Olympia:Gegner verzweifeln an Michael Phelps

Lesezeit: 3 min

Konkurrenten und Zimmerkollegen: Ryan Lochte, r., und Michael Phelps (Foto: AFP)

Der große Konkurrent Ryan Lochte scheitert bei dem Versuch, den Überschwimmer zu besiegen. Sogar seine Haare verfärben sich im Wasser.

Von Saskia Aleythe, Rio de Janeiro

Michael Phelps litt. Er setzte sich nicht auf die Leine wie bei seinem letzten Olympiasieg vor ein paar Tagen, er versuchte erstmal nur, nicht unterzugehen. Dann ließ er sich rücklings mit den Füßen voran zu den Stufen treiben, und dass er sich tatsächlich noch aus dem Wasser hieven konnte, hätte man ihm fast nicht mehr zugetraut. Er hatte Gold über 200 Meter Lagen gewonnen, aber Michael Phelps war fertig. Richtig kaputt.

Die Beine trugen ihn kaum noch, den erfolgreichsten Olympioniken überhaupt, "my body is in pain", sagte er später, ja es tat weh. Dieses Rennen am Donnerstagabend in Rio de Janeiro war ein besonderes in diesen Tagen: Gegen Ryan Lochte, seinen Dauerrivalen über all die Jahre Leistungssport schwamm er nun zum letzten Mal. Gold für Phelps, mal wieder, doch der große Zweikampf war es nicht mehr: Ryan Lochte schwamm nur auf Rang fünf, für Kosuke Hagino aus Japan und Whang Shun aus China gab es Silber und Bronze.

Der abgekämpfte Lochte war spürbar enttäuscht. Mit seinen blauen Haaren stand er unten im Bauch des Aquatics Stadion und sah ein bisschen aus wie ein trauriger Besucher einer Technoparade. Wobei nicht so ganz klar war, ob das nun blau oder grün ist auf seinem Kopf, auf jeden Fall hatten seine Haare eine Farbe angenommen, die sie vor seinem ersten Sprung ins olympische Becken noch nicht besaßen. Mit platinblonden bis eisgrauen Haaren war er nach Rio gekommen, er selbst nannte das "light-blue-greyish", frisch zugelegt für die Spiele. Friseure und andere Haarfarbspezialisten wissen natürlich, was das bei blondierten Haaren bedeutet: Im Chlor gibt's eine böse Überraschung.

So tauchte Lochte nach seinem Einsatz in der 4x200-Meter-Staffel mit verfärbtem Haupt auf den Siegerfotos auf. Doch der Mann, der sich einst beim Breakdance den Meniskus riss, der sich auch mal den Knöchel verstauchte als er seinem Hund hinterherlief oder beim Griff nach dem Handy an der Leiste verletzte, der kann Häme schon ab. Aber diese Niederlage schmerzte ihn, er litt wie Phelps. Nur viel, viel länger.

"Ich habe mich am Anfang gut gefühlt und mitgehalten", sagte Lochte, aber dann sei es eben immer härter geworden und so traf ihn das, was Schwimmern droht: Er brach ein. Die Kraft verließ ihn, die anderen zogen vorbei. Ob er überrascht sei, dass Michael Phelps noch immer so stark sei, auch nach seinem Comeback? "Bei Michael wundert mich nichts mehr", sagte Lochte, er erkannte die Niederlage schnell an. "Alles, was er im Schwimmen geschafft hat, hat er verdient. Ich weiß, dass er unglaublich hart arbeitet."

Seit zwölf Jahren schon schwimmt er gegen Michael Phelps, was ungefähr so aussichtsreich ist wie gegen Usain Bolt auf die Tartanbahn zu gehen. Nur einmal konnte Lochte seinen Teamkollegen bei einem großen Event schlagen: 2011 bei der WM in Shanghai, zwei Jahre zuvor hatte er Phelps' Weltrekord geknackt, Lochtes Bestmarke hat bis heute Bestand. In seinem Sport wäre Lochte heute der Größte, mit zwölf Medaillen, davon sechs goldenen - gäbe es nicht diesen Phelps, mit dem er in Rio sogar ein Appartement teilt. Der hat nun 26 Medaillen, davon 22 goldene.

Phelps steigt nochmal ins Wasser

"Meine Karriere wäre definitiv eine andere ohne ihn", sagte Lochte noch, er weiß, dass er ohne den Dauerkonkurrenten aus Baltimore der Phelps seines Sports wäre. Gleichzeitig liebt er die Wettkämpfe gegen ihn, "deshalb schwimme ich die Rennen, um mich mit ihm zu messen". Auch Michael Phelps sagt: "Wir treiben uns gegenseitig an." Und als er um 1.00 Uhr Nachts mal wieder auf der Pressekonferenz der Sieger saß, sagte er: "Ryan ist wie ein großer Bruder für mich." Dabei ist der ja gerade mal ein Jahr älter.

Eigentlich war Phelps vor vier Jahren zurückgetreten. Doch seine Gegner werden ihn einfach nicht los. Selbst als Michael Phelps im vergangenen Jahr die WM verpasste, weil er wegen Alkohol am Steuer vom Verband gesperrt worden war, schwamm er schneller als der Weltmeister. Der Ungar Lazlo Cseh schnappte sich Gold über 200 Meter Schmetterling, zeitgleich knackte Phelps bei den US-Meisterschaften in San Antonio in 1:52,94 Minuten seine Zeit. Er ist präsent, wenn er gar nicht da ist. Es wäre kein Wunder, wenn er sich nach seiner Karriere noch mit Bestzeit aus dem Pool im eigenen Garten melden würde.

Er ist einer, der Unglaubliches tut und so kam es am Donnerstagabend, dass Phelps tatsächlich noch einmal auf den Startblock stieg. Dieser 31-Jährige plumpste danach nicht einfach entkräftet ins Wasser, er wurde insgesamt Fünfter und steht nun im Finale über 100 Meter Schmetterling. Ryan Lochte war zu diesem Zeitpunkt schon längst beim Ausschwimmen. Nach seinem Rennen hatte er Phelps aber noch eine Nachricht aufs Smartphone geschickt, verriet der Sieger weiter. "Da wären mir fast die Tränen gekommen." Die Botschaft verriet er nicht.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Olympia
:"Dann können wir den Sack zumachen!"

Vor vier Jahren in London blieben die deutschen Schwimmer erstmals ohne Medaille - jetzt sind sie sogar noch schwächer. Der Bundestrainer holt zum Rundumschlag aus.

Von René Hofmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: