Chef der Gelsenkirchener entzog sich der Antwort, indem er aufstand, dem Schalker Pressesprecher leicht die Hand auf die Schulter legte - und wortlos den Raum verließ.

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Zwei Elfmeter, ein Platzverweis und jede Menge Führungswechsel: Schalke 04 siegt in einem engen Spiel gegen Sporting Lissabon mit 4:3. Über spielerische Mängel täuscht das kaum hinweg.

Warum der 44-Jährige ein solches Geheimnis um die Sache machte, blieb offen. Entscheidend an der Szene in der 93. Minute war für den Italo-Schweizer jedenfalls zweierlei: Dass der zur Pause eingewechselte Choupo-Moting den unberechtigten Handelfmeter zum 4:3-Sieg der Schalker über Sporting Lissabon verwandelte - worüber Di Matteo "glücklich" war. Plus die Erkenntnis, dass nun auch die interne Hackordnung bei Strafstößen auf die Tagesordnung wandert.

Auf den einen Punkt mehr auf der langen Liste kommt es eh nicht mehr an, wird sich Di Matteo nach dem wackligen Sieg über Portugals Spitzenklub gedacht haben. Speziell die unerfreuliche Fähigkeit seiner Mannschaft, einen 3:1-Vorsprung gegen einen früh dezimierten Gegner zu verspielen, missfiel dem Mann, der den FC Chelsea vor zweieinhalb Jahren zum Champions-League-Sieg in München gegen die Bayern coachte.

"Wir müssen Dinge verbessern, gerade was Mentalität und Organisation angeht. Und das wird ein bisschen dauern", hat Di Matteo zum Einstieg auf Schalke erkannt. Es werden aufwändige Umerziehungsmaßnahmen, das zeigte das Duell mit Sporting anschaulich. "Zwischenzeitlich haben wir uns stümperhaft angestellt, die Spielkontrolle verloren und unglückliche lange Bälle ins Niemandsland gespielt", fasste Kapitän Benedikt Höwedes die Phase nach seinem eigenen Treffer zum 3:1 nach einer Stunde zusammen.

Das Durcheinander war auch Horst Heldt nicht entgangen. "Es hat mit Nachlässigkeit angefangen und mit Verunsicherung aufgehört", erklärte er das Schalker Durchhänger im letzten Drittel einer Partie, vor deren Aufarbeitung Roberto Di Matteo schon kurz nach Abpfiff graute. "Wenn man als Trainer so ein Spiel analysieren muss", sagte er, "wird man wahnsinnig."

Doch es war nicht alles schlecht bei den Schalkern, die sich als Gruppenzweiter hinter Chelsea nun ein kleines Punktepolster in der Champions League verschafft haben. "Wir haben teilweise sehr gut Fußball gespielt", erklärte Di Matteo.

Zudem stürmte gegen Lissabon ein Mann in den Mittelpunkt, der den Klub mit rund sechs Millionen Euro zwar eine Menge Geld kostete, seit seiner Ankunft aus Hoffenheim vor knapp drei Jahren bislang aber kaum in Erscheinung trat: Chinedu Obasi, über den der neue Coach am Dienstagabend sagte: "Er hat sich in die Mannschaft trainiert." Und: "Er war an den ersten drei Toren beteiligt."

Die Hauptrolle beim entscheidenden vierten Tor fiel jedoch dem russischen Assistenten an der Torauslinie zu. Hauptreferee Karasew wollte weiterspielen lassen, beugte sich aber der schrägen Interpretation des Kollegen.

Im März 2012, als die Schalker bei einem krassen Fehlurteil des Schiedsrichtergespanns in Enschede die Leidtragenden waren, hatte Horst Heldt die Unparteiischen noch als "Pappnasen" beschimpft. Jetzt witzelte er: "Ich habe mich das eine oder andere Mal kritisch über die Auslegung mit dem da an der Torauslinie geäußert. Diesmal muss ich sagen: Super Idee von Platini. Da greift das System."

Mit diesem Scherz wollte sich der Manager aber nicht verabschieden. Stattdessen richtete er den um einen Punkt beraubten Portugiesen noch aus: "Ich kann ihren Ärger verstehen. Als Betroffener hätte ich die Fassung verloren."

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