Formel 1 in Österreich:Genugtuung für Rosberg

Lesezeit: 3 min

Österreich bleibt sein Lieblings-Grand-Prix: Nico Rosberg gewinnt vor Lewis Hamilton. (Foto: Mark Thompson)
  • Mercedes-Pilot Nico Rosberg gewinnt den großen Preis von Österreich, weil er seinen Teamkollegen Lewis Hamilton zu entscheidenden Fehlern zwingt.
  • Die kurioseste Szene passiert hinten im Feld, als Kimi Räikkönen die Kontrolle über seinen Ferrari verliert und und in Fernando Alonsos Wagen rauscht.
  • Hier gibt es den Liveticker zum Nachlesen.

Von René Hofmann, Spielberg/München

Der Große Preis von Österreich bleibt eines der Lieblingsrennen von Nico Rosberg. Im vergangenen Jahr, als die Formel 1 nach zehn Jahren Pause zurückkehrte nach Spielberg bei Knittelfeld bei Graz, gewann der Deutsche in der Steiermark und setzte ein scharfe Spitze gegen seinen Mercedes-Teamkollegen Lewis Hamilton. An diesem Sonntag glückte ihm das Kunststück erneut: Rosberg gewann den Grand Prix vor Hamilton.

Vor dessen Heimrennen am 5. Juli in Silverstone ist der Brite mit 169 Punkten nun nur noch zehn Zähler voraus. Dritter in Österreich: Williams-Routiniers Felipe Massa, 34. Sebastian Vettel brachte ein schlechter Boxenstopp um die Einladung zur Siegerehrung; er wurde in seinem Ferrari Vierter. Nico Hülkenberg belegte im Force India Platz sechs.

Die aufregendste Szene ereignet sich weiter hinten im Feld

Für Rosberg war der Triumph nach der Niederlage gegen Hamilton zwei Wochen zuvor in Montréal eine Genugtuung. "Das ist ein unglaubliches Gefühl, hier wieder zu gewinnen", gab Rosberg an, "der Start hat den Unterschied gemacht." Eine Einschätzung, die Hamilton teilte, der sich als fairer Verlierer zeigte: "Nico hat heute tolle Arbeit geleistet. Mein Start war nicht so gut, da habe ich ein paar Meter verloren. Danach hat Nico den Vorsprung einfach ausgebaut."

Am Samstag, in der Qualifikation, hatte es noch anders ausgesehen. Rosberg hatte sich über den zweiten Startplatz ziemlich geärgert, denn: Hamilton hatte ihm mit einem Ausrutscher bei seinem letzten Versuch, eine schnelle Runde zu drehen, eine Steilvorlage geliefert. Diese konnte Rosberg allerdings nicht nutzen. Auch er geriet auf seiner letzten Schleife auf Abwege, womit am Ende die Reihenfolge von zuvor Bestand hatte: 1. Hamilton, 2. Rosberg, 3. Vettel.

Die aufregendste Szene des Rennens: Kimi Räikkönen (Ferrari) und Fernando Alonso (McLaren) geraten gleich in der ersten Runde heftig aneinander. (Foto: imago/GEPA pictures)

Vor der Startampel gilt Hamilton als besonders stark. Sobald die Lichter ausgehen, ist der 30-Jährige eigentlich in seinem Element. Regelmäßig ließ er Rosberg bei dieser Gelegenheit langsam aussehen. Dieses Mal kam alles anders. Als die Lichter ausgingen, kam Rosberg besser weg. Entschlossen und nervenstark lenkte er seinen Rennwagen dorthin, wo es Hamilton gar nicht gefallen konnte: als Erster auf die Ideallinie. Nach ein paar Kurven schon musste Hamilton sich geschlagen geben.

Die aufregendste Szene des Nachmittags ereignete sich unterdessen weiter hinten im Feld. Der bereits im ersten Qualifikationsdurchgang ausgeschiedene und entsprechend weit hinten gestartete Kimi Räikkönen verlor auf der ersten Runde die Kontrolle über seinen Ferrari, kam ins Schleudern und traf im rechten Winkel den McLaren seines ehemaligen Teamkollegen Fernando Alonso. Der rote Wagen bohrte sich tief unter den schwarzen. Beide Fahrer blieben unverletzt. Ein "eigenartiger Unfall", fand Alonso. Anklage gegen den auf den härteren Reifen gestarteten Räikkönen wollte er allerdings nicht erheben: "Das passiert leider mal", so Alonso.

Viel zu ernten hätte es für den Spanier an diesem Sonntag ohnehin nicht gegeben. An seinem McLaren-Honda mussten vor dem Start so viele Teile getauscht werden, dass Alonso im Rennen noch eine Zeit- strafe erwartet hätte. Sein Teamkollege Jenson Button entging Ähnlichem; er musste seinen McLaren in der achten Runde wegen eines Defektes abstellen.

Defekte und Fehler - dieses Thema zog sich durch den überraschend kühlen Nachmittag. 14 Grad Lufttemperatur, dazu ein frischer Bergwind: Für die Protagonisten fühlte es sich nicht unbedingt nach einem Juni-Grand-Prix an. Es ähnelte eher einer Wintertestfahrt. Wie bei Übungsauftritten agierte auch Sebastian Vettels Ferrari-Crew, als die Nummer eins des Teams vorbeischaute, um sich neue Reifen aufziehen zu lassen.

Der überraschendste Fehler passiert dem WM-Führenden

Beim Mechaniker, der sich um den rechten Hinterreifen kümmern sollte, klemmte der Schlagschrauber. Und klemmte. Und klemmte. 13 Sekunden Standzeit statt wie geplant drei: Das kostete Vettel Rang drei. Der viermalige Weltmeister nahm den Dämpfer für seine Verhältnisse erstaunlich gelassen hin. "Schade, ich hätte gerne einen Pokal mitgenommen", sagte Vettel, "so ein Fehler ist aber menschlich, das passiert halt."

Der überraschendste Fehler passierte allerdings dem WM-Führenden und Titelverteidiger. Unter dem Eindruck der souveränen Vorstellung seines Teamkollegen zeigte Lewis Hamilton Nerven. Auf der Strecke konnte er Rosberg nicht attackieren. Über die Boxenstrategie konnte er ihm auch nicht gefährlich nahe kommen. Auf dem Weg zurück nach einem Reifenwechsel schoss Hamilton dann über das Ziel hinaus: Er ließ seinen Silberpfeil über die durchgezogene Linie sausen, welche die Ausfahrt der Boxengasse begrenzt. Weil die Rennkommissare aufmerksam waren, brachte ihm das Manöver nicht die erhofften Hundertstelsekunden, sondern fünf Sekunden Strafaufschlag auf seine Endzeit.

Formel 1 in Österreich
:Rosberg fährt voraus

Mercedes-Duell bei der Formel 1 in Österreich: Nico Rosberg überholt den Kollegen Lewis Hamilton am Start und zieht vorne einsame Runden. Hamilton erhält zudem eine Strafe. Sebastian Vettel verpasst durch einen verpatzten Boxenstopp das Podium.

"Ich habe halt gepusht": So lakonisch versuchte Hamilton seinen Lapsus zu begründen, der Rosberg den Sieg endgültig zuspielte. Am Ende musste Hamilton froh sein, dass es in der Schlussphase keinen Safety-Car-Einsatz mehr gab. Wäre das Feld nochmals zusammengestaucht worden, hätte er wohl sogar mehrere Plätze verloren. "Ein blöder Fehler", tadelte Niki Lauda, der Chef des Aufsichtsrates des Mercedes-Teams deshalb seinen Bestverdiener.

Nico Rosberg musste sich unterdessen von Gerhard Berger beim Interview auf dem Siegertreppchen fragen lassen: "Warum fährst du eigentlich nicht immer so aggressiv und perfekt?" Rosberg gelobte für die letzten elf Rennen Besserung: "Jetzt sind es nur noch zehn Punkte Rückstand. Das ist nicht viel. Da ist wirklich noch alles drin."

© SZ vom 22.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: