Radsport:Absurdes um Armstrong

Lesezeit: 1 min

Dem Rennstall von Lance Armstrong, Astana, droht wegen schlechter Zahlungsmoral das Aus für die Tour de France. Armstrong plant schon einen Ausweg.

Thomas Kistner

Ob es so kommt bei der Tour de France, dass just ER am Straßenrand rumlungern muss: Lance Armstrong, Gottvater aller Berufsradsportler? Eher nicht, die Wette sei riskiert. Denn das absurde Schauspiel um Armstrongs Rennstall Astana, dem wegen chronisch schlechter Zahlungsmoral der Lizenzentzug und damit das Aus für die Tour droht, hat mit allem Möglichen zu tun, bloß nicht mit der Frage, die debattiert wird: Sind Kasachstans Staatskonzerne so pleite, dass sie das Geld für ihr Team nicht aufbringen können?

Lance Armstrong will bei der Tour de France dabei sein. (Foto: Foto: AP)

So kaputt ist sie nicht, die Rohstoffautokratie. Auch haben Marketingfragen nie eine Rolle gespielt bei der Unternehmung Astana, denn dass es kein interessiertes Heimpublikum gibt für den Radsport, der aus dem Nichts der zentralasiatischen Steppe erblühen sollte, war den Initiatoren stets klar. Als solche grüßen: Diverse Funktionäre, die offenbar unter Regie des ewigen Radsport-Paten Hein Verbruggen ihrem flächig verseuchten Pharmasport eine Regeneration im Wilden Osten verschaffen wollen, sowie die üblichen Drahtzieher auf Seiten des Staates: Kasachstans Verteidigungsminister Achmatow ist zugleich Radverbandschef des Landes (so, wie im russischen Bruder-Radrennstall Katjusha der moldawische Sportminister Tschmil das Zepter führt).

Der Teil der Rechnung, der für Team Astana in der Tat nicht aufging, ist die rechtzeitige Rückkehr des kasachischen Volkshelden Alexander Winokurow nach zweijähriger Dopingsperre zum Tour-Start. Der Weltverband UCI hat dies vereitelt, der Bann dauert bis Tour-Ende. Kasachstan kann sich also nur mit fremden Federn schmücken beim größten Radspektakel, mit Armstrong, Contador, Klöden. Wohl kein verlockender Gedanke mehr in zentralasiatischen Regierungskreisen.

Was passieren wird, wenn die Kasachen aussteigen? Teamchef Bruyneel, Armstrongs Intimus, ringt hinter den Kulissen längst um die Astana-Lizenz; 15 Millionen Dollar rechnet Armstrong für die Gründung des eigenen Teams hoch. Und sollte es auf seine Krebsstiftung Livestrong lauten, sind die Paten rund um den Gottvater noch einmal tüchtig gefordert.

Bei dem Etikett wären Dopingfälle strikt zu vermeiden. Aber man muss ja nicht immer ans Nächstliegende denken. Und Sportfreund Lance, Radlgefährte von Staats- und Verbandschefs, hat ja schon manchen Epo-Befund weggesteckt, der wissenschaftlich eindeutig war, nicht aber nach den Paragrafen des Sports.

© SZ vom 18.06.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: