Royal Bank of Scotland:Skandalbank beim FC Liverpool: Fußball für Fußlahme

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Die Royal Bank of Scotland strauchelt schon lange, der FC Liverpool auch. Und doch soll das Geldinstitut den Fußballklub stützen - und schnell einen Käufer finden.

Andreas Oldag

Am liebsten würde Stephen Hester die Sache vom Tisch haben. Doch der Chef der Royal Bank of Scotland (RBS) muss sich jetzt mit einer Angelegenheit auseinandersetzen, die in Großbritannien von Tag zu Tag mehr Staub aufwirbelt: Es geht um den finanziell angeschlagenen Fußballverein FC Liverpool. Wenn es nicht gelingt, rasch einen Käufer zu finden, könnte sich die RBS als größter Kreditgeber der "Reds" am Ende gezwungen sehen, den Verein zu übernehmen.

Ein Fan des FC Liverpool zeigt, was er von amerikanischen Investoren hält. (Foto: dpa)

Dabei ist die Royal Bank of Scotland selbst ein Krisenfall, die sich unter ihrem früheren Chef Fred Goodwin mit der Übernahme der niederländischen Großbank ABN Amro gründlich verhob und in den Schreckensjahren der Finanzkrise 2008 und 2009 nahe einer Pleite war. Inzwischen gehört das Institut zu 84 Prozent dem britischen Staat.

Chefsanierer Hester ist es immerhin gelungen im zweiten Quartal 2010 erstmals wieder einen kleinen Gewinn zu erwirtschaften. 2008 verzeichnete die Bank mit 24,3 Milliarden Pfund den größten Verlust, den jemals ein Unternehmen in Großbritannien gemacht hat. "Wir sind kein Fußball-Unternehmer und sind nicht daran interessiert, deshalb in die Schlagzeilen zu kommen", heißt es in Kreisen des Edinburgher Geldhauses.

Der Spott in der Londoner City über die Verbindung zwischen RBS und dem FC Liverpool ist jedenfalls nicht zu überhören. "Da treffen sich zwei Fußlahme zum Endspiel", meint ein Börsianer.

Hintergrund des Dramas ist die Übernahme des Traditionsvereins im Jahr 2007 durch die beiden amerikanischen Geschäftsleute George Gillett und Tom Hicks. Als gewiefte Unternehmer wälzten sie den Kaufpreis auf den Verein ab, der seitdem eine zusätzliche Kreditlast von etwa 220 Millionen Euro mit sich schleppt. Die hohen Zinszahlungen drückten den Club in die roten Zahlen.

Die Rechnung der beiden amerikanischen Sportsfreunde ging offenbar nicht auf. Dabei wurden sie auch von der Finanzkrise kalt erwischt. Als Kreditgeber der Übernahme zwang RBS die beiden Investoren dann dazu, einem Verkauf zuzustimmen. Medienberichten zufolge sollen Gillett und Hicks der RBS inzwischen 237 Millionen Pfund schulden. Nun bemüht sich auch der im April neu eingesetzte Liverpool-Aufsichtsratschef Martin Broughton, der zugleich Chairman der Fluggesellschaft British Airways ist, einen Investor zu finden.

Einige Interessenten liefen bereits auf: Der Hongkonger Geschäftsmann Kenneth Huang hatte angeblich ein Konsortium von Financiers hinter sich gebracht. Dann gab es Gerüchte, dass der schwerreiche syrische Industrielle Yahya Kirdi bei Liverpool einsteigen könnte. Doch bislang sind die Rettungspläne nicht vom Fleck gekommen, genauso wie ein angebliches Übernahmeangebot der amerikanischen Beteiligungsgesellschaft Rhone Group.

Nun heißt es, dass RBS als Hauptgläubiger zumindest vorübergehend den Klub übernehmen könne. Die Banker drängen auf eine Lösung, um dann weiter einen Investor zu suchen. Frist sei der 6. Oktober, heißt es. Dann droht den Eignern nach einem Bericht der britischen Times auch eine zusätzliche Verzugszahlung von 60 Millionen Pfund.

"You'll never walk alone" ("Du wirst niemals allein gehen") schmettern die FC-Liverpool-Fans. Sie hoffen jedenfalls auch darauf, dass Gillett und Hicks eher heute als morgen das Spielfeld in Liverpool verlassen.

Die Amerikaner gelten in der englischen Arbeiterstadt als typische Yankees, die es nur aufs Geld abgesehen haben. Übel genommen wird ihnen auch, dass sie bislang ihre Versprechungen über den Neubau eines Stadions nicht wahr gemacht haben. Der 64-jährige Hicks ist im Immobilien- und Finanzgeschäft reich geworden. Sein 72 Jahre alter Partner Gillett besitzt in den USA Fernsehstationen sowie Fabriken für die Fleischverarbeitung.

Ärger mit neuen Eigentümern gibt es nicht nur beim FC Liverpool. Die vermögende amerikanische Glazer-Familie kaufte 2005 den Fußballverein Manchester United für 830 Millionen Pfund. Seitdem gibt es immer wieder Vorwürfe, dass die Investoren die Kreditlasten auf den Klub abgewälzt haben. Die Fans sind empört über hohe Eintrittspreise. Im Frühjahr sorgte eine Gruppe von vermögenden Prominenten, darunter der Chefvolkswirt der Investmentbank Goldman Sachs in London, Jim O'Neill, für Schlagzeilen, die sich unter dem Namen "Red Knights" zusammengetan haben, um den Verein zu übernehmen.

Doch erst vor kurzem hieß es bei Manchester, dass sich die Glazers nicht von ihrem Investment trennen wollten.

© SZ vom 19.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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