Olympia:Ludwig und Walkenhorst lassen Gegner wie Amateure aussehen

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Laura Ludwig (links) und Kira Walkenhorst haben als erste Europäerinnen eine olympische Medaille im Beachvolleyball gewonnen. Und dann gleich die goldene. (Foto: dpa)

So professionell hat sich noch kein Beachvolleyball-Duo vorbereitet - das windumtoste Gold für Laura Ludwig und Kira Walkenhorst ist das Ergebnis einer Ich-AG, die sich auch finanziell lohnt.

Kommentar von Sebastian Winter

Am Ende lagen sie sich fassungslos in den Armen und weinten im Sand der Copacabana. Laura Ludwig und Kira Walkenhorst hatten die Brasilianerinnen Barbara und Agatha vor 12 000 schockierten Zuschauern im Stadion beim windumtosten 2:0-Finalsieg der Beachvolleyballerinnen wie Amateure aussehen lassen. "Adrenalin bis zum Kopf", sagte ZDF-Kommentator Reckermann in Rio.

Ludwig und Walkenhorst dürfen glücklich sein. Denn bislang hatten seit dem olympischen Debüt 1996 immer Brasilianerinnen und US-Amerikanerinnen Beachvolleyball dominiert. Die Wahlhamburgerinnen Ludwig und Walkenhorst waren die ersten Europäerinnen in einem olympischen Halbfinale. Nach Julius Brink und Jonas Reckermann 2012 in London haben nun auch die deutschen Frauen Beachvolleyball-Gold gewonnen.

Sie sind in dieser Saison mit fünf Turniersiegen an die Spitze der Weltrangliste aufgestiegen, in einem Sport, der sich längst auch finanziell für die Besten lohnt. Bei der World Tour werden insgesamt neun Millionen Dollar Preisgeld verteilt, allein beim World-Tour-Finale im vergangenen Oktober in Florida gewannen Ludwig und Walkenhorst 60 000 Dollar.

Der Erfolg beruht auf individueller Rundum-Betreuung

Anders als Athleten aus vielen anderen olympischen Sportarten reisen Beachvolleyball-Duos als kleine Ich-AGs durch die Welt. Sie werden zwar vom Verband (leidlich) gefördert, aber nicht in den starren Strukturen geknebelt. So basiert der Erfolg des fröhlichen Duos, das eher ein professionelles Verhältnis pflegt (aber ein weitaus freundschaftlicheres als einst die kauzigen Schweizer Brüder Laciga/Laciga, die auf und neben dem Feld kein Wort miteinander sprachen), auf individueller Rundum-Betreuung.

Sie übernahmen die Trainer und Scouts von Brink und Reckermann, verbesserten ihre Technik, engagierten Physiotherapeuten und Mentalcoaches. Ludwig stellte außerdem ihre Ernährung um zu rein laktose- und fast glutenfreier Kost. So professionell hat sich bislang kein deutsches Frauen-Duo auf Olympia vorbereitet. Ludwig bewies zudem Mut, als sie nach dem Rücktritt ihrer langjährigen Partnerin Sara Goller, mit der sie zweimal Europameisterin wurde, aber bei Olympia scheiterte, vor vier Jahren die junge, weitgehend unbekannte Walkenhorst als neue Partnerin auserkor.

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Walkenhorst hat sich mit ihren monströsen Blocks - im Finale gegen Barbara und Agatha waren es sieben - zur perfekten Ergänzung für die derzeit weltbeste Abwehrspielerin entwickelt. Beide haben zudem, auch das ist Teil ihres Erfolges, schwere Zeiten überstanden: Walkenhorst erkrankte 2014 am Epstein-Barr-Virus, Ludwig überstand 2004 als 18-Jährige einen Schlaganfall, dessen Ursache unklar blieb. Nun haben sie sich selbst zu Queens of the Beach gemacht. Ausgerechnet in Rio, wo Gold für Brasilien quasi gesetzt war.

Nach dem Gold von Brink und Reckermann versandete die Euphorie schnell

Die Frage ist, ob ihr Olympiasieg dem deutschen Beachvolleyball einen größeren Schub gibt als Gold von Brink/Reckermann vor vier Jahren in London. Gut, Sky überträgt seither Spiele der deutschen Serie, aber ansonsten versandete die Euphorie damals schnell. Bei den Frauen fehlt es an Qualität in der Breite, bei den Männern nicht, dafür halten dort die Besten mittlerweile höflich Distanz zur Weltspitze.

Nachfolger für Brink und Reckermann? Nicht in Sicht. Es ist jetzt Aufgabe der Funktionäre, das Gold von Laura Ludwig und Kira Walkenhorst in tragfähige Konzepte für Tokio 2020 zu gießen.

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