Krawalle bei Saloniki gegen Piräus:"Sie haben unsere Bank angezündet"

Brennende Bengalos und Tausende tote Fische landen auf der Gästebank, die Fans stürmen den Rasen: Im Pokal-Halbfinale zwischen Paok Saloniki und Olympiakos Piräus erreicht die Gewalt im griechischen Fußball eine neue Dimension.

Von Matthias Schmid

Nelson Valdez ist viel rumgekommen in seiner Karriere. Der 30-Jährige spielte in Bremen, in Dortmund, in Alicante, in Kasan, in Valencia und in Abu Dhabi. Momentan verdient der Stürmer aus Paraguay sein Geld bei Olympiakos Piräus in Griechenland.

Doch was Valdez am Mittwochabend im Pokal-Halbfinale bei Paok Saloniki mitmachte, hatte er nirgendwo sonst auf dem Planeten bisher erlebt - er wird diesen 16. April 2014 noch lange in Erinnerung behalten. Es war kein gewöhnliches Fußballspiel. Es war "Terrorismus, Schande und Blamage", wie Savvas Theodoridis, der Vizepräsident von Piräus, es formulierte.

Los ging es damit, dass nichts los ging. Eine Stunde und 16 Minuten dauerte es, bis der Schiedsrichter das Rückspiel anpfeifen konnte. Zuvor habe er die Sicherheit beider Mannschaften nicht gewährleisten können. Wer schon mal ein griechisches Stadion besucht hat, weiß, dass er auf vieles gefasst sein muss, auch auf eine Pyro-Show. Was die Paok-Anhänger jedoch darboten, überstieg jede Vorstellungskraft. Das ganze Stadion brannte lichterloh.

So musste es zumindest auf die Spieler gewirkt haben, die von unten verängstigt auf die Tribünen blickten, solange sie das noch konnten. Viele der knapp 29.000 Besucher im Stadion zündeten nicht nur Bengalos an, sie warfen sie auch auf den Rasen, Rauchbomben hinterher. Mit Vorliebe dorthin, wo sich die Piräus-Verantwortlichen aufhielten.

"Sie haben unsere Bank angezündet, das ist die ultimative Erniedrigung. Fußball kann auf diese Weise nicht gespielt werden", sagte Theodoridis. Feindlich war noch ein euphemistischer Ausdruck für die angeheizte Stimmung. Die Paok-Verantwortlichen schrieben auf der Homepage hinterher "von einem Männer-Spiel, das vielleicht zu viel Temperament hatte". Entschuldigende Worte hielten sie nicht für nötig.

Tausende tote Sardellen

Dabei hatte der Hass zwischen den beiden Klubs aus Thessaloniki und Athen ein neue Dimension erreicht. Krawalle vor dem Stadion, bei denen die Polizei mit Tränengas die rivalisierende Gruppen voneinander fernhalten muss, gehören schon zum gewohnten Bild. Neu war am Mittwoch, dass die Paok-Fans nicht nur Leuchtfackeln und Rauchbomben auf die Gäste-Bank warfen. Mitarbeiter mussten diesmal auch Tausende von toten Sardellen wegputzen, die mit ins Stadion gebracht wurden. Die Erklärung für die Fischattacke: Olympiakos wird in Griechenland "gavros" genannt, Sardellen.

Fußball wurde dann doch gespielt, so gut es eben ging. Paok Saloniki gewann die Partie durch ein Tor von Stefanos Athanasiadis und erreichte das Pokalfinale am 26. April gegen Panathinaikos Athen. Die Strafe für Paok dürfte drastisch ausfallen, immerhin gilt der Klub bei der Uefa als Wiederholungstäter. Schon die Champions-League-Qualifikation gegen Schalke 04 im vergangenen Sommer musste Paok ohne Fans bestreiten.

Nelson Valdez, so behaupten die Piräus-Verantwortlichen, soll auf dem Weg in die Kabine von Anhängern, die auf den Rasen gestürmt waren, beleidigt und geschlagen worden sein. Er wird diesen Abend tatsächlich nie vergessen.

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