Formel 1:Die drei großen Baustellen des Sebastian Vettel

Großer Preis von Spanien

Sebastian Vettel hinkt in Spanien hinterher.

(Foto: dpa)
  • Der WM-Zweite Sebastian Vettel verliert beim Großen Preis von Spanien weiter an Boden auf den führenden Titelverteidiger Lewis Hamilton.
  • Während sich Mercedes am Wochenende in Weltmeisterform zeigte, hing Ferrari beim richtungsweisenden Europaauftakt hinterher.
  • Schwierigkeiten mit den Reifen, der Zuverlässigkeit und die Strategie des Teams machen Vettel zu schaffen.

Von Anna Dreher, Barcelona

Der vierte Platz, das war natürlich nicht das Ergebnis, das Sebastian Vettel sich vorgestellt hatte. Er ist Rennfahrer, ein sehr ehrgeiziger noch dazu, seine Konkurrenten beobachtet er auf der Strecke am liebsten in Miniaturform vom Rückspiegel aus. Beim Großen Preis von Spanien aber war ein anderer schneller, einer noch schneller und einer am schnellsten über die Ziellinie des Circuit de Catalunya gefahren: Max Verstappen, Valtteri Bottas und - mit 20,6 Sekunden Vorsprung - Lewis Hamilton. Vettel hat nach fünf Rennen 17 Punkte Rückstand auf den WM-Führenden Hamilton, der am Sonntag seinen 64. Sieg in der Formel 1 feierte und sagte, er werde in dieser Nacht schlafen wie ein Baby, weil er wisse, er habe sehr gute Arbeit geleistet.

Es wäre also nachvollziehbar gewesen, wenn Vettel nach dem Rennen verärgert geschaut und auf Fragen von Journalisten nur knapp geantwortet hätte, damit er sich so bald wie möglich zurückziehen kann. Aber er schaute nicht verärgert und antwortete auch nicht knapp. Der 30-Jährige saß entspannt im Motorhome seines Arbeitgebers Ferrari und analysierte das eben zu Ende gegangene Formel-1-Rennen. Zwischendurch lächelte er dabei und hätte das Mikrofon keinen Ton gehabt, hätte man meinen können, da ist einer ziemlich zufrieden mit seiner Welt. War er aber eigentlich gar nicht. "Ich habe viele Male gesagt, dass dieses Team stark ist und viel Potenzial hat", sagte Vettel. "Wir müssen aber sicherstellen, dass wir die Probleme ansprechen, die wir haben. Und dass wir zusammen in die richtige Richtung arbeiten."

In dieser Form dürfte es schwierig mit dem WM-Titel werden

Ferrari hatte beim Auftakt in die Europa-Saison, der als richtungsweisend für das verbleibende Jahr gilt, gleich mehrere Baustellen. Vettel listete sie auf: Sein Team habe das gesamte Wochenende Schwierigkeiten mit den Reifen gehabt, mit den neuen Pneus von Pirelli aber müssten alle Rennställe arbeiten. Außerdem seien die Ferraris nicht schnell genug und das ganze Wochenende ein schlechtes in Sachen Zuverlässigkeit gewesen - sein Teamkollege Kimi Räikönnen musste in der 25. Runde mit Motorenproblemen aufgeben, schon im Freien Training am Freitag hatte der Finne mit dem Antrieb zu kämpfen gehabt. "Das sind drei Dinge, die wir sehen müssen", sagte Vettel. "Es gibt keine Entschuldigungen dafür." Hinzu kam ein taktischer Fehler beim Boxenstopp, der Vettel am Ende Platz drei kostete, weil er als einziger der fünf vorderen Fahrer zwei Mal zum Reifenwechsel musste. Kurz nach dem Start hatte er Bottas überholen und Platz zwei ergattern können - den er dann aber verlor. Die italienische Zeitung La Repubblica schrieb von einem bleichen Rot der Ferraris, "ja sogar blutleer" seien sie gewesen.

Von 2010 bis 2013 ist Sebastian Vettel mit Red Bull Weltmeister geworden. Vier Mal am Ende einer Saison der Beste zu sein, hat außer ihm der Franzose Alain Prost geschafft - und Lewis Hamilton. In diesem Jahr kämpfen also zwei Fahrer darum, mit dem Argentinier Juan Manuel Fangio gleichzuziehen, der in den fünfziger Jahren fünf Mal die WM gewann. Nur Michael Schumacher ist mit sieben Titeln bislang unerreicht geblieben. In dieser Form aber, und das hat Vettel an diesem Wochenende zu spüren bekommen, dürfte es schwierig für ihn werden, endlich mit der Scuderia zu triumphieren.

Nach den beiden Siegen zum Auftakt hat der Ferrari-Pilot drei Mal das Podium verpasst, während Mercedes sich an diesem Wochenende erstmals in dieser Saison wieder in seiner dominanten Weltmeisterform zeigte. In den vergangenen vier Jahren hieß der Titelträger Mercedes: drei Mal Lewis Hamilton (2014, 2015, 2017) und ein Mal Nico Rosberg. Dennoch bleibt Vettel auf und neben der Strecke gelassen, was schon länger auffällt. "Ich weiß nicht, was in diesem Jahr anders ist", sagte er am Wochenende. "Wir wissen, was wir machen müssen, um das Beste rauszuholen. Gewisse Dinge lassen sich dabei nicht ändern, vielleicht stehe ich da in diesem Jahr einfach drüber."

Hamilton bricht einen Rekord von Michael Schumacher

Noch plagen Schwankungen alle drei Top-Teams - neben Mercedes und Ferrari gehört auch Red Bull dazu, das sich über den dritten Platz von Max Verstappen, 20, vor allem deswegen so freute, weil der Niederländer oft in Unfälle verwickelt war und wichtige WM-Punkte vergab. Sein Teamkollege Daniel Ricciardo wurde Fünfter. Alle Podiumsplätze gerechnet, steht es nun 7:5 für die Silberpfeile bei drei Pole-Positions für Ferrari durch Vettel. Er und Hamilton haben jeweils zwei Mal gewinnen können. Hamilton aber war in Barcelona so überlegen, dass es für die anderen Rennställe nur beunruhigend sein kann.

Dieser Sieg fühle sich fast wie sein erster an, sagte Hamilton, ein Erlebnis sei das gewesen, eine fast perfekte Synergie. Und in der Tat war es ein besonderer Erfolg: Der Brite fuhr nicht nur zum 30. Mal nacheinander in die Punkte, es war sein 41. Sieg von Startplatz eins aus - damit brach er einen Rekord von Schumacher. Surreal fühle sich das an. "Das Auto und ich, wir waren heute eine Einheit. Das hatte ich in dieser Saison bisher noch nicht", sagte der 33-Jährige. Er habe den Ingenieuren gesagt, was sie verändern sollten, um ihn schneller zu machen: "Da habe ich den Vorteil, Weltmeister zu sein, die Leute hören dir zu." Im Rennen habe er gepusht und versucht, das Auto und sich ans Limit zu bringen, um sich zu verbessern, zu verbessern, zu verbessern. Lewis Hamilton wiederholte seine Zielsetzung drei Mal, damit sie jeder mitbekam. Sebastian Vettel war da längst wieder aus dem Motorhome raus. Ihm bleiben bis zum Rennen in Monaco zwei Wochen Zeit, die richtigen Worte für seine Ingenieure zu finden.

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