Leipzig - Hoffenheim:"Im Moment haben wir da vorne nichts verloren"

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Unerwartet schnell abgestürzt: RB Leipzig und Stürmer Timo Werner. (Foto: Karina Hessland/imago)

In Leipzig verabschieden sie sich nach dem 2:5 gegen Hoffenheim fast schon von der Champions League - die Zukunft von Trainer Hasenhüttl ist offen.

Von Saskia Aleythe, Leipzig

Ralf Rangnick wählte die drastische Version. Die Leipziger Spieler waren schon hastig zum Duschen verschwunden nach dem 2:5 gegen die TSG 1899 Hoffenheim, als ihr Sportdirektor fünf Minuten lang sein Fazit sprach. Nicht wütend, einer wie Rangnick ist ja selbst in heiklen Zeiten mit ruhigem Pulsschlag gesegnet. Die vergangenen zwei Wochen der Leipziger lassen sich so zusammenfassen: 1:4, 2:5, 1:1 und nun wieder ein 2:5 - macht 15 Gegentreffer in vier Partien. Doch Rangnick zählte anders, das 1:1 im Auswärtsspiel in Bremen vor einer Woche interessierte ihn an diesem Nachmittag nicht mehr. "14 Gegentore in drei Spielen, da brauchst du kein Fußball-Fachmann zu sein, um zu sehen, wo der Hebel anzusetzen ist", sagte er also. Und: "Das war heute ernüchternd." Was insgesamt für das Bild stehen konnte, das die Leipziger derzeit abgeben.

Timo Werner war kopfschüttelnd vom Rasen geschlichen, nachdem das zweite 2:5 innerhalb weniger Tage in die Statistik eingetragen werden musste. 2:5, ein Ergebnis, das es nicht allzu oft gibt, außer halt gerade in Leipzig: Mit einem 2:5 hatte man sich erst am 12. April aus der Europa League verabschiedet, vor allem die Probleme in der Defensive sind seitdem nicht kleiner geworden, im Gegenteil. Statt sich gegen die Truppe von Julian Nagelsmann des vielleicht eifrigsten Konkurrenten um einen Champions-League-Platz zu entledigen, überkam Leipzig nun wieder diese "Gegentorflut", die Rangnick anprangerte.

Ob die Champions League überhaupt noch ein Thema sei, wurde Trainer Ralph Hasenhüttl gefragt, als er auf dem Podium der Pressekonferenz saß. "Bei Julian vielleicht", sagte er in Richtung von Nagelsmann und führte zur Tabellensituation aus: "Im Moment haben wir da vorne nichts verloren." Es schienen sich nicht nur die Saisonziele aufzulösen, es verfestigte sich auch der Eindruck von Ratlosigkeit bei den Rasenballern.

Dass es gegen Hoffenheim schon zur Halbzeit 0:3 stand, konnte man nur bedingt auf unglückliche Umstände schieben. Beim 0:1 durch Mark Uth (14. Minute) leistete sich Torwart Peter Gulasci einen Patzer, beim 0:2 durch Serge Gnabry (35.) wartete Willi Orban vergeblich auf einen Pfiff wegen eines Fouls von Uth und ließ sich den Ball in misslicher Lage abknöpfen. Naives Abwehrverhalten, Herr Hasenhüttl? "Es ist nicht tauglich für das, wo wir hinwollen", sagte der Trainer später ausweichend über diese Szene. Zwei individuelle Fehler, die aber auch viel mit dem Grundproblem Abwehrverhalten zu tun hatten: Richtiges Attackieren des Gegners fand an diesem Tag kaum statt, immer wieder standen oder rannten Leipziger an fragwürdigen Stellen herum. So kamen auch Pavel Kaderábek (45.), nochmal Uth (59.) sowie Lukas Rupp (64.) zu recht einfachen Toren. Hoffenheim bot kein großes Offensivspektakel, verwandelte seine Konter aber mit beeindruckender Konsequenz in Tore. "Wir haben die Ballgewinne, die wir hatten, gut genutzt", sagte Nagelsmann, "und RB hat die heute weniger gut genutzt." In die Pause hätte Leipzig sehr gut mit einer Führung gehen können, doch die Chancen prallten entweder an den Armen von TSG-Tormann Oliver Baumann ab oder endeten in manchmal unklugen, aber fast immer kraftlosen Schüsschen.

Dass in der zweiten Halbzeit auch noch Emil Forsberg wegen einer vermeintlichen Tätlichkeit mit roter Karte vom Platz flog (47.), war zwar ein paar Diskussionen wert, änderte aber nicht viel an der Resignation der Leipziger. Auch die Treffer des eingewechselten Naby Keita (59.) und kurz vor Schluss von Dayot Upamecano (88.) konnten das trübe Bild nicht mehr aufhellen.

"Wenn wir in den nächsten Spielen die Fehler hinten nicht abstellen, dann haben wir zwar ganz nette individuelle Qualität, aber nicht als Mannschaft die Qualität, da oben zu stehen", sagte Hasenhüttl. Ob er nun Befürchtungen hat, dass ihm die Personen in der Vereinsführung die Statistik der letzten Wochen zu seinen Ungunsten auslegen? "Ja, das müssen sie ja", sagte er. Sein Vertrag läuft noch bis 2019, Gespräche über eine eventuelle Verlängerung sollen nun aber erst mal ausbleiben, kündigte Ralf Rangnick nach dem 2:5 an. "Wir haben dem Trainer gesagt, dass wir in den drei Wochen, die wir noch haben, die komplette Konzentration auf die drei Spiele brauchen", sagte der 59-Jährige, "das gilt für alles, auch für Spieler wie Timo Werner oder den ein oder anderen". Am kommenden Sonntag muss Leipzig nach Mainz, dann folgt das Heimspiel gegen Wolfsburg, bevor die Saison in Berlin endet.

Alles andere als unlösbare Aufgaben sind das eigentlich - aber ob mit der aktuellen Formkurve ein Sprung in der Tabelle von Rang sechs nach oben noch möglich ist? "Wir müssen erst mal gucken, dass wir selber den Turnaround hinkriegen in unserem eigenen Spiel", sagte Ralf Rangnick dann noch. Turnaround also.

Eine Wende hatten zumindest einige Anhänger am Sonntagfrüh schon vollzogen, als sie beim öffentlichen Training ihren Sprechchor erklingen ließen. "Kämpfen bis zum Ende, für die Euroliga", forderten sie. Der Abschied von höheren Zielen ging dann doch recht flott.

© SZ vom 23.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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