Das olympische Feuer ist erloschen, wie es entzündet worden war: Problemlos, eingebettet in eine farbenfrohe, laute, ausgelassene Party. Die Spiele in London sind zu Ende, die olympische Bewegung nimmt Abschied. Nächste Stopps: Sotschi 2014 und Rio de Janeiro 2016. In Russland fanden noch nie Winterspiele statt, in Brasilien werden die Ringe erstmals zu Gast sein. Die Reise führt auf neue Märkte, aus Großbritannien nehmen die Olympia-Organisatoren dafür einige beruhigende Erkenntnisse mit.
Olympische Spiele 2012:Londons unvergessliche Momente
Wasserspringerin Wu Minxia erfährt nach der Siegerehrung, dass ihre Großeltern gestorben sind - bereits vor einem Jahr. Manteo Mitchell beendet die 400 Meter trotz Wadenbeinbruch und der lockere Usain Bolt wird für einen Augenblick ernst. Bei den Olympischen Spielen hat es beeindruckende Siege gegeben, aber auch unvergessliche Momente.
Ihre Show kommt immer noch an. Auf die Tickets gab es einen fast furchterregenden Ansturm. Die TV-Quoten, aber auch die Zahl der Zugriffe auf jegliche Form von Internetangeboten waren gut. Auch den Sprung in die sozialen Netzwerke hat Olympia geschafft. Das sportliche Gegeneinander von Athleten aus aller Welt findet weiter generationenübergreifend Interesse. Die Befürchtungen, mit 302 Wettbewerben in 26 Sportarten sei die Veranstaltung zu groß, um sie in einer Großstadt eines Landes mit einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung auszurichten, bewahrheiteten sich nicht.
London kollabierte nicht unter der zusätzlichen Verkehrslast, die die Olympia-Gäste brachten. Das Sportfest wurde zwar mit 9,3 Milliarden Pfund von den britischen Steuerzahlern angeschoben, aber es wird auch einiges hinterlassen. Im Osten der Hauptstadt ist ein neuer Stadtteil entstanden, den - wenn die zahlreichen temporären Arenen abgebaut sind - ein hübscher Park schmückt. Von jedem Pfund sollen 75 Pence als Investition bleiben. Kommt das wirklich so, kann sich das durchaus sehen lassen.
Weg dagegen ist das viele Geld, das für die Sicherheit ausgegeben wurde. Einlass-Scanner, Panzersperren, Boden-Luft-Raketen, Eurofighter in Alarmbereitschaft: Die gewählten Mittel waren martialisch. Ob das so sein musste, ist schwer zu beurteilen. Eine offensichtliche akute Bedrohung gab es nicht. Was sich aber feststellen lässt: Das schwere Geschütz drückte nicht auf die Stimmung. Nach ein paar Anlaufschwierigkeiten füllten und leerten sich die Stadien zügig. So selbstverständlich wie früher mit den unbewaffneten Bobbys posierten die Touristen mit deren Nachfolgern, die Maschinenpistolen trugen. Und auch der elektrisch gesicherte, hohe Zaun rund ums Olympiagelände fiel kaum noch auf, als dort die Hauptakteure einzogen. Selbst angesichts der Bedrohung durch internationalen, hochgerüsteten Terror lassen sich also weiter stimmungsvolle Spiele abhalten.
Aus sportlicher Sicht stellte London ebenfalls eine Wegmarke dar. Nicht wegen des Triples von Sprinter Usain Bolt, nicht wegen der Rekordzahl von 22 Olympia-Medaillen, die Schwimmer Michael Phelps erreichte, sondern weil erstmals alle Länder Frauen in ihren Teams hatten und diese auch überall hätten mitmachen dürfen. Als letzte Sportart öffnete sich das Boxen den Frauen. Bis die Geschlechter wirklich gleichgestellt sind, wird es dauern. Aber immerhin: Ein wichtiger Schritt ist geschafft.
Wenig Neues dagegen gibt es beim Kampf gegen den Betrug. Auffallend viele Kampfrichter-Entscheidungen weckten böse Gedanken. Dass 5000 Doping-Tests während der Spiele nur neun Betrüger enttarnten, macht nicht gerade Mut; auch wenn darunter in Kugelstoßerin Nadeschda Ostaptschuk aus Weißrussland am Ende doch eine Olympiasiegerin war. Das zeigt, wie gering der Ertrag im Anti-Doping-Kampf ist, gemessen am Aufwand. Zweifel an jeder außergewöhnlichen Leistung bleiben. Auch wenn es bei der bunten Britpop-Party viel gab, was davon ablenken konnte.