Niederlage des TSV 1860 München:Mental versagt

TSV 1860 München - 1. FC Heidenheim

Fassungslos: Die Spieler des TSV 1860 München nach der secshten Heimniederlage in dieser Saison

(Foto: dpa)

Der TSV 1860 München bricht gegen Heidenheim ein, verliert trotz Führung das sechste Heimspiel der Saison - und stürzt auf einen Relegationsplatz. Die Spieler sind ratlos, der Trainer dagegen ist von seiner Arbeit überzeugt.

Aus dem Stadion von Florence Niemann

Rubin Okotie schritt lässig zum Elfmeterpunkt, legte den Ball vor seine Füße und hob ihn cool ins Tor. Mit derselben Lässigkeit lief der Stürmer in der Halbzeitpause zum Zuschauerrang - seine Mitspieler waren unlängst in den Katakomben der Arena verschwunden. Der Stürmer verschenkte sein Glückstrikot und wendete oberkörperfrei in Richtung Kabinentrakt. Es wirkte so, als hätte der lässige Okotie bereits etwas gewonnen.

Doch so lässig wie Okotie agierte am Montagabend kein anderer Spieler des TSV 1860 München. Nervosität und Abstiegsangst waren ihnen auf dem Spielfeld vor allem im zweiten Durchgang deutlich anzusehen - und so verloren die Münchner die Partie gegen den 1. FC Heidenheim trotz Okoties Führungstreffer noch 1:2 (1:0).

In der Winterpause hatten die 1860-Vereinsverantwortlichen immer wieder geschwärmt, wie gut die Vorbereitung laufe. Doch nach nur einem Spiel herrscht erneut Fassungslosigkeit. Der TSV 1860 verlor das sechste Heimspiel in dieser Saison, nur ein Sieg gelang in der Fröttmaninger Arena. Es ist eine katastrophale Bilanz. Der Zweitligist fällt mit 17 Zählern auf einen Relegationsplatz zurück - punktgleich mit dem Tabellenletzten.

Und die Lage wird immer verzwickter. Innenverteidiger Gary Kagelmacher stand nach Spielschluss vor den Reportern. Frustriert trat er mit seinen Stollenschuhen auf den Boden. Die Arme hingen schlaff an seinem Körper herunter und sein Kopf neigte sich ratlos dem grauen Kautschuk-Boden entgegen, so als versuche er sich von den Geschehnissen dieses Abends abzuwenden.

"Wir müssen bereit sein, 90 Minuten konzentriert zu spielen. 45 Minuten sind nicht genug", sagte Kagelmacher. Dann holte er tief Luft, ging in sich und meinte: "Wir müssen so schnell wie möglich aufwachen. Ich verstehe das nicht. Physisch sind wir gut drauf, aber vielleicht ist es ein mentales Problem."

Vereinzelte "Ahlen raus"-Rufe

Kagelmachers Aussage stiftete ein wenig Verwirrung, aber sie passte ins Bild, das der Innenverteidiger und andere Spieler an diesem Montagabend von sich gaben. Nach der Halbzeit kamen die 1860-Spieler viel zu passiv auf den Platz zurück, sie zogen sich weit zurück und versagten kollektiv. Tim Göhlert gelang der Ausgleich (55.). 1860-Sechser Ilie Sanchez sah wegen wiederholten Foulspiels die gelb-rote Karte, wenige Momente später verlängerte der völlig ungedeckte Marcel Titsch-Rivero einen Eckball auf Florian Niederlechner, der den Ball nur noch ins Tor bugsieren musste (66.). Vereinzelt hallten aus dem Fanblock "Ahlen raus"-Rufe. Es geht also wieder gegen den Coach, gegen Markus von Ahlen.

Der Trainer trank nach dem Spiel erst einmal ein Glas Wasser aus. Dann sagte er: "Dieses Spiel bedeutet, dass wir nach wie vor 17 Punkte haben." Der 44-Jährige räumte ein, dass die Leistung in der zweiten Hälfte eine Katastrophe gewesen sei, er erklärte aber auch: "Ich bin von meiner Mannschaft und meiner Arbeit überzeugt." Sportchef Gerhard Poschner sagte in ein TV-Mikrophon: "Von Ahlen sitzt auch am Sonntag in Darmstadt wieder auf der Bank."

Kapitän Daniel Adlung war einer der wenigen 1860-Spieler, die selbstbewusst aus der Kabine kamen. Mit breiter Brust stellte sich der umtriebige Mittelfeldakteur vor das hellblaue Absperrband. "Natürlich haben wir kein mentales Problem", sagte er. Seine Stimme klang bestimmt. Aber auch er fand keine Antwort für den trostlosen Auftritt der Münchner: "Wir verlieren hier, aus welchen Gründen auch immer. Dabei spielen wir eine Halbzeit sehr, sehr guten Fußball. Wichtig ist jetzt, dass wir in Darmstadt punkten. Schluss. Aus."

Der Druck vor der Partie in Darmstadt steigt nun noch weiter. Ein Sieg muss her im Abstiegskampf - dringender denn je. Ob der TSV 1860 diesmal die Nerven bewahrt? Ob die Unsicherheit vergeht? Fest steht: Rubin Okotie, sollte sein Trikot erst dann wieder verschenken, wenn es auch wirklich Glück gebracht hat.

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