Fifa-Kongress:Blatter will nochmal

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Korruption in Katar? Proteste in Brasilien? Diese Themen spielen beim Fifa-Kongress in São Paulo nur eine Nebenrolle. Stattdessen kündigt Fifa-Präsident Joseph "Sepp" Blatter an, für eine fünfte Amtszeit bereit zu sein. Doch der Widerstand aus Europa wächst.

Der warme, bestätigende Applaus im Transamérica Expo Center von São Paulo zauberte ein Lächeln in das Gesicht von Joseph "Sepp" Blatter. Ungeachtet des Widerstands aus Europa und der gravierenden Probleme im Fußball-Weltverband feierte der Fifa-Präsident aus der Schweiz kurz vor dem Anpfiff der WM eine One-Man-Show - die der 78-Jährige noch lange fortsetzen will. "Ich bin bereit", rief Blatter den Vertretern der 209 Mitgliedsverbände am Ende des quälend langen 64. Fifa-Kongresses zu. Das Klatschen, die Bestätigung: "Meine Mission ist noch nicht vorbei: Zusammen werden wir die neue Fifa aufbauen", sagte Blatter. Am 29. Mai 2015 will er sich in seine dann fünfte Amtszeit wählen lassen.

Dem Fifa-Präsidenten steht jedoch ein harter Wahlkampf bevor. Aus dem Kreis der Europäischen Fußball-Union (Uefa) bildet sich eine starke Opposition. Wolfgang Niersbach, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sprach sich bereits für Uefa-Boss Michel Platini als Blatter-Nachfolger aus. "Ich halte ihn für den geeignetsten", sagte Niersbach: "Blatter hat sehr viel Gutes geleistet, aber dieser Übergang bietet sich an - sofern Michel geneigt ist. Platini ist seit 1998 in der Funktionärswelt drin."

Blatter schwebt in anderen Sphären

Vor allem der Umgang mit der "Katargate"-Affäre, die im Zuge der Ermittlungen von Chefermittler Michael Garcia nach der WM in Brasilien zu einem schweren Beben auf der Fifa-Funktionärsebene führten könnte, sowie die Unruhen im WM-Gastgeberland hatten Blatter und die Fifa in den vergangenen Wochen schwer ins Wanken gebracht. "Viele Uefa-Mitglieder wären darüber nicht glücklich. Sie finden, die Fifa hat einen schlechten Ruf und es muss etwas getan werden und das kann nicht passieren, solange Herr Blatter da ist", hatte der Engländer Gregory Dyke vor der Vollversammlung der Fifa-Mitglieder gesagt.

Blatter zeigte sich über die Kritik der Uefa-Vertreter empört: "Ich habe sehr viel einstecken müssen in meinem Leben. Aber so etwas Respektloses habe ich noch nicht erlebt - weder auf dem Fußballfeld, noch im eigenen Hause."

In anderen Kontinentalverbänden hatte Blatter allerdings für seine Pläne warmen Applaus geerntet. CAF-Chef Issa Hayatou (Kamerun), einst ein entschiedener Gegner Blatters, begab sich auf Schmusekurs: "Ich bin sehr zufrieden mit dem, was Präsident Blatter gesagt hat. Wir unterstützen ihn, und ich war sehr glücklich über das, was er den Delegierten erzählt hat."

Der amtierende Fifa-Chef Blatter, seit 1998 im Amt, zeigte sich davon gänzlich unbeeindruckt - und schwebte in anderen Sphären. "Wir fragen uns, ob unser Spiel auch auf anderen Planten gespielt wird", sagte er: "Wir werden nicht mehr nur eine Weltmeisterschaft, sondern interplanetarische Wettbewerbe haben."

Die Uefa bemängelt die Untätigkeit der Fifa

Auf der Erde indessen scheiterte der letzte Schritt der großen Demokratiereform krachend. Die Mitgliedsverbände sprachen sich sowohl gegen eine Alters- als auch gegen eine Mandatsbegrenzung aus - was in den Reihen der Uefa erneut für große Irritationen gesorgt haben dürfte. Der Kontinentalverband bemängelte schon vor der "prinzipiellen Abstimmung" (Blatter), für die eine einfache Mehrheit notwendig war, die Untätigkeit der Fifa, die "keinen Vorschlag" (Niersbach) gemacht hatte.

Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke hatte zuvor die Entscheidung in die Hände des Kongresses gelegt. In seiner Eröffnungsrede kündigte Blatter inhaltsleer an: "Unsere Welt verändert sich, das Spiel verändert sich. Unsere Organisation muss sich ebenfalls verändern. Es ist unsere Pflicht, den Fußball fortschreiten zu lassen." Der Fifa-Boss sprach von "Integrität", es wirkte angesichts der jüngsten Krise mit dem vermeintlichen Korruptionsskandal um die Vergabe der WM 2022 an Katar fehl am Platz.

Zum Abschluss eine Überraschung

Michael Garcia, als Chefermittler der Fifa-Ethikkommission mit der Untersuchung der doppelten WM-Vergabe (Katar und Russland 2018) beauftragt, hatte allerdings nur zu berichten, dass er auch das Material der britischen Zeitung Sunday Times sichtet, das seit anderthalb Wochen für immer neue Negativschlagzeilen sorgt. Das eigentlich für den vergangenen Montag angekündigte Ende der Untersuchung steht damit noch aus, wann der Fifa-Spruchkammer mit dem deutschen Richter Joachim Eckert (München) ein Bericht vorliegt, ist fraglich.

Zum Abschluss des Fifa-Kongresses überraschte Blatter dann noch mit einem Plädoyer für den Video-Beweis. "Warum geben wir den Trainern nicht die Möglichkeit, zwei Entscheidungen anzuzweifeln, wenn sie anderer Meinung sind?", fragte er die Delegierten. Bislang war der Fifa-Chef eher als Gegner technischer Hilfsmittel aufgefallen. Auch die in Brasilien erstmals bei einer WM angewendete Torlinientechnik hatte er lange abgelehnt. Nun will Blatter neue Ideen in das International Football Association Board einbringen, das für Regelfragen zuständig ist und dem er als Fifa-Chef angehört.

© Sz.de/sid/dpa/fie - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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