Formel 1:"Bianchis Tod war vermeidbar"

Unfalltod von Jules Bianchi mit gerichtlichem Nachspiel

Wer trägt Schuld am Tod von Jules Bianchi? Seine Eltern wollen Gerechtigkeit.

(Foto: dpa)
  • Wer trägt die Schuld am Tod des Formel-1-Piloten Jules Bianchi? Seine Familie will die Verantwortlichen vor Gericht sehen.
  • Im Freien Training vor dem Großen Preis von Monaco gibt es einen Schreckmoment um Jenson Button.
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Von Dominik Fürst

Am Sonntag werden sich die Piloten wieder durch die Gassen von Monte Carlo drängeln, an der Côte d'Azur entlang, an Hochhäusern vorbei, auf einer Straße, die keine Überholmanöver erlaubt, weil sie so eng ist. Die Formel 1 ist in ihrem Wohnzimmer angelangt: Großer Preis von Monaco, sechstes Rennen der Saison. Favorit ist wieder der Deutsche Nico Rosberg, der seinen Wohnsitz in Monaco hat und das Rennen bereits in den vergangenen drei Jahren gewann.

Auf dem glitzernden Monte Carlo liegt auch ein Schatten. Jules Bianchi gewann hier vor zwei Jahren die einzigen WM-Punkte seiner Formel-1-Karriere, ein halbes Jahr später krachte er beim Rennen in Japan unter einen Bergungskran und zog sich irreversible Kopfverletzungen zu. Er starb neun Monate später, mit 25 Jahren. Es war der erste Unfalltod eines Formel-1-Fahrers seit 1994.

"Bianchis Tod war vermeidbar", sagt der Anwalt der Familie

Beim Rennen am Sonntag wird man nicht nur deshalb an ihn denken, weil Bianchi wenige Kilometer von der Strecke entfernt in Nizza gewohnt hat, sondern auch, weil sein Tod nun ein juristisches Nachspiel hat. Bianchis Eltern wollen die Formel-1-Verantwortlichen verklagen, weil der Tod ihres Sohnes vermeidbar gewesen sei. "Wir wollen Gerechtigkeit für Jules", sagt Philippe Bianchi, Vater des Toten. Er fordert Antworten auf ungeklärte Fragen.

Eine interne Untersuchung des Automobil-Weltverbands Fia war im vergangenen Jahr zu dem Ergebnis gekommen, dass Jules Bianchi selbst die Verantwortung für seinen Unfall trage: Er sei zu schnell auf der regennassen Piste unterwegs gewesen und habe die Warnungen der Streckenposten ignoriert. Sie hatten gelbe Flaggen geschwenkt. Aber nun sagt Julian Chamberlayne, der Anwalt der Familie: "Bianchis Tod war vermeidbar."

Die Untersuchungskommission habe zahlreiche Empfehlungen zur Verbesserung der Sicherheit in der Formel 1 gegeben, sie habe aber nicht identifiziert, wo Fehler gemacht worden seien, die zum Tod des Franzosen geführt hätten, sagt Chamberlayne. Es sei überraschend und erschütternd für die Familie Bianchi gewesen, dass die Fia-Kommission dem Fahrer die Schuld gegeben habe.

Bianchis Familie will die Fia, Bernie Ecclestones Formula One Group (FOM) und Bianchis Rennstall Marussia vor Gericht bringen. Es seien Fehler in Bezug auf "Planung, Timing, Organisation und Durchführung des Rennens" gemacht worden. Dieses habe deshalb "unter gefährlichen Voraussetzungen während der Taifun-Saison in Japan" stattgefunden. So zitiert die BBC aus dem Anwaltsschreiben. Wegen eines aufziehenden Wirbelsturms hatten die Rennställe damals an den Veranstalter appelliert, den Start vorzuverlegen. Doch die Japaner weigerten sich, und so war es bei dem zwischenzeitlich unterbrochenen WM-Lauf am Ende beinahe dunkel, als Bianchi verunglückte.

Kanaldeckel trifft Jenson Buttons Wagen

Wer trägt die Schuld? Das wird nun womöglich ein Gericht entscheiden. Wenn es nach Familie Bianchi geht, sollen die Organisatoren Verantwortung übernehmen: "Das ist wichtig, um das Vertrauen der aktuellen und künftigen Fahrer in die Sicherheitsbemühungen zu erhalten", sagt ihr Anwalt Chamberlayne.

Unterdessen debattiert die Formel 1 weiter über die Sicherheit ihrer Fahrer. Die Entscheidung über den ab 2017 geplanten Cockpitschutz soll noch im Sommer fallen, diskutiert wird das "Halo"-System mit einem Bügel über den Köpfen der Fahrer.

"Es war reines Glück"

In Monte Carlo gab es am Donnerstag im Freien Training einen Schreckmoment: Ein losgerissener Kanaldeckel traf den Wagen von McLaren-Pilot Jenson Button, nachdem Nico Rosberg darübergerauscht war. Button blieb unverletzt. "Es war reines Glück, dass der Kanaldeckel relativ nah auf der Erde blieb", sagte er.

Reines Glück. Trotzdem hätte jemand die Verantwortung übernehmen müssen, wenn die Sache schlimmer ausgegangen wäre.

Mit Material der Agenturen

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