Formel 1 nach der Sommerpause:Wen Vettel fürchten muss

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38 Punkte Vorsprung: Sebastian Vettel bei einem Seifenkistenrennen in Herten (Foto: REUTERS)

Die Sommerpause in der Formel 1 ist vorbei, neun Rennen stehen den Fahrern noch bevor. Sebastian Vettel führt die WM-Wertung mit sattem Vorsprung an, doch noch kann ihm der WM-Titel weggeschnappt werden. Seine Verfolger.

Von Lisa Sonnabend

Sommer 2002, es ist das elfte Rennen der Saison, Michael Schumacher rast beim Großen Preis von Frankreich in Magny Cours als Dritter ins Ziel und ist Weltmeister. Sechs Rennen vor Saisonende, schneller wurde noch nie eine WM-Wertung in der langen Historie der Formel 1 entschieden.

Nun steht erneut das elfte Saisonrennen an: im belgischen Spa. Wieder führt ein Deutscher in der WM-Wertung, Sebastian Vettel hat üppig anmutende 38 Punkte Vorsprung auf den zweitplatzierten Kimi Räikkönen. Doch Vettel dominiert die Saison nicht wie einst Schumacher. Es gibt einige Fahrer, die ihm in den verbleibenden neun Rennen noch gefährlich werden könnten. Ein Überblick.

  • Kimi Räikkönen - der Konstante

Über keinen Fahrer wurde in der Sommerpause so intensiv berichtet wie über Kimi Räikkönen. Nicht etwa, weil der Finne beim letzten Rennen in Ungarn den zweiten Platz belegte, auf Platz zwei der WM vorrückte und mit 38 Punkten Rückstand Vettels ärgster Verfolger ist. Auch nicht, weil Räikkönen plötzlich Spaß an Interviews gefunden hätte. Er ist genauso verschlossen wie zuvor. Die Frage, die die Motorsportpresse beschäftigt, lautet: Wechselt Räikkönen in der kommenden Saison zu Red Bull, zu Ferrari oder bleibt er bei Lotus?

Vor dem Rennen in Belgien deutet sich an, dass Räikkönen eher nicht bei Red Bull unterschreiben wird und stattdessen Nachwuchsfahrer Daniel Ricciardo von Toro Rosso der neue Mann an Vettels Seite wird. Ferrari wiederum zeigt sich bemüht, die Spekulationen klein zu halten. Eine Entscheidung werde man in einem geeigneten Moment treffen, heißt es. Dieser Moment könnte sich Ferrari im September beim Heimrennen in Monza bieten. Theoretisch könnte Räikkönen beim Italien-Grand-Prix sogar an Vettel vorbeiziehen.

Sollte Räikkönen die kommenden zwei Rennen gewinnen, jeweils 25 Punkte kassierenl und Vettel selbst ein wenig mithelfen, nicht in die Punkte fahren oder ausscheiden, wäre der Vorsprung schnell dahin. Allerdings kehrte der Heppenheimer in dieser Saison erst einmal ohne Punkte nach Hause. Was für Räiokkönen spricht: Der Finne ist noch viel konstanter als Vettel, in den letzten 27 Rennen fuhr er in die Punktewertung. Das gelang noch keinem Fahrer vor ihm.

  • Fernando Alonso - der ewige Rivale

Was war das für ein Duell! Sebastian Vettel und Fernando Alonso beharkten sich 2012 bis zum letzten Saisonrennen, aber auch abseits der Strecke: Über die Medien und seinen Twitter-Account ließ der Spanier seinem Rivalen immer wieder provokante Botschaften zukommen. In den vergangenen Wochen wurde es allerdings verdächtig ruhig um Alonso, keine Kampfansagen mehr an die Konkurrenz.

Nach einigen wenig optimal verlaufenen Rennen ist Alsonso in der WM-Wertung auf Platz drei zurückgefallen. Immer wieder hatte er technische Probleme mit seinem Wagen, der als unberechenbar und egozentrisch geltende Alonso suchte die Schuld für das enttäuschende Abschneiden nicht bei sich, sondern bei seinem Rennstall. Zu seinem 32. Geburtstag am 29. Juli wünschte er sich deswegen: "Ein neues Auto." Die Ferrari-Konstrukteure kamen seinem Wunsch natürlich nicht nach, stattdessen rügte Ferrari-Chef Luca di Montezemolo seinen Fahrer öffentlich für die kritischen Worte.

Ob die Kritik Alonsos Motivation gesteigert hat und die Ingenieure seinen Ferrari im August trimmen konnten, wird sich in Spa erweisen. Immerhin zeigt sich der Spanier wieder angriffslustiger. Über Twitter lässt er verlauten: "Der Krieger, der das Schwert nutzt, wenn er gekränkt wird, ist nicht als mutig zu bezeichnen. Ein mutiger Mann lässt sich nicht unterkriegen, weil seine Ziele höhere sind." Zittern wird Vettel wegen dieser kruden, eher an einen Samurai erinnernden Worte allerdings nicht. Er ist harschere Attacken des Spaniers gewohnt. Ob diese noch kommen? Zumindest derzeit unwahrscheinlich.

  • Lewis Hamilton - der Aufsteiger

Erst sah es so aus, als müsste Vettel nicht Lewis Hamilton fürchten, sondern Nico Rosberg. "Ich will Sebastian von Rennen zu Rennen ärgern", kündigte Rosberg auf dem Nürburgring selbstbewusst an. Doch seit der Angriffserklärung ist dem Mercedes-Fahrer kaum etwas gelungen. Beim Großen Preis von Deutschland belegte er Platz neun, beim Großen Preis von Ungarn Ende Juli lediglich Rang 19. Das bedeutete: nur zwei Pünktchen für die WM-Wertung. Rosbergs Teamkollege Lewis Hamilton dagegen raste bei den beiden letzten Rennen erst auf Rang vier, dann auf Rang eins. Es war die deutlich bessere Vorstellung im Mercedes-Lager.

Zu Beginn der Saison war Mercedes immer wieder aufgefallen, weil die Ingenieure Reifen und Technik nicht in den Griff bekamen. In Ungarn stellte sich Mercedes dann so gut auf das neue Reifenmodell ein wie kein anderer Rennstall. Teamchef Ross Brawn und Sportchef Toto Wolff dürfen berechtigte Hoffnungen haben, Red Bull zumindest in der Konstrukteurswertung noch nahezukommen. Hamilton, jetzt ohne seine Dauerfreundin Scherzinger, hat den WM-Titel selbst noch nicht aufgegeben. "Alle Strecken, die jetzt noch kommen, sollten mir und dem Auto liegen", sagt der Brite forsch. Vettel bestätigt: "Er ist einer von ihnen." Einer von denen, die ihm noch gefärhlich werden könnten. In Spa muss Hamilton einen kühlen Kopf bewahren: Seine geliebte Bulldogge Roscoe ist krank und musste in die Tierklinik.

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  • Mark Webber - der Teamkollege

An Renntagen ist Sebastian Vettel oft zu sehen, wie er mit Daniel Ricciardo scherzt, wie er mit Romain Grosjean plaudert, wie er mit Kimi Räikkönen etwas diskutiert. Nur mit einem Fahrer zeigt sich Vettel privat nie: mit seinem Teamkollegen Mark Webber. Seit es ordentlich krachte, als beim Rennen in Malaysia Vettel seinen Red-Bull-Kollegen riskant überholte, betonen die beiden Piloten immer wieder, dass es menschlich zwischen ihnen einfach nicht passt.

Um den Titel mitfahren kann der 36-jährige Webber, der die Formel 1 zum Saisonende verlassen wird, höchstwahrscheinlich nicht mehr. Er liegt auf Platz fünf der Fahrerwertung, allerdings mit bereits 67 Punkten Rückstand auf Vettel. Schützenhilfe von seinem Teamkollegen braucht Vettel jedoch trotzdem nicht erwarten, falls es denn tatsächlich noch einmal eng werden sollte.

Es dürfte schwer werden für Vettels Verfolger, aber nicht aussichtslos wie einst 2002. In den vergangenen 13 Jahren wurde der WM-Führende nach dem Ungarn-Rennen übrigens noch viermal eingeholt. Vettel weiß, wie schnell das passiert. 2010 und 2012 war er selbst derjenige, der einen großen Rückstand noch aufholen konnte.

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