Olympia:Einer mogelt sich in die Bolt-Show

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Der Kanadier De Grasse reizt Usain Bolt im Halbfinale über 200 Meter und handelt sich einen Rüffel vom Jamaikaner ein. Ein Mitfavorit scheidet überraschend aus.

Von Saskia Aleythe, Rio de Janeiro

Usain Bolt hat bei diesen Olympischen Spielen schon wieder Bilder geschaffen. Nicht unbedingt mit seinem Zieleinlauf über 100 Meter, in seinem bisher langsamsten Finale musste er gegen Justin Gatlin doch ein bisschen länger sprinten, als dass er Zeit für Faxen gehabt hatte. Und für alles danach kennt man ihn ja, das war das übliche Programm mit seinen Posen.

Was wirklich hängengeblieben ist, ist sein Zieleinlauf im Halbfinale: Wie er in 9,86 Sekunden noch Zeit fand, zur Seite zu schauen und zu grinsen, das könnte das Bild dieser Spiele werden.

Kommt natürlich darauf an, was er in Rio noch so präsentiert. Am Mittwochabend absolvierte er sein Halbfinale über 200 Meter, er gewann es mit einer Zeit von 19,78 Sekunden. Das war schnell und so souverän, dass er am Ende nur noch aussah, als würde er zum Bus rennen. Aber einer rannte im Zielbereich neben ihm her: Der Kanadier André de Grasse, der über 100 Meter zu Bronze gerannt war. Da mogelte sich doch tatsächlich einer in die Bolt-Show.

De Grasse rannte und grinste

Bolt lag ganz leicht vorne, als die acht Läufer aus der Kurve auf die zweiten 100 Meter einbogen, er strengte sich ein bisschen an und setzte sich ab, dann war sein Werk vollendet. Während der Jamaikaner in einen Strandlauf verfiel, holte De Grasse wieder auf, die beiden starteten auf den letzten 15 Metern beinahe einen munteren Plausch. Bolt schaute nach rechts und grinste, De Grasse schaute nach links und grinste.

Doch als Erster ins Ziel zu kommen, wollte sich Bolt nicht nehmen lassen, er schüttelte warnend mit dem Finger und machte einen langen Schritt. Geschafft. "Das war wirklich unnötig", fand Bolt danach, "ich weiß nicht, was er vor hatte." Aber natürlich sei De Grasse ein toller Typ.

Am Donnerstagabend will Bolt seine zweite Medaille bei den Spielen in Rio holen, das wäre Schritt zwei zum Triple-Triple. Dreimal hintereinander Olympiasieger über die beiden Sprintdistanzen und mit der Staffel zu werden, das ist in der Geschichte noch niemandem gelungen. Doch Bolt halt viel mehr vor, er sagt: "Der Weltrekord ist möglich. Ich fühle das."

Er wird das wohl selber am besten wissen, schließlich gehört ihm der alte Weltrekord ja auch: Bei der WM 2009 in Berlin knackte er nicht nur als Erster die Zeit von 9,6 Sekunden, über 200 Meter rannte er in 19,19 Sekunden ins Ziel. Das war eine Bestzeit, die damals zwölf Jahre Bestand hatte. Und nun, sieben Jahre später und mit fast 30 Jahren will er den jüngeren Bolt schlagen? "Ich will es wirklich, aber es wird hart", sagt er.

Als er Mitte Juli in London noch auf den letzten Drücker die Olympia-Qualifikation schaffte, war er mit einer Zeit von 19,89 Sekunden ins Ziel gekommen, doch zu tun war da noch einiges. "Nach dem Rennen habe ich meinen Trainer angerufen und gefragt, wie es war", schilderte er kürzlich, "dann hat er hat mich gefragt, was ich denke. Ich sagte: war ok. Er sagte: Das war das schlechteste Rennen von dir." An der Kurve war noch zu arbeiten.

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Seinen Sieg in Rio über 100 Meter widmete er Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, dem langjährigen Mannschaftsarzt des FC Bayern. "Ohne ihn wäre ich nicht hier", sagte Bolt, "er hat mich wieder auf die Beine gebracht". Wegen einer Oberschenkelverletzung hatte er Anfang Juli die jamaikanischen Meisterschaften abgebrochen. Dass es nun gleich wieder gejoggte 19,79 Sekunden geworden sind? Usain Bolt eben.

Gatlin? "Das hat mich nicht wirklich überrascht"

Einer wird ihm am Donnerstag nicht gefährlich, wenn er sein Projekt Weltrekord angehen will: Justin Gatlin kam in seinem Halbfinale nur mit einer Zeit von 20,13 Sekunden ins Ziel und schaffte es damit nicht unter die besten acht Läufer. "Mein Knöchel macht mir eine Menge Probleme. Ich konnte nicht richtig laufen und ich hatte eine enge Kurve auf Bahn drei", erklärte der Amerikaner hinterher.

Usain Bolt sagte dazu: "Das hat mich nicht wirklich überrascht. Ich dachte schon, dass er es ins Finale schafft, aber bei den 100 Metern ist er schon langsamer geworden:" Seine Gegner hat er eben ganz genau im Blick.

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