Fußball in Tschechien:Der gekaufte Aufstieg

Lesezeit: 2 min

Der 1. FC Slovácko kauft die Lizenz für die erste Liga von einem anderen Verein - dabei war der Klub für den größten Bestechungsskandal des tschechischen Fußballs verantwortlich.

Jürgen Schmieder

Im Fußball sind derzeit die verrücktesten Dinge möglich: Real Madrid bekommt während der Finanzkrise von der Sparkasse Caja Madrid einen Kredit über 76 Millionen Euro und kann sich so die Fußballer Kaká und Cristiano Ronaldo leisten. Der in Frankfurt geborene Kicker Jermaine Jones ist einer der Hauptdarsteller in der Nutella-Werbung mit jungen deutschen Nationalspielern - und wird künftig für den US-Verband auflaufen. Da ist es doch passend, dass der Zehntplatzierte der zweiten tschechischen Liga gegen die Zahlung einer geringen Lizenzgebühr aufsteigen darf. Der 1. FC Slovácko hat dem Zweitplatzierten Zenit Cáslav eine Summe zwischen 300.000 und 740.000 Euro überwiesen und sich somit den Aufstieg gesichert.

Der größte Erfolg in der Geschichte des FC Slovácko: das Erreichen der dritten Runde des UI-Cups gegen den VfL Wolfsburg. (Foto: Foto: Imago)

Der 1. FC Slovácko, das sollte man dazu wissen, war nicht immer der 1. FC Slovácko. Von 1927 bis 1944 hieß der Fußballklub in Mähren SK Staré Mesto. Nach der (ersten - zuletzt 1991 wieder aufgehobenen) Eingemeindung des Ortes Staré Mesto nach Uherské Hradište wurde der Verein umbenannt, er nannte sich fortan Staromestský SK Uherské Hradište.

1952 trug der Klub den Namen ZSJ Chemik Staré Mesto, weil er dem Chemiebetrieb n. p. Barvy a Laky zugeordnet wurde. Danach gab es vier Jahre lang den Verein DSO Jiskra Staré Mesto - mit "Jiskra" wurden alle Vereine bezeichnet, die zu einem Betrieb der Leichtindustrie gehörten. Es folgten die Vereinsnamen TJ Jiskra Staré Mesto (1957-1986), TJ Jiskra Barvy a laky Staré Mesto (1986-1993, Barvy a laky war ein Farbenhersteller) und FC Synot Staré Mesto (1993-2000).

Im Jahr 2000 gab es die Fusion mit dem Nachbarverein FC Slovácká Slavia Uherské Hradište, der in seiner Vereinsgeschichte bereits TJ Uherské Hradište, FC T.I.C. Slovácká Slavia Uherské Hradište (nach einer Consulting-Firma) und FC Joko Slovácká Slavia Uherské Hradište (nach einem Fahrradhersteller) hieß.

Der neue Fußballklub hieß nun der Einfachheit halber 1. FC Synot, wobei Synot - ein Akronym aus Synové und Otec, Söhne und Väter - eine Holding ist, die ihr Geld vornehmlich im Bereich Glücksspiel und Wetten verdient. Der Verein schaffte in der Saison 2002/03 mit einem achten Platz den Sprung in den Intertoto-Cup und scheiterte in der dritten Runde am VfL Wolfsburg - es war der größte Erfolg der Vereinsgeschichte.

Am 1. Mai 2004 dann erwischte die tschechische Polizei den Sportdirektor Jaroslav Hastik an einer Tankstelle, wie er dem Schiedsrichter Stanislav Hruska 175.000 Kronen (damals circa 5400 Euro) ausbezahlte für die wohlwollende Leitung der Partie, die sein Verein mit 2:0 gegen Sparta Prag gewonnen hatte. Aus diesem Einzelfall wurde der größte Bestechungsskandal der tschechischen Fußballgeschichte, drei Funktionäre und sieben Schiedsrichter wurden mit Berufsverbot belegt - an der Affäre sollen mehr als ein Dutzend Unparteiische, mindestens fünf Klubs und acht Funktionäre beteiligt gewesen sein.

Die Synot-Holding zog sich aus dem Verein zurück, es war mal wieder Zeit für eine Umbenennung: Der 1. FC Synot hieß nun 1. FC Slovácko, die Mannschaft stieg in der Saison 2006/07 aus der ersten tschechischen Liga ab.

Nun gibt es die Rückkehr in die erste tschechische Liga - nicht sportlich, sondern durch Bezahlen. "Wir erhalten die Lizenz völlig legitim", sagt Sportdirektor Vladimír Krejcí. "Nach eingehender Analyse der Situation, vor allem der wirtschaftlichen, haben wir erkannt, dass wir in der ersten Liga spielen können." Nach einer Sitzung segnete der tschechische Fußballverband die Aktion ab, der 1. FC Slovácko darf aufsteigen. Im Fußball passieren derzeit eben die verrücktesten Dinge.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: