Rodeln bei Olympia:Doppelt so schwer, doppelt so gut

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Tobias Wendl (links) udn Tobias Arlt haben doppelt Grund zur Freude - sie feiern ihren zweiten Goldgewinn im Doppelsitzer. (Foto: AP)
  • In einem spannenden Rodel-Finale verteidigen die Doppelsitzer Tobias Wendl und Tobias Arlt ihren Olympiatitel aus Sotschi.
  • Ihre Teamkollegen Eggert/Beneken galten als Favoriten, werden aber Dritte.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen der Winterspiele.

Von Volker Kreisl, Pyeongchang

Am Tag zuvor war es nochmal kritisch geworden für die Rennrodler Tobias Wendl und Tobias Arlt. In Kurve 13 waren die Doppelsitzer im Training vom Schlitten gekippt bei Tempo 130 km/h, und schuld war die Sonne. Wegen der hatten die Bahnarbeiter ein Segel aufgezogen, das dem Favoritenduo etwas die Sicht nahm. Wendl und Arlt suchten also eine neue Fahrlinie, auf der stürzten sie dann. Es blieb eine Randnotiz, am nächsten Morgen schneite es.

Das Thema Sonnensegel war am Finaltag der Doppelsitzer also vom Tisch, die beiden Berchtesgadener wurden den Erwartungen gerecht, die am Ende einer schweren Saison doch wieder an sie gestellt wurden. Nämlich bei Olympia nervenstark und fit zu sein - und Gold zu holen. Wendl und Arlt, dieses seit 17 Jahren bestehende, längst in seinem Sport zusammengewachsene Gespann, schafften das. In der Geschichte der Doppelsitzer sind sie erst das dritte Duo, das einen Olympiasieg direkt wiederholt.

Für den Bob- und Schlittenverband Deutschland (BSD) war es ein weiterer erfreulicher Abend an der Bahn von Pyeongchang nach Gold und Silber durch Natalie Geisenberger und Dajana Eitberger am Tag zuvor. Wieder fand ein weiterer Rodel des Verbands auf das Podium, diesmal der von Toni Eggert und Sascha Benecken auf Platz drei. Allen Doppelsitzern dürften die Fahrten dieses Mittwochs als gerechte Ernte nach Jahren voller Arbeit vorkommen, und da sind Peter Penz und Georg Fischler aus Hall in Tirol mit eingeschlossen, die für Österreich die Silbermedaille gewannen.

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Doppelrodeln ist noch mal etwas anderes, als die Kunst des Einsitzerfahrens. Im Doppel müssen zwei Köpfe unter einen Hut gebracht werden. Es müssen vier Beine lenken, und zwar möglichst nicht gegeneinander, denn jeder hat seine Waden an den Holmen. Und zwei kreative Geister müssen sich immer wieder einig werden, über neue Ideen im ständigen Wettbewerb um Zehntelsekunden. In gewisser Hinsicht ist Doppelsitzen also doppelt so schwer, und dennoch bekommt diese Abteilung weniger Beachtung in den Medien.

Wendls und Arlts höhere Laufbahn begann mit einem Sturz, zu Beginn ihrer Karriere crashten sie bei einem Weltcup in Cesana (Italien) und brauchten viele Wochen, um sich wieder aufzurichten und die nächsten Ziele anzusteuern. Sie wurden allmählich sicherer, holten 2014 Gold in Sotschi, dazu den Team-Titel, fuhren auch in Weltcup und bei Weltmeisterschaften allen davon, ob die Sonne blendete oder nicht. Acht Titel waren es insgesamt, nur mit dem neunten klappte es nicht. Im vergangenen Jahr wurden sie bei der WM in Innsbruck geschlagen, sie befanden sich in einem Tief. Auch deshalb, weil sie aus dem eigenen Team unter Druck gesetzt wurden.

Längst hatte sich am Stützpunkt in Oberhof ein zweites Doppel formiert. Der junge Einzelrodler Sascha Benecken hatte wegen seiner schmaleren Statur (75 Kilogramm bei 1,80 Meter) in der Weltklasse keine Chance mehr, dem Doppelrodler Toni Eggert wiederum fehlte gerade ein Hintermann. Das passte ideal, das Problem, erzählt Benecken, war nur: "Wir fühlten uns beide als Chef." Es dauert Jahre, bis daraus blinde Verständigung erwuchs, doch seit zwei Wintern haben Eggert und Benecken im Weltcup die Konkurrenz vom Königssee überholt und die Gesamtwertung gewonnen.

Dass es in Pyeongchang nicht reichte, lag daran, dass Wendl und Arlt angriffslustiger sind, längst weniger Respekt vor dem großen Wort Olympia haben und gerne auch mal so etwas wie das Sonnensegel-Experiment riskieren. Umgekehrt zählen Eggert und Benecken eher zu den vernunftgesteuerten Rodlern, die an ihre Sponsoren denken und denen eine sichere Bronzemedaille lieber ist als eine verlorene goldene: "Wir haben von vorneherein den Schlitten defensiver eingestellt", erzählte Benecken. Zu riskant war ihnen diese Bahn mit der Kurve neun, an der am Sonntag ja auch der zweimalige Olympiasieger Felix Loch gescheitert ist.

Umso ausgelassener feierten deshalb die Tiroler Penz/Fischler ihre Silbermedaille, denn wenn jemand weiß, wie schnell ein Sturz möglich ist, welche Tücken der Doppelrodel bereithält, dann die beiden. Bei den Winterspielen in Sotschi waren sie weit oben schon angeeckt und fast vom Schlitten gefallen. Nur noch halb lagen sie darauf und schlingerten in instabiler Position führungslos bergab, jederzeit in Sturzgefahr. Danach mussten sie mental fast von vorne beginnen, sich das Selbstvertrauen neu erarbeiten, es dauert lange, aber am Mittwoch in Pyeongchang präsentierten sie zwei einwandfreie Läufe.

Die Erntegeschichten der drei Paare klingen automatisch nach Höhepunkt und nach Abschied von der Karriere, aber das Gegenteil ist der Fall. Peking 2022 ist das Ziel von Wendl/Arlt, Penz/Fischler und Eggert/Benecken. Sie haben gerade erst Fahrt aufgenommen.

© SZ vom 15.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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