Fußball-WM: Portugal - Elfenbeinküste:Niemand staunt

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Auch die Superstars Cristiano Ronaldo und Didier Drogba können noch keine Glanzpunkte setzen bei dieser WM - das Spiel zwischen Portugal und der Elfenbeinküste endet torlos.

Das Warten geht weiter, das Warten auf das erste Spiel, das in der Erinnerung der Fach- und Fanwelt ein Verfallsdatum jenseits dieser WM-Vorrunde erreichen könnte oder wenigstens den nächsten Morgen. Zu solch einem Spiel gehören zwei Mannschaften mit Potential, die sich auf Augenhöhe begegnen, die mit einer gewissen Bedingungslosigkeit den Sieg anstreben und sich so gegenseitig zu denkwürdigen Leistungen anstacheln.

In Glanzlosigkeit vereint: Didier Drogba und Cristiano Ronaldo. (Foto: afp)

Im besten Falle wogt solch eine Partie hin und her wie ein Schiff in schwerer See, neigt sich mal zur einen, mal zur anderen Seite und hinterlässt am Ende ein vom Staunen und Bangen ermattetes Publikum. Das alles bot das Aufeinandertreffen der Nationalmannschaften von der Elfenbeinküste und Portugal nicht. Da wogte nichts, da staunte keiner. Es endete 0:0.

Immerhin kündigte dieses Spiel das Mitwirken von eineinhalb der ziemlich wenigen verbliebenen Superstars dieser WM an. Der eine heißt Christiano Ronaldo und ist Kapitän des portugiesischen Teams. Er hielt, als die Hymne seines Landes im Nelson-Mandela-Bay-Stadion zu Port Elizabeth gespielt wurde, seinen Kopf gesenkt und die Augen geschlossen. Ronaldo ist ein Mann großer Gesten, und wie er da so in sich selbst verharrte, sah er aus wie jemand, der Großes vor hat.

Neben ihm schmetterte derweil der portugiesische Torwart Eduardo die Hymne seiner Heimat, als gebe es allein dafür drei Punkte und darüber hinaus kein Morgen, er beendete das Lied schließlich mit einem martialischen Schrei, er schüttelte Ronaldo, dem er seine Pranke umgelegt hatte. Aber Ronaldo verharrte schweigend, den Kopf gesenkt, die Augen geschlossen, ganz Portugal auf seinen Schultern.

Der halbe Star ist Didier Drogba. Er wäre im Grunde der Anführer des Teams Elfenbeinküste, steht aber nur teilweise zur Verfügung, denn sein Ellbogen ist gebrochen. Drogba begleitete den Turnierauftakt seiner Elf von der Bank aus, er litt dort sehr, wie man sehen konnte, was weniger an seiner mit Spezialschiene versorgten Verletzung lag, sondern am Spielgeschehen. Es geschah nämlich nicht viel, nicht einmal ein Trikot platzte. Das hätte leicht passieren können, denn der Ausrüster hat den Spielern der Elfenbeinküste Leibchen geschneidert so eng wie ein Bodypainting. Ein Kerl wie Guy Demel vom HSV, Typ Türsteher, müsste sich nicht damit einmal obenrum freimachen, ginge er zum Arzt. Man sieht auch so jede Muskelfaser seines Körpers. Viele, viele Fasern!

Die bemerkenswerteste Szene in der ersten Hälfte dieses Spiels zweier als "Geheimfavoriten" titulierten Mannschaften ereignete sich in der elften Minute. Es war Ronaldo, der einen Ball 29 Meter vor dem Tor annahm und sich mit einer feinen Körpertäuschung Raum verschaffte. So weit vom Tor entfernt mag das bei gewöhnlichen Spielern nicht viel bedeutet, aber Ronaldo ist kein 0815-Profi; er ist der teuerste der Welt. Also machte er noch zwei, drei Schritte und schoss dann den Ball, diesen schnellen, flatternden Plastikbeutel, präzise an den Pfosten. Seit 16 Monaten kein Tor für Portugal, dabei sollte es bleiben. Ronaldo versank alsbald in der Partie und tauchte nicht wieder auf. Mit Hackentricks ins Nichts und sinnlosen Übersteigern ohne Unterlass wühlte er sich von Minute zu Minute nur noch tiefer in die Bedeutungslosigkeit seiner Person für dieses Spiel.

Posaunen des Himmels

Da nichts mehr zu erwarten war von Ronaldo, begann das Warten auf Drogba. Nach 63 Minuten - das Spiel hatte sich wenigstens aus seiner langweiligen Nulllage leicht in Richtung Elfenbeinküste geneigt, die ein, zwei vielversprechende Szenen nach dem Wechsel zu Stande gebracht hatte - zupfte sich Drogba den Reißverschluss seines schneeweißen Trainingsanzugs auf, während er den Anweisungen seines Trainers Sven-Göran Eriksson lauschte. Allein das entzückte das Publikum derart, dass sich die Vuvuzelas vor Freude bogen, und drei Minuten später klangen die schnöden Tröten sogar lieblich wie die Posaunen der Engel im Himmel, denn Didier Drogba, der vorübergehend einarmige Star Afrikas, erschien tatsächlich auf dem Rasen - nachdem der Schiedsrichter seine Manschette für zulässig befunden hatte.

Für die Afrikaner ist wenigstens das ein Anlass zu nachhaltiger Freude gewesen, denn irgendwann wird auch dieses Weltmeisterschafts-Turnier Fahrt aufnehmen, und jetzt haben sie die Gewissheit, dass Didier Drogba dabei sein kann. Er wird dazu gehören, wenn die Spiele hin- und herwogen, wenn sie sich mal zur einen Seite neigen und dann zu anderen und dabei hohe Wellen schlagen, im besten Falle Wellen der Begeisterung. Das Spiel Portugal gegen Elfenbeinküste hat den sicheren Hafen des banalen torlosen Unentschiedens leider bis zum Schluss nicht mehr verlassen, und es hinterließ kein staunendes, sondern nur ein vom Regen durchnässtes Publikum.

© SZ vom 16.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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