Fußball-Regeln:Wie ABBA das Elferschießen fairer machen soll

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Die deutschen U17-Juniorinnen haben bei der EM den Titel gewonnen - mit dem neuen Elfmeter-Modus der Uefa. (Foto: dpa)

Das Team, das startet, hat einen Vorteil: Elfmeterschießen ist in seiner jetzigen Form ungerecht. Die U17-Fußballerinnen proben einen neuen Modus.

Von Johannes Knuth

Es hätte wohl alles nichts geholfen, in diesem Elfmeterschießen bei der U17-EM der Juniorinnen. Sie hätten den deutschen Spielerinnen Bleiwesten anlegen, das Tor verkleinern oder es für die Gegner aus Spanien vergrößern können - die Deutschen hätten diese Psychotortur wohl so oder so für sich entschieden, so entschlossen, wie sie ihre letzten Schüsse aufs Tor drückten.

Das Endspiel endete dann wie im Jahr zuvor: Deutschland wurde Europameister, wieder im Elfmeterschießen, für das teutonische Auswahlen offenbar eine genetische Veranlagung mit sich führen. Unabhängig von Gegner, Wetter, Modus.

Dieser Modus beschert den EMs der Juniorinnen und Junioren ja gerade viel Aufmerksamkeit. Der europäische Fußballverband Uefa probt dort eine neue Form des Elfmeterschießens. Sie soll das seit den 1970er-Jahren praktizierte, oft als lotterieähnlich verschriene Format weniger lotterieanfällig gestalten. Anstatt die Schützen abwechselnd anrücken zu lassen, beginnt ein Spieler von Team A, gefolgt von zwei Schützen von Mannschaft B, zwei von Team A und so weiter. In Kurzform: A-B-B-A. Was dem Vernehmen nach aber nicht einer schwedischen Popband geschuldet ist, die die Dramatik des Elfmeterschießens prächtig einfängt ("The Winner takes it all"/"Mamma Mia!").

Zeiten ändern sich. Auch der Videobeweis kommt

Das über die Regeln wachende International Football Association Board (IFAB) verwies zuletzt auf "wachsende Belege", dass die Mannschaft, die das Elfmeterschießen eröffnet, in 60 Prozent der Fälle gewinnt. Ein beachtlicher Wert. Weil der Gegner, der nachzieht, mit größerem mentalen Druck beladen werde. Das neue Format ist Teil der "Play-Fair"-Initiative des IFAB, sie soll dem Spiel mehr "Fairness und Integrität verleihen", sowie - Achtung! - "Technologie einbeziehen".

Das schreiben jene Regelhüter, die jahrelang unter dem Vorsitz eines gewissen Sepp Blatter vor allem mit innovativen Begründungen auffielen, warum es längst überfällige Reformen doch gar nicht brauche. Den Videobeweis etwa.

Zeiten ändern sich. Der Videobeweis kommt, Fifa-Präsident Gianni Infantino kündigte ihn zuletzt für die WM 2018 an. Vermutlich aber kaum, weil sein Verband plötzlich vom heißen Verlangen nach mehr Fairness befallen wurde, beim Elfmeterschießen und überhaupt. Dass der menschliche Makel das Salz in der Suppe des Fußballs sein soll, während Millionen am Fernseher die Fehler der Schiedsrichter sehen - dieses absurde Schauspiel kann selbst die Fifa nicht mehr aussitzen.

Jene Fifa übrigens, die jüngst ihre Chefethiker entmachtete, die sich zu eifrig um mehr Integrität bemüht hatten. Oder, wie Abba einst sang: "Money, money, money, always sunny, in the rich man's world."

© SZ vom 16.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Fußball
:Uefa testet neue Art des Elfmeterschießens

Der europäische Fußballverband probt neue Regeln, weil die beginnende Mannschaft im Elfmeterschießen offenbar stets einen Vorteil hat.

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