Illegaler Verkauf von WM-Tickets:Auf dem Schwarzmarkt

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Ein Fan in Rio de Janeiro auf der Suche nach Tickets. (Foto: Daniel Dal Zennaro/dpa)

Nach der Verhaftung eines WM-Tickethändlers geht Brasiliens Polizei Spuren nach, die zur Fifa weisen. Es kursieren Namen, die sehr pikant sind. Überraschend ist das nicht.

Ein Kommentar von Thomas Kistner, Fortaleza

Die Bulletins lesen sich so, wie immer bei diesem und auch bei den vergangenen vier WM-Turnieren: Die Polizei geht rigoros gegen den Ticket-Schwarzmarkt vor. Dutzende Händler wurden verhaftet, diesmal sind es bereits elf. Und: Die Fifa begrüßt das Bemühen der Behörden. Was letzteren Punkt betrifft, bleibt abzuwarten, ob die Fifa am Ende der brasilianischen Ermittlungen noch so glücklich ist.

Ermittlungen erfassen Fifa

Die haben eine gewaltige Dimension angenommen, von der, wie es aus Polizeikreisen heißt, auch die Fifa erfasst werden könnte. Was eine gewisse Logik besäße, schließlich sind es immer wieder Kartenpakete, die aus den Kontingenten für Fußballverbände auf dem Schwarzmarkt landen - und oft Tickets, die für hohe Funktionäre direkt bestimmt waren. Bei der WM in Deutschland wurde ein Fifa-Vorstandsmitglied aus Afrika gefilmt, wie es zwölf Karten verkaufen wollte: Der Mann wurde heimgeschickt, da war ja nichts mehr zu retten.

Brasilien
:Polizei lässt WM-Tickethändler-Bande auffliegen

Exorbitante Preise für dubiose Tickets: In Brasilien geht die Polizei gegen illegale WM-Tickethändler vor - und nimmt elf Verdächtige fest. Die Gruppe soll pro Spiel Hunderttausende Euro umgesetzt haben.

Anders lagen die Dinge bis vor dieser WM bei Jack Warner. Der 2011 nach vielen Affären abgetretene Fifa-Vizepräsident aus Trinidad hat seinen märchenhaften Reichtum auch mit dem Verkauf von WM-Tickets zusammengerafft. Und immer wieder waren es Fifa-nahe Agenturen, wie 1998 ein Frankreich-Ableger der später untergegangenen Hausagentur ISL, die für Razzien und Schlagzeilen sorgten. Trotzdem hat sich personell nicht viel geändert in diesem attraktiven Geschäftsfeld, auch wenn die Firmennamen wechseln. Daher verwundert nicht, dass wieder viele der Üblichen betroffen sind: Argentinien, Spanien und Brasilien.

Jetzt bringt die Polizei in Rio eine Reihe nationaler Fußballidole in Verbindung mit der Ticketmafia, in deren Zentrum der am Dienstag ins Netz gegangene Schwarzmarkthändler Mohamadou Lamine Fofana steht.

Neymars Vater im Fokus

Größen wie Dunga, Jairzinho und Carlos Alberto sollen als Zeugen gehört werden; Fofana, ein Franko-Algerier, hatte sie zu einer Party geladen. Auch Júnior Baiano wird befragt, er soll dem Dealer ein Apartment im Edelstadtteil Barra vermietet haben. Und nach Auswertung zehntausender abgehörter Telefonate rücken sogar der Vater von Nationalheld Neymar sowie Roberto Assis, Bruder von Ronaldinho, auf die polizeiliche Vernehmungsliste.

Fofana soll sich bisher sogar als Mitglied der Fifa-Familie durch die WM bewegt haben. Er war wochenlang observiert worden, dann klickten die Handschellen. Dass seine Tickets aus Freikontingenten diverser WM-Teams und der Fifa stammen, legt eine spannende Spur - dieselbe wie bei früheren Turnieren.

Fifa gibt sich alamiert

Die Fifa und ihr Marketingchef Thierry Weil geben sich alarmiert. Sie erklären, sie tauschten ständig Informationen mit den Ermittlern aus. Das sollten die Behörden bleiben lassen. Zumal ja nun Namen kursieren, die sehr pikant sind. Und weil die Fifa, wenn es eng wird, gern den Austausch mit guten Geschäftspartnern pflegt: in der Politik. Zu vermuten ist, dass diese Drähte bereits glühen.

© SZ vom 04.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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