Geoffroy Serey Die beim VfB Stuttgart:Gattusole aus Abidjan

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Serey Die mit dem Pokal des Afrika-Cups - dem VfB könnte der Ivorer mit seiner Mentalität guttun. (Foto: dpa)

Im Leben von Geoffroy Serey Die passiert mehr als in einer Vorabend-Soap: Der Mittelfeldspieler von der Elfenbeinküste lebte auf der Straße, bei der WM vergoss er Tränen, eben gewann er den Afrika-Cup - und nun muss er den VfB Stuttgart retten.

Von Christof Kneer

Für die Drehbuchautoren von Vorabend-Soaps ist das Leben von Geoffroy Serey Die zu schön, um wahr zu sein. In diesem Leben finden die Autoren alles, was sie brauchen, um ihre herrlich kitschigen Plots zusammenzukleistern, aber wenn die Autoren ehrlich sind: Sie würden sich das nicht trauen. Zwar würden sie sich mit einigem Entzücken ein paar Episoden dieses Lebens für ihre Storys ausleihen, aber sie würden sie nicht alle auf einmal bringen. Zu dick aufgetragen, zu unrealistisch, glaubt kein Mensch.

Hier nur ein kleiner Auszug aus dem Leben des Mannes, der ab sofort die Bundesliga und das Mittelfeld des VfB Stuttgart bereichern soll: Wächst auf den Straßen von Abidjan/Elfenbeinküste auf, ist immer der Kleinste. Wird gegen den Willen der Eltern Fußballer. Geht mit 23 in die Schweiz zum FC Sion, spielt im ersten Pflichtspiel in rührendem Übereifer 1000 Fehlpässe, sieht in einem halben Jahr vier rote Karten. Gewinnt mit Sion später das Pokalfinale, bester Mann auf dem Platz: Serey Die. Weint vor Glück mit den Fans.

Wird später von Sions schrägem Präsidenten Constantin beschuldigt, ein Spiel manipuliert zu haben (Indizien laut Constantin: u. a. ein neuer Porsche). Wird von der Staatsanwaltschaft entlastet. Kreuzbandriss. Später eine Acht-Wochen-Sperre, weil er einem Balljungen einen Klaps verpasst hat. Wechsel zum FC Basel, überzeugende Leistungen in der Champions League. Bei der WM in Brasilien dann Tränen zur besten Sendezeit, vor dem Spiel Elfenbeinküste gegen Kolumbien. Er habe, so Serey Die, beim Abspielen der Hymnen "an mein schweres Leben gedacht".

Der VfB Stuttgart hat in der Winterpause einen sogenannten Typen gesucht, und man kann schon sagen, dass er jetzt einen gefunden hat.

Geoffroy Serey Die, gesprochen: Diä, inzwischen 30 Jahre alt, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit am Samstag im Kader stehen, vielleicht wird Huub Stevens ihn in Hoffenheim gleich spielen lassen. Dabei haben sie den Spieler erst am Donnerstagabend in Stuttgart erwartet, er hat vorher noch mit der Elfenbeinküste den Afrika-Cup gewonnen, als Stammspieler hat er dort neben dem großen Yaya Touré im defensiven Mittelfeld aufgeräumt.

Die Stuttgarter haben vom FC Basel die Leistungsdaten ihres neuen Mittelfeldkauzes angefordert, aber natürlich wissen sie nicht genau, wie viele Laufkilometer er beim Afrika Cup runtergerissen hat, wie viele Flugmeilen bei der Rückreise dazugekommen sind und wie viel er gefeiert hat.

"Aber ich weiß, dass er sich gut fühlt", sagt Stevens, "ich hoffe, dass der Junge uns mit seiner Art etwas geben kann. Wir haben ihn nicht umsonst verpflichtet." Umsonst nicht, aber für nur etwa 500 000 Euro - das sind so die Summen, die der stolze VfB im Moment noch so übrig hat.

Das eine Problem des VfB ist es gerade, dass er keine Tore schießt. Dieses Problem wird Serey Die nicht lösen, aber zum Glück hat der VfB noch ein zweites Problem. Im Zentrum wirkt das Team manchmal ziemlich körperlos, und das ist etwas, was Serey Die noch nie jemand nachgesagt hat.

Er ist ein enthusiastischer Spieler und ein furioser Zerstörer, und er soll jetzt ein kleiner, schwäbischer Gattuso werden, ein Gattusole, das mit eisernem Besen die Kehrwoche erledigt und Mitspieler und Publikum zum Leben erweckt. Geoffroy Serey Die hat in Tunesien, Algerien und der Schweiz gespielt, und eines war er überall: Publikumsliebling.

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© SZ vom 13.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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