Olympia:Kerber und Siegemund: Bombig in der Warteschleife

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"Ich genieße das jetzt einfach": Laura Siegemund steht im Viertelfinale bei Olympia. (Foto: Kevin Lamarque/Reuters)

Die deutschen Tennisfrauen spielen mit einem Tag Verspätung um den Einzug ins Halbfinale. Vor allem Laura Siegemund steht für die Wohlfühlgeschichte der DTB-Spielerinnen.

Von Jürgen Schmieder

Ist Mutter ein Beruf? Nein, keine Sorge, mit dieser Frage soll nun keine gesellschaftliche Debatte eingeleitet, sondern vielmehr ein Streit unter den deutschen Tennisfrauen gelöst werden. Weil die Partien bei den Olympischen Spielen in Rio immer wieder verschoben wurden, vertrieben sich die noch im Turnier verbliebenen Laura Siegemund und Angelique Kerber, die bereits ausgeschiedenen Andrea Petkovic und Anna-Lena Grönefeld und Bundestrainerin Barbara Rittner die Zeit mit dem Spiel Stadt, Land, Fluss. Irgendwann schrieb Rittner bei Twitter: "Beruf? Mutter..." - dahinter setzte sie ein Äffchen, das sich die Augen zuhielt.

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Es regnete in Rio, die Partien wurden verschoben und verschoben - irgendwann am späten Nachmittag wurden sie dann abgesagt und für Donnerstagnachmittag (MESZ) neu angesetzt (Siegemund soll nun laut Plan um 17.30 Uhr ran, Kerber um 19 Uhr, beides im Liveticker auf SZ.de). Die an Rang zwei gesetzte und nach dem Scheitern von Serena Williams zur Favoritin ausgerufene Kerber spielt gegen Johanna Konta (Großbritannien), Siegemund gegen Monica Puig (Puerto Rico), beiden wird ein Sieg zugetraut. Zwei deutsche Spielerinnen in einem Olympia-Halbfinale, das hat es bislang noch nicht gegeben.

Kerber und Siegemund könnten frühestens im Finale aufeinandertreffen

"Viertelfinale, das hört sich schon bombig und genial an. Alles, was jetzt noch kommt, ist ein Sahnehäubchen", sagte Siegemund - und fügte sogleich an: "Was nicht heißt, dass ich keine Sahnehäubchen mag." Siegemund, 28, ist bislang die Wohlfühlgeschichte der deutschen Tennisfrauen: Nach Siegen gegen Tsvatana Pironkova, Shuai Zhang und Kirsten Flipkens und dem Scheitern zahlreicher Favoritinnen wie Williams, Gabrine Muguruza und Agnieszka Radwańska wird ihr nun eine Medaille zugetraut.

"Es wäre eine Sackgasse, daran zu denken", sagt Siegemund: "Wenn mir vor einiger Zeit jemand gesagt hätte, dass ich hier in Rio überhaupt dabei bin, hätte ich es ihm nicht abgenommen. Ich genieße das jetzt einfach."

Die Geschichte von Siegemunds Karriere ist unter Tennisfans freilich bekannt: als Teenager gefeiert als mögliche Nachfolgerin von Steffi Graf. Zu viel Druck, zu wenige Siege. Karriereende vor vier Jahren. Studium der Psychologie mit der Bachelorarbeit zum Thema: "Versagen unter Druck" (Note: 1,3). Trainerschein. Rückkehr auf die Profitour. Erste Teilnahme im Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers in Wimbledon im vergangenen Jahr. "Mittlerweile habe ich gelernt, mit Druck umzugehen", sagt sie: "Durch die Auszeit habe ich neue Perspektiven bekommen. Ich betrachte mich mittlerweile selbst auf dem Platz und denke mir: Da wollte ich doch immer hin."

Siegemund ist nun da, wo sie immer hinwollte - und mittlerweile ist sie immer länger dort. Beim Turnier in Stuttgart im April besiegte sie innerhalb von drei Tagen drei Top-Ten-Spielerinnen und verlor erst im Finale gegen Angelique Kerber, zwei Monate später gewann sie in Bastad zum ersten Mal in ihrer Karriere ein WTA-Turnier. Sie hat durchaus bemerkt, dass sie gut drauf ist, sie agiert auch in Rio aggressiv und setzt ihre Gegnerinnen möglichst schnell unter Druck: "Ich versuche immer, alles flott zu machen. So bin ich eben."

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Überraschend scheitert die Nummer eins der Tennis-Weltrangliste im Achtelfinale. Viel besser läuft es für die deutschen Tennisfrauen.

Nach ihrem Sieg im Achtelfinale übrigens stand Siegemund in der Mixed Zone der Tennisanlage in Rio und bemerkte, dass einer der Helfer eine schöne Umhängetasche mit dem Olympia-Logo trug. Sie überredete ihn zu einem Tausch. Ein Journalist bemerkte, dass die Farbe der Tasche (Bronze) doch ein gutes Omen für die kommenden Tage sein könnte - die Antwort von Siegemund: "Könnte auch Gold sein." Die beiden deutschen Spielerinnen könnten erst im Finale aufeinander treffen, doch freilich müssen nun erst einmal - Sonnenschein in Rio vorausgesetzt - die Viertelfinalpartien absolviert werden.

Um die Wartezeit auf die beiden Spiele zu verkürzen, hier noch zwei Fragen, über die die deutschen Tennisfrauen debattiert haben und die jeder für sich selbst beantworten muss. Stadt, Land, Fluss - es braucht Antworten zum Buchstaben "E". Ist Erntehelfer ein Beruf? Und über "W" schrieb Andrea Petkovic bei Twitter: "Wunderheiler zählt, find ich."

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