Frauenfußball-EM:"Ich hoffe nicht, dass ein Fluch auf uns Stürmerinnen liegt"

Lesezeit: 3 min

Anja Mittag: Sehnt sich nach Toren (Foto: Getty Images)
  • Mit einem 2:0 gegen Russland ziehen die deutschen Frauen als Gruppenerste ins EM-Viertelfinale ein, das gesamte Team aber wartet weiter auf herausgespielte Tore.
  • "Das ist total ärgerlich, echt scheiße", sagt Stürmerin Anja Mittag im ZDF zur geringen Torausbeute.
  • Bundestrainerin Steffi Jones erkennt dennoch gute Szenen und hofft im Viertelfinale gegen Dänemark am Samstag auf Besserung.

Von Anna Dreher, Utrecht

Anja Mittag hatte es versucht, aber es war ihr nicht gelungen, auch dieses Mal nicht. Die Stürmerin der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft wartet weiter auf ihr erstes Tor bei der Europameisterschaft - wobei: Eigentlich wartet sie überhaupt auf herausgespielte Tore, wie das gesamte Team. Gerade hatten Mittag und die deutschen Fußballerinnen im letzten Gruppenspiel gegen Russland 2:0 (1:0) gewonnen, durch und durch zufrieden damit schien aber keine aus dem Kader zu sein, auch Mittag nicht. "Das ist total ärgerlich, echt scheiße. Wir hätten uns gerne belohnt, aber irgendwie soll es wohl nicht sein", sagte die 32-Jährige im ZDF. "Ich hoffe nicht, dass ein Fluch auf uns Stürmerinnen liegt, das wäre ja blöd."

Nach den Vorrundenspielen gegen Schweden (0:0) und Italien (2:1) war die Vermutung durchaus berechtigt, denn egal, was die deutsche Offensive auch versuchte, aus eigener Kraft gelang ihr aus dem Spiel heraus kein Tor. Erst verhalf Italiens Torhüterin Laura Giuliani mit einem Patzer Josephine Henning zum ersten deutschen Tor bei dieser EM, dann verwandelte Babett Peter einen Elfmeter - zwei Innenverteidigerinnen sorgten also für Verwertbares in der Offensive.

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Dranbleiben, es versuchen, immer und immer wieder, bis es endlich klappt - dieses Mantra wollte die Mannschaft von Bundestrainerin Steffi Jones gegen Russland endlich ablegen. Zunächst sah es auch so aus, als wäre das schneller möglich als gedacht. Mandy Islacker traf nach nur 70 Sekunden überfallartig ins Tor, doch ihr Jubel vor 6458 Zuschauern im Galgenwaard-Stadion in Utrecht wurde jäh unterbrochen vom Pfiff von Schiedsrichterin Monika Mularczyk: Abseits. Wieder Enttäuschung. Mittag war dann als nächste dran, dieses Mal stand Torhüterin Tatyana Shcherbak im Weg (7.).

Und so wurde am Montagabend nicht ein Mantra beendet, sondern ein Muster wiederholt. Nach einem ruppigen Foul an Islacker entschied Mularczyk auf Strafstoß. Wie gegen Schweden nahm sich Innenverteidigerin Peter in ihrem 110. Länderspiel den Ball - und traf (10.). Danach blieben die Chancen weiter ungenutzt, auch gegen einen zweitklassigen Gegner, der sich lieber tief hinten reinstellte, als sich wirklich am Spiel zu beteiligen. Der zweite Treffer des Spiels folgte - passenderweise - erneut durch einen Elfmeter. Nach einem Foul an der emsigen Sara Däbritz erhöhte Spielführerin Dzsenifer Marozsán zum Endstand (56.). Dank der zeitgleichen 2:3-Niederlage der Schwedinnen gegen Italien zieht Deutschland als Tabellenführer der Gruppe B ins Viertelfinale ein, wo am Samstag Dänemark wartet (20.45 Uhr/ZDF).

Dennoch war auch die Kapitänin nicht ganz zufrieden: "Ich weiß nicht, wie oft wir wieder aufs Tor geschossen haben, aber es war oft genug", sagte die 25-jährige Mittelfeldspielerin. "Und es ist einfach traurig, dass wir aus dem Spiel heraus kein Tor machen. Aber wir müssen nicht böse sein, wir haben es ja immer weiter versucht", meinte Marozsán.

"Es war nervenaufreibend, aber im positiven Sinne"

Das Pflichtprogramm hat der Titelverteidiger, der die vergangenen sechs Europameisterschaften allesamt gewinnen konnte, nun also erfolgreich hinter sich gebracht. Wenn auch nicht mit der deutlich erwarteten Dominanz. Für Bundestrainerin Steffi Jones gab aber auch das Russland-Spiel keinen Anlass, sich tiefergehende Sorgen zu machen. "Es war nervenaufreibend, aber im positiven Sinne. Bis auf die Torabschlüsse bin ich mit diesem Sieg sehr zufrieden", sagte die 44-Jährige. "Die Automatismen sind letztlich da, nur die Pässe kommen nicht an, das ist ein Unterschied. Wir sind da nicht präzise genug. Aber wir hatten unheimlich viele gute Aktionen drin." Nur werden gute Aktionen der Mannschaft am Ende wohl nicht reichen, wenn sie ihren Zweck nicht erfüllen. Das erklärte Ziel von Jones und ihrem Team ist schließlich: Europameister werden.

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Zumindest ein Muster wird nun aber wohl enden: Jones, die erst im September 2016 das Amt von Silvia Neid übernahm und einiges in der Nationalmannschaft veränderte, hatte in der Vorrunde variabel gewechselt und 20 von 20 Feldspielerinnen eingesetzt. Das möchte sie in der K.-o.-Phase ändern. Ob dann endlich das Mantra abgelegt werden kann? "Ich bin der festen Überzeugung, dass wir gegen Dänemark weiter Tore schießen werden", sagte Steffi Jones. "Ob das Elfer sind oder nicht, ist mir ehrlich gesagt egal."

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