Bundesliga:Beim Teutates, was für eine Bayern-Saison!

Robert Lewandowski schießt fünf Tore in neun Minuten, die Debatte um Pep wird zur Brautschau und, na klar, der Bayern-Dusel darf nicht fehlen. Höhen und Tiefen der Meistersaison.

Von Jonas Beckenkamp und Sebastian Fischer

Dooglas vom anderen Stern

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(Foto: Michaela Rehle/Reuters)

Thomas Müller klärte auf über diesen außerirdisch anmutenden Fußballer, der am ersten Spieltag gegen den Hamburger SV gleich mal aufgetreten war, als käme er aus einer fernen Galaxie, in der die Menschen alle schnell laufen und ständig Hackentricks aufführen. "Nee nee, der heißt Dooglas", sagte Müller, "nicht Dagles und nicht Duglas." Die Menschen mussten sich ja erst noch an den Zugang von Schachtjor Donezk, gewöhnen. An die Aussprache seines Namens. Und an seine atemberaubenden Dribblings, Sprints und Flanken. Beim 5:0 gegen den HSV bereitete Douglas Costa, 25, ein Tor mit einer Außenristflanke aus dem Stand vor, wunderschön, da konnten seine Schuhe noch so kitschig rosa sein. Das 5:0 erzielte er gleich selbst: Einmal mit dem Außenrist angetickt, Gegenspieler geschlagen, Innenristschuss, unhaltbar. Die Liga fragte sich: Wie sollen wir gegen den denn bitteschön verteidigen? Eine Antwort hat niemand gefunden, so ziemlich jeden Bundesliga-Außenverteidiger hat der Flügelstürmer mittlerweile blamiert. Costa hat im Frühjahr etwas nachgelassen, doch er blieb Münchens Trumpf. Robben verletzt? Schade, aber nicht dramatisch. Pep Guardiola wusste: "Dieses Jahr haben wir Dooglas." (fse)

Geschenkter Elfer gegen Augsburg

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(Foto: dpa)

"Der Elfmeter war ein Witz. Wenn ich's knallhart sagen müsste, sind wir beschissen worden!" So klang Augsburgs Coach Markus Weinzierl am 4. Spieltag, nachdem sein Team, nunja, tatsächlich ziemlich verschaukelt wurde. 2:1 gewannen die Bayern durch ein Geschenk von Schiedsrichter Knut Kircher in der 90. Minute. Douglas Costa und Markus Feulner waren sich auf eine Art nahe gekommen, die nie und nimmer einen Strafstoß wert war - aber das interessierte hinterher bei den Bayern keinen mehr. Thomas Müller haute den Ball rein, typisch Bayern-Dusel halt. Und Augsburg verstand den Fußball nicht mehr. "Sogar die Bayern-Spieler haben gesagt, dass es kein Elfmeter war", ärgerte sich Verteidiger Callsen-Bracker, und sein Trainer schimpfte: "Da weißt du nicht, ob du lachen oder weinen sollst." (jbe)

Lewandowski-Show

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(Foto: AFP)

Verlassen ist es da draußen im Münchner Norden zwischen Autobahn und Klärtürmen. Die Arena in Fröttmaning steht halt da, wo sonst nicht mehr viel los ist. Aber an diesem Abend war gewaltig was los, es war so viel los, dass man ernsthaft befürchten musste, dass das Gemäuer dieses wuchtigen Stadions zerbröckelt. Der Meteroit Lewandowski hatte eingeschlagen - und zwar mit einer solchen Wucht, wie es sie selten gegeben hat im Fußball. Fünf Tore binnen neun Minuten! F-Ü-N-F Mal "Bumm" im Wolfsburger Tor, das übertraf fast alles jemals Dagewesene. Dieser wahnsinnige Robert Lewandowski, dieser Über-Athlet aus einer fernen Galaxie, diese Ein-Mann-Bisonherde trampelte den armen VfL Wolfsburg ganz alleine über den Haufen. Dabei hatten die Gäste nach 45 Minuten noch geführt. Doch das war dann später auch wurscht. Später wehte nur noch ein laues Lüftchen vor den Stadiontoren. Der Orkan Lewandowski hatte kurz und effektvoll gewütet, beim Teutates! (jbe)

Das Fünf-zu-eins

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Rechnerisch, wie es so schön heißt, ist die Meisterschaft erst jetzt entschieden. Doch eigentlich steht der 26. Titel des FC Bayern schon seit dem 4. Oktober 2015 fest, seit dem 8. Spieltag. Pep Guardiola und Thomas Tuchel, die alten Wir-verschieben-Salzsstreuer-zu-Taktik-Formationen-im-Schumann's-Freunde, saßen auf dem Podium im Bauch der Münchner Arena nebeneinander. BVB-Trainer Tuchel war etwas gefragt worden und holte sich zunächst Rat: "Was soll ich sagen, Pep?" Sie grinsten. Dann sagte Tuchel: "Natürlich nicht." Also: Natürlich könne in diesem Jahr niemand die Bayern stoppen. Eins-zu-fünf hatte der BVB in München verloren, hatte schon nach acht Spielen sieben Punkte Rückstand auf den Tabellenführer und war, der moralische Knockout, in der zweiten Halbzeit vorgeführt worden. Jérôme Boateng hatte aus der eigenen Hälfte Pässe gespielt, als wäre er der Quarterback Tom Brady. Und ein früherer Dortmunder brillierte, bislang zum letzten Mal in dieser Saison. Mario Götze bereitete ein Tor vor und schoss eins selbst. (fse)

Erste Niederlage gegen Gladbach

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Es dauerte bis einen Tag vor Nikolaus, ehe die Bayern mal ein ganz neues Gefühl kennenlernten: eine richtige Pleite in der Liga. Am 15. Spieltag, die Münchner hatten bis dahin gerade einen Punkt abgegeben, flippten am Niederrhein alle aus, weil Borussia Mönchengladbach den Meister mit 3:1 zerlegte. Das Ergebnis wurde vielerorts wie ein seltenes Naturspektakel interpretiert - auch das Wort "Sensation" (Spiegel Online) machte die Runde. Dabei waren die Münchner ausnahmsweise zu einer eher irdischen Aufstellung gezwungen. Die verletzungsbedingten Ausfälle von Robben, Costa, Alaba, Thiago, Bernat und Götze wirkten sich dann doch aus. Und die Gladbacher nutzten den neu gewonnenen Schubert-Effekt zu knackigen Kontertoren. Guardiola blieb nur der Verweis auf den Gang des Sportler-Schicksals: "Manchmal ist verlieren gut, um zu sehen, wie schwierig es in jedem Spiel ist." (jbe)

Abschiedsverkündung des Pep

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(Foto: dpa)

Viel hätte nicht gefehlt und die Welt hätte tatsächlich aufgehört, sich zu drehen. Geht Guardiola oder bleibt er - selten hat eine Trainerpersonalie die Liga so narrisch gemacht wie jene des Katalanen im Isardorf München. Ein ganzes Jahr lang versuchten sich die Pep-Deuter und Indizienforscher, um eine Tendenz zu erkennen, doch es dauerte bis zu jenem 5. Januar, ehe endlich offiziell Klarheit herrschte: "Ich will in der Premier League trainieren und brauche eine neue Herausforderung", sagte Guardiola auf einer Pressekonferenz, dies sei der einzige Grund für seine Entscheidung gewesen. Schon vor Weihnachten waren entsprechende Infos durchgesickert, wie das halt so ist im Gerüchtebetrieb Bundesliga. Und die Bayern? Sie wirkten ein wenig gekränkt, hatten sie doch arg um ihre "schöne Braut" (Karl-Heinz Rummenigge) geworben. Rummenigge hatte aber auch bemerkt: "Es gibt noch andere schöne Bräute". Guardiolas Welt dreht sich nun in Manchester weiter, die Bayern erklärten kurzerhand Carlo Ancelotti zu ihrer neuen Angetrauten. (jbe)

Guardiola erfindet Kimmich als Verteidiger

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(Foto: dpa)

So viel Pech wie Holger Badstuber hat nicht mal der böseste Fußballer dieses Planeten verdient. Nach jahrelanger Qulärerei mit schweren Verletzungen erwischte es den Bayern-Linksfuß im Februar erneut. "Sprunggelenksfraktur" lautete vor der Partie gegen Augsburg die Diagnose bei einem von Guardiolas Lieblingsspielern ("der beste, den ich je hatte") - wieder eine ganze Saison Krankenstand, wieder Sorgen für die Bayern-Abwehr. Weil sich zusätzlich Javi Martinez, Medhi Benatia und am Ende auch noch Jérôme Boateng weh taten, holten die Münchner in einem Anfall von Aktionismus Serdar Tasci aus dem Krankenstand in Moskau. Doch den testete Guardiola nur einmal. Dann zauberte er einen anderen Innenverteidiger aus dem Hut, der selbst noch nicht wusste, dass er auch Innenverteidiger kann: Joshua Kimmich. Und die Welt sah, dass es gut war. (jbe)

Mainz beweist: Bayern ist zu schlagen

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(Foto: Matthias Schrader/AP)

Dass die Bayern doch irgendwie zu besiegen sind, daran hatte zu einem bestimmten Zeitpunkt eigentlich kaum mehr jemand geglaubt. Aber es gibt eben nicht nur in Gladbach ausgeschlafene Taktiker, sondern auch in Rheinhessen. Anfang März traten in der Münchner Arena elf mit Mut vollgepumpte Mainzer an - ihr Trainer Martin Schmidt hatte einen Plan. Jeder Bayernspieler wurde aufs Engste angelaufen, bei Ballgewinnen ging es im Überschallflug nach vorne und in den Köpfen herrschte die Gewissheit: Ja, warum denn bitte nicht hier gewinnen? Das funktionierte so gut, dass es am Ende 1:2 stand. Eine Heimniederlage, so eine Majestätsbeleidigung ist natürlich unerhört für die Bayern! Guardiola meinte aber nur: "Wir haben nicht korrekt verteidigt." Und dem Volk in München schwante schon Böses: Hoppala, hoffentlich läuft es nicht wieder wie in den vergangenen Jahren. Der Leistungsabfall zum Saisonende war bis dato bekanntlich der größte Feind im Guardiola-System. (jbe)

Rückkehr von Franck Ribéry

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Einen Leistungsabfall erwarteten viele auch bei Franck Ribéry, nachdem der Franzose fast ein ganzes Jahr zuschauen musste. Es war ein quälendes Jahr, eine elende Zeit, die bei den Bayern durchaus zu einigem Grummeln führte. "Ich will nicht hören, wie lange es mit der Verletzung dauert", sagte Guardiola, zwischenzeitlich - ihn nervte das lange Fehlen des Filou nach einer im März erlittenen "Sprunggelenksverletzung". Es zogen drei Jahreszeiten ins Land, ehe Ribéry im Dezember 2015 endlich wieder spielen konnte. Beim Comeback in Gladbach gelang ihm prompt ein Treffer und für einen Moment dachte die Bundesliga: Ulala, dieser Ribéry, a Hund is' er scho! Und dann: Ein erneuter Muskelbündelriss und nochmal 63 Tage Pause in der Rückrunde. Doch Ribéry, dieses Leidenschaftsmonster, überstand auch das. Er ist wieder dabei. Und er flitzt mitunter immer noch so schnell, dass seine Bewegungen wie ein Comic aussehen. (jbe)

"Abschenkdebatte" wegen Darmstadt und Bremen

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(Foto: AFP)

Nicht ganz unwichtig ist im Fußball normalerweise das Einverständnis, dass beide Teams gewinnen wollen. Wäre ja auch blöd sonst - und wenig spannend obendrein. Doch im Verlauf der Rückrunde kehrte sich dieses Dogma in einigen Spielen um. Spiele gegen den FC Bayern kann man eh nicht gewinnen, schienen sich erst Darmstädter (1:3) und dann Bremer (0:5) zu denken, weshalb sich Stützen beider Mannschaften schon vorab die fünfte gelbe Karte abholten. Besonders die Werder-Profis Junuzovic und Fritz taten sich mit allzu auffälliger Karten-Akquise hervor - so dass nach dem öffentlichen Eingeständnis des Österreichers auch der DFB reagierte. 20 000 Euro Strafe und eine neue Debatte: Ist es okay, gegen die Bayern "abzuschenken"? Ist es nicht, fand auch Sportrichter Hans E. Lorenz: "Wenn das alle so machen und gegen Bayern aussetzen, führt das automatisch dazu, dass Bayern in der Bundesliga regelmäßig gegen schwächere Mannschaften zu spielen hat. Das kann nicht im Sinne des Wettbewerbs sein." Solche Zusammenhänge wiederum wollte Bayern-Boss Rummenigge nicht durchgehen lassen: "Durch so eine Aussage wird die sportliche Leistung des FC Bayern diskreditiert." Verlierer am Ende: der Fußball. (jbe)

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