Gold für Biathlet Svendsen:Endlich weinen

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Emil Hegle Svendsen: Doch noch Gold in Sotschi (Foto: REUTERS)

Beim letzten Biathlon-Einzelrennen gibt es doch noch das erwartete Duell: Emil Hegle Svendsen, der in Sotschi bisher nur hinterher lief, kann mit dem Favoriten Martin Fourcade mithalten - und ihn knapp bezwingen. Im Ziel löst sich die Anspannung beim Norweger.

Von Saskia Aleythe

Im Ziel bricht die Erleichterung aus ihm heraus. Eigentlich ist Emil Hegle Svendsen viel zu erschöpft zum Weinen, er ringt nach Atem nach diesen 15 Kilometern im dichten Schneetreiben. Als er wieder ein paar Schritte gehen kann, um sich von den Helfern die Skier abnehmen zu lassen, laufen dann doch die Tränen. Beim letzten Einzelrennen in Sotschi gewinnt der Norweger Gold - endlich.

Svendsen war so kaputt, dass es beim letzten Gleiten ins Ziel noch zum Fotofinish mit Fourcade kam. Bronze holte sich der Tscheche Ondřej Moravec, für die Deutschen gab es nach dem Einzel-Silber von Erik Lesser keine weitere Medaille. Simon Schempp wurde als bester Deutscher 13., mit drei Fehlern am Schießstand. Gleich beim ersten Schießen blieben zwei Scheiben stehen, "da bin ich natürlich gleich unter Zugzwang", befand Schempp, der zumindest mit seiner Laufleistung zufrieden war.

Arnd Peiffer fiel auf Rang 19 zurück (vier Fehler), Lesser gar auf Platz 26 (vier Fehler) - dabei war er bis zum dritten Schießen noch in den Top Fünf. "Der Schießstand hat uns das Genick gebrochen. Da haben wir mehr verschenkt", sagte Bundestrainer Mark Kirchner.

Für Emil Hegle Svendsen hingegen brachte der Schießstand die große Erlösung, er blieb fehlerfrei, was selten der Fall ist. "Emil hat sich den heutigen Sieg ganz ehrlich erkämpft", sagte der 25 Jahre alte Fourcade nach dem Rennen. Den ganzen Winter lang hatten sich Svendsen und Fourcade packende Zweikämpfe geliefert, auch in der vergangenen Saison. Svendsen, Vierfachweltmeister von Nové Město, kam in guter Form und mit vielversprechenden Ergebnissen zu den Olympischen Spielen nach Sotschi, die Szene erwartete enge Duelle mit Fourcade, beim Sprint, in der Verfolgung und im Einzel - doch es lief nicht für den 28-jährigen Norweger. Während sein Konkurrent zwei Goldmedaillen holte, kam er nicht über Platz sieben hinaus.

Nun also der Massenstart in Krasnaja Poljana, der für die Biathleten zunächst eine nervliche Belastung war. Viermal wurde das Rennen verschoben, von Sonntagnachmittag auf Sonntagabend, dann auf Montagmorgen, Montagnachmittag und schließlich auf Dienstag. Starker Nebel und dann Schneefall machte den Athleten zu schaffen, noch einmal wurde um 15 Minuten verschoben. Dann fiel tatsächlich der Startschuss.

Fleißige Helferlein fegten noch die Matten, als die Athleten das erste Mal zum Schießstand kamen. Dichte Flocken legten sich auf die Sportler, Svendsen beeinträchtigte das nicht, er traf fünf Mal und ging hinter dem Russen Anton Schipulin wieder in die Loipe. Schempp setzte den ersten Schuss daneben, auch der dritte verfehlte die Scheibe. Besser lief es für Lesser: fünf Treffer, Platz neun nach dem ersten Schießen. Auch Peiffer blieb fehlerfrei und ging als Zwölfter wieder auf die Strecke.

Schempp reihte sich zunächst auf Rang 25 ein - direkt hinter Ole Einar Bjørndalen und Fourcade. Die beiden hatten sich ebenfalls Fehler geleistet. So witterte also Svendsen seine Chance, der treffsicher auch den zweiten Durchgang im Liegendschießen absolvierte und führend in die dritte Runde ging. Fourcade pirschte sich auf Rang 16 heran, Lesser wahrte sich alle Optionen mit makellosem Schießen und spurtete als Fünfter wieder los. Schempp musste erneut in die Strafrunde, auch Peiffer erwischte es.

Das Stehendschießen brachte dann den K. o. für Lesser. Mit einer Gruppe aus fünf Athleten kam er an den Schießstand, knapp hinter Svendsen. Der Nebel war da schon wieder dichter und machte sich bemerkbar: Lesser vermieste sich seine aussichtsreiche Position mit zwei Fehlschüssen.

Es war der Moment, als sich dann dieser Zweikampf andeutete, auf den so viele gewartet hatten. Svendsen traf erneut alle Scheiben und Fourcade konnte tatsächlich noch mehr aufholen. Mit zwölf Sekunden Rückstand machte sich der Franzose wieder auf in den Schneematsch, zwischen ihm und Svendsen hatte sich der Tscheche Moravec festgebissen. Auch Bjørndalen lauerte aussichtsreich auf Rang vier, war da fünf Sekunden hinter Fourcade zurück.

Die drei Routiniers ließen Moravec zunächst vorneweg laufen und sparten sich die Energie für den Endspurt. Fourcade hatte als Erster die Waffe angelegt, traf einmal, zweimal und so weiter und raste wieder auf die Loipe. Svendsen gehört zwar zu den sichersten Schützen im Feld, bleibt aber selten ohne Fehler - beim letzten Stehendschießen gelang ihm das nun tatsächlich. Auch Moravec konnte mithalten und mit den beiden dem Ziel entgegenlaufen. Bjørndalen leistete sich ganze vier Fehler und hatte nichts mehr mit dem Medaillen zu tun.

In der Schlussrunde das gleiche Bild wie zuvor: Moravec marschierte ganz vorne. Dann durschmischte es sich, Fourcade und Svendsen setzten sich ab. Der Franzose sauste führend ins Stadion ein, Svendsen konterte und überholte in der Innenkurve. Im Schlusssprint kam er knapp vor Fourcade ins Ziel, der sich auch nicht mehr mit einem Werfen auf die Ziellinie Gold holen konnte. Im Fotofinish schnappte sich der Norweger dann doch noch die erhoffte Goldmedaille. Und zeigte ungehemmt seine Emotionen.

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