Premier League:FC Liverpool ist wieder da

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Jubel in Anfield: Jürgen Klopp, hier mit Jordan Henderson. (Foto: Getty Images)
  • Nach dem schlechtesten Jahresauftakt seit 20 Jahren gewinnt Liverpool wieder ein Spiel.
  • Das Team von Jürgen Klopp tut sich gegen Topteams wie Tottenham einfach leichter. Liverpool siegt mit 2:0.
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Von Sven Haist, Liverpool

Am Abend der Versöhnung ließ es sich Jürgen Klopp nicht nehmen, als Letzter das Spielfeld zu verlassen. Jeder seiner Spieler bekam eine Umarmung. Auch bei den Fans bedankte er sich für die Unterstützung: Klopp klatschte ihnen Beifall und wuchtete mehrmals die rechte Faust in die Luft. Das sollte heißen: Der FC Liverpool ist wieder da!

Diese Botschaft war notwendig geworden, weil das 2:0 gegen die Tottenham Hotspur gerade mal der erste Premier-League-Erfolg ist für Liverpool in diesem Jahr. Gedauert hat das 42 Tage, ein Zeitraum, in dem die Reds von Rang zwei auf Rang sechs in der Tabelle abrutschten. Das lag besonders an den Punktverlusten in den Duellen mit den Teams aus der unteren Hälfte des Klassements, die sich meist aufs Verteidigen beschränkten. "Wir mussten eine Reaktion zeigen und die war sehr gut. In der ersten Halbzeit war es eine überragende Leistung von uns in der Offensive", sagte Klopp. Die Bilanz gegen die Topklubs aus London und Manchester andererseits kann sich ja durchaus sehen lassen: in 16 Partien zuletzt gab es nur eine Niederlage. Ein Grund, warum zumindest der Anschluss an die Qualifikationsplätze zur Champions League wiederhergestellt ist.

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Mané bekommt stehende Ovationen

Vor der Partie verlangte Klopp von seinen Spielern eine Leistung, die Anfield lächeln lässt - und genau die gelang ihnen. Liverpools stürmischem Fußball waren die Spurs an diesem Samstag nicht gewachsen. Das zeichnete sich schon früh ab: Innerhalb von zwei Minuten jagte das Klopp-Team Victor Wanyama und Eric Dier im Mittelfeld den Ball ab. Ehe die Mitspieler zu Hilfe eilen konnten, schoss Sadio Mané jeweils den Ball ins Netz (16./18.). Die zwei Treffer machten deutlich, wie schmerzlich Liverpool den Senegalesen vermisst hatte, als der mit der Nationalmannschaft beim Afrika-Cup weilte. Sein erster Heimauftritt nach der Rückkehr geriet zu einer Gala. Mit stehenden Ovationen wurde Mané vom Liverpooler Publikum bei seiner Auswechslung verabschiedet.

Das Tor zum 1:0 nahm Klopp gefasst zur Kenntnis, beim zweiten Treffer zündete der deutsche Coach dann sein gesamtes Jubelrepertoire - als müsste er etwas aufholen. Zuletzt gab es ja auch nicht viel zu jubeln. Liverpool hatte in den vergangenen fünf Partien in der ersten Halbzeit jeweils überhaupt nicht getroffen, was mitunter zum schlechtesten Jahresauftakt seit 1993 führte. Lediglich zu einem 1:0 im FA-Cup beim Drittligisten Plymouth reichte es, um gleich in der darauf folgenden Runde auszuscheiden.

Vorbei sind für Liverpool ebenso die Meisterträume, weil der FC Chelsea an der Tabellenspitze enteilt ist. "Das einzige, was wir gerade gewinnen können, sind Fußballspiele", sagte Klopp: "Was würdet ihr denn von mir denken, wenn ich sage, dass wir Chelsea noch einholen können? Sehr ambitioniert oder verrückt?" Da war sie wieder, die Leichtigkeit in den Ausführungen von Klopp, der kürzlich noch allzu beschäftigt damit war, die aufkommende Kritik von seinen Spielern fernzuhalten. Auf der Titelseite des Stadionhefts druckte der Verein ein gezeichnetes Konterfei von Klopp ab. Die Winterjacke bis unter die Ohren hoch gezogen und die Lippen aufeinander, wirkte sein Blick nachdenklich.

Nach wie vor fehlt Liverpool eine Alternative im Spiel nach vorne, wenn sich keine Gelegenheit zur Tempoaufnahme nach einem Ballverlust des Gegners ergibt. Das unterscheidet die Reds von den Branchenführern aus London und Manchester, die immer auf eine Einzelleistung ihrer besten Spieler zurückgreifen können. Einen Diego Costa, Alexis Sanchez, Sergio Agüero oder Zlatan Ibrahimovic gibt es an der Mersey nicht. Siege müssen sich über das Kollektiv verdient werden.

Umso hilfreicher war es, dass Tottenham auf eine Fünferreihe in der Abwehr verzichtete, was Liverpool kaum Lücken geboten hätte, um die Schnelligkeit und Technik des eigenen Angriffs einzusetzen. So konnten der Doppeltorschütze Mane, Philippe Coutinho und Roberto Firmino mit ihren Läufen in die Schnittstellen der Viererkette ihr Unwesen treiben. Der beste Angriff der Premier League war besser als die vor dem Spieltag beste Verteidigung. "Ein verdienter Sieg für Liverpool", konstatierte Tottenhams Trainer Mauricio Pochettino: "Es ist schwer zu verstehen, warum uns anfangs die Aggressivität gefehlt hat. Ich bin enttäuscht über unsere Leistung." Schnell zog sich Pochettino während des Spiels zurück auf seine Trainerbank, die Coaching Zone überließ er seinem Liverpooler Pendant.

Am einseitigen Spielverlauf hatten auch die Zuschauer an der Anfield Road ihren Anteil. Die emotional aufgeladene Atmosphäre schüchterte Tottenham ein. Die Reds spürten das und attackierten jedes Zuspiel der jungen Spurs. Alle fünf Auswärtspartien haben sie nun gegen die direkte Konkurrenz an der Tabellenspitze verloren.

Die Auswirkungen dieses Verfolgerduells bleiben erstmal stehen für die nächsten zwei Wochen. Die Premier League legt eine Pause ein, Pokalspiele finden statt auf der Insel. Umso bedeutender war es für Liverpool, dass das Grübeln noch rechtzeitig ein Ende nahm - und Jürgen Klopp wieder die Faust in die Höhe reckt.

© SZ vom 12.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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