Fußball-EM:Gott geht traurig

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Zlatan Ibrahimovic verabschiedet sich von den Fans (Foto: AFP)

Nach einem 0:1 gegen Belgien scheidet Schweden in der Vorrunde aus. Für Zlatan Ibrahimovic war es das letzte Länderspiel.

Von Ulrich Hartmann, Nizza

Es waren viele Autos mit schwedischen Kennzeichen unterwegs am Mittwoch im südöstlichsten Eck Frankreichs - in Nizza an der Côte d'Azur. Wer aus dem südschwedischen Malmö nach Nizza fährt, ist 1800 Autobahn-Kilometer und 17 Stunden unterwegs; wer in Stockholm losfährt, sogar 2400 Kilometer und 24 Stunden. Der Anlass für die beschwerliche Anreise war gewesen, die schwedischen Fußballer ins Achtelfinale der Europameisterschaft einziehen zu sehen. Allerdings ist das den Skandinaviern nicht gelungen. Nach einer 0:1 (0:0)-Niederlage gegen Belgien müssen sie die Heimreise antreten. Ihre Fans können sich immerhin damit trösten, das letzte Länderspiel von Zlatan Ibrahimovic gesehen und damit ein Kapitel schwedischer Fußballgeschichte live erlebt zu haben. Aber ein richtiger Trost war das nicht.

Die Belgier konnten sich als Gruppenzweiter hinter den bereits zuvor als Sieger feststehenden Italienern über den Einzug ins Achtelfinale freuen. Sie spielen nun am Sonntagabend in Toulouse gegen Ungarn. "Zla-tan Ibra-himo-vic", hatten die schwedischen Fans vor dem Spiel gerufen, während sich auf dem Rasen die Fußballer aufwärmten. Die belgischen Fans auf der anderen Seite des Stadions stiegen alsbald in die Rufe lautstark mit ein, winkten dabei aber spöttisch mit beiden Armen. So verabschiedet man verdiente Fußballer aus dem Spielbetrieb der Nationalteams. Auch der deutsche Schiedsrichter Felix Brych geleitete Ibrahimovic durch dessen letztes Länderspiel. Es war Brychs zweite Partie bei dieser EM.

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Der vormalige Hamburger Marcus Berg, neu in der schwedischen Startelf für John Guidetti, hatte nach fünf Minuten die Führung auf dem Fuß gehabt. Der Ball tropfte ihm nach einem Freistoß im Strafraum vor die Füße, er holte aus, traf ihn auch gut, schoss aber bloß den belgischen Torwart Thibaut Courtois an. Die Schweden waren bereit, auf volles Risiko zu gehen, denn ihnen hätte ja nicht mal ein Unentschieden genügt. Ibrahimovic erklärte seinen Mitspielern zwischendurch gestisch, wie der Ball gespielt gehört. Die Belgier ließen die Schweden zunächst gewähren, was vielleicht daran lag, dass sie sich in den ersten beiden Spielen von deren Gefahrlosigkeit überzeugt hatten. Nur ein Treffer durch ein irisches Eigentor ist den Skandinaviern bei dieser EM gelungen.

In der 26. Minute strich ein Fernschuss von Ibrahimovic knapp am Tor vorbei. Es war eine zaghafte Annäherung. Da waren die Belgier bei ihren gern schnell vorgetragenen Kontern gefährlicher. Den nach 33 Minuten heranstürmenden Kevin den Bruyne stoppte der Hamburger Albin Ekdal nur auf Kosten einer gelben Karte, wenigstens brachte der aussichtsreiche Freistoß den Belgiern aber nichts ein. Kurz vor der Pause hatten sie ihre beste Möglichkeit, als de Bruyne flankte und Thomas Meunier am Tor vorbeiköpfelte. Die Druckphase der Schweden war da wieder vorbei.

Nun blieben ihnen also nur noch 45 Minuten, um die Heimreise hinauszuzögern - obwohl sie diese ja nicht wie einige ihrer treuen Fans in einem vollbepackten PKW bestreiten müssen. Dennoch erhöhten die Gelbgekleideten noch einmal den Druck, zumal die Belgier vorübergehend uninspiriert agierten. Sie wussten freilich, dass sie selbst im Falle einer Niederlage immerhin als Gruppendritter ins Achtelfinale würden einziehen dürfen. Erst nach einer knappen Stunde schalteten sich die Belgier wieder aktiver ins Spiel ein. De Bruyne, Eden Hazard und Yannick Carrasco sind blitzschnelle Angreifer, allerdings wirkten sie am Mittwoch ein wenig einfallslos.

Nur deshalb blieben die Schweden so lange im Spiel. Ein Tor hätte ihnen ja genügt, ein Tor nur fehlte zum Achtelfinale, und Ibrahimovic hatte zuvor gesagt, er wolle nicht mit einer Enttäuschung abtreten. In der 76. Minute prüfte er Courtois noch einmal mit einem 20-Meter-Freistoß, mit dem der Belgier aber keine Schwierigkeit hatte. Das Tor fiel dann aber auf der anderen Seite. In der 84. Minute besiegelte Radja Nainggolan mit einem Fernschuss aus 20 Metern das Aus der Schweden. Um 22.50 Uhr am Mittwoch in Nizza kam es doch so, dass Ibrahimovic mit einer Enttäuschung in seinem 116. Länderspiel seine Karriere im Nationalteam beendete.

© SZ vom 23.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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