FC Bayern im Testturnier:Vorhang auf für die neue Dynamik

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Arturo Vidal (mi.): Prägt den neuen Stil (Foto: AP)

Freche Finten und kraftvolle Sprints: Beim 3:0 im Testspiel gegen den AC Mailand deutet der FC Bayern an, wie sich der Spielstil durch die Zugänge verändern wird. Ein Foul bringt Guardiola in Rage.

Aus dem Stadion von Benedikt Warmbrunn, München

Was bleiben wird von diesem ersten Fußball-Abend der neuen Saison in der Münchner Arena, ist auch das Däumchen von Pep Guardiola. Wenige Minuten nach 21 Uhr, da zappelte der rechte Daumen des Trainers des FC Bayern durch die hitzige Münchner Abendluft, aufrecht, die anderen Finger fest in die Hand gekrallt. Guardiola reckte den Daumen mehrmals zu Nigel de Jong, dem Kapitän des AC Mailand. Dann streckte er ihn noch seinem Trainerkollegen Siniša Mihajlović entgegen. Guardiolas Daumen, das war jetzt bittere Ironie. Die Ironie eines Trainers, der auch in der neuen Saison ein leidenschaftlicher Seitenlinienzappler bleiben wird.

Nach 50 Sekunden grätscht Arturo Vidal erstmals beherzt - an der gegnerischen Eckfahne

Wenige Minuten zuvor hatte de Jong Guardiolas Pläne für diesen ersten Fußball-Abend in der Münchner Arena der neuen Saison zerstört. Guardiola wollte die Spieler testen, die sonst nicht so oft zum Einsatz kommen, und einen dieser Spieler, Joshua Kimmich, hatte de Jong in diesem Halbfinale eines Vorbereitungsturniers rüde umgegrätscht, Kimmich musste nach 21 Minuten ausgewechselt werden. Also zappelte Guardiolas Däumchen (später, nach der ersten Halbzeit, auf dem Weg in die Kabine, diskutierte Guardiola erneut erregt mit de Jong über dessen Grobheit).

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Dieser Trainer steht in jedem Fußballspiel unter Strom, selbst in einem Testspiel; meist zappelt ja auch mehr als nur ein Finger. Abgesehen von Kimmichs Verletzung war es jedoch ein wertvoller Abend für Guardiola. Seine Mannschaft besiegte Milan 3:0 (1:0) und trifft im Finale des Vorbereitungsturniers an diesem Mittwoch (20.45 Uhr) auf Real Madrid, das 2:0 gegen Tottenham gewann. Und der Trainer konnte wichtige Erkenntnisse sammeln. Vor allem stand da die Erkenntnis, dass er durch die Zugänge Douglas Costa und Arturo Vidal durchaus das Wesen des Spiels seiner Mannschaft verändern kann.

Vor der Partie ging es jedoch um eine Vertragsverlängerung, stolz verkündet von Karl-Heinz Rummenigge. Der Vorstandsboss lobte einen "tollen Partner", es fielen die Stichworte "loyal" und "Beweis für hohe Qualität" - verlängert wurde der Vertrag allerdings nicht wie von vielen Fans ersehnt mit Guardiola, sondern mit Anteilseigner Audi. Der Namensgeber des Vorbereitungsturniers an diesem Abend bleibt bis 2025 Partner des FC Bayern.

Der Trainer, der seinen auslaufenden Vertrag also weiter nicht verlängert hat, nutzte dann das Spiel als das, was es allenfalls war: als einen Test. So stellte er alle Zugänge in die Startelf, den Chilenen Vidal, den Brasilianer Costa, U21-Nationalspieler Kimmich, den zuletzt verliehenen Dänen Pierre-Emile Højbjerg. Und im Tor stand Sven Ulreich. Es war eine Elf, wie sie in dieser Saison kaum in einem Pflichtspiel zu sehen sein wird. Und doch war es eine Elf, die einen Charakter zeigte, den sich das Team in den Pflichtspielen bewahren könnte.

Costa wirbelte wie in den bisherigen Testspielen auf der Außenbahn, zunächst auf der linken, nach Kimmichs Auswechslung auf der rechten. Übersteiger, freche Finten, Turboantritte - immer wieder brachte der Brasilianer das Event-Publikum zum Raunen. Nach 45 Sekunden dribbelte er erstmals an den Fünfmeterraum, er deutete erneut mehrfach an, dass er die Qualität im Eins-gegen-eins mitbringt, die der Mannschaft zum Ende der vergangenen Spielzeit gefehlt hatte.

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Verstärkt wurde diese neue Dynamik im Spiel des FC Bayern durch Vidals ersten Startelfeinsatz. Guardiola setzte den Chilenen auf die Position hinter der halben Sturmspitze Mario Götze, Vidal dirigierte sofort fast alle wesentlichen Angriffe der Mannschaft, er passte zu Spielern, die in seinem Rücken standen oder er schickte sie in ein aussichtsreiches Laufduell. Kraftvoll sprintete er immer wieder durch die Mailänder Defensive, die allerdings auch auffallend höflich Distanz hielt. Eine andere Qualität demonstrierte Vidal nach 50 Sekunden. Da grätschte er beherzt an der gegnerischen Eckfahne.

Costa und Vidal bestimmten den Rhythmus dieser ersten Halbzeit, durch ihr lebendiges Auftreten beherrschte der FC Bayern die Partie von Beginn an, erspielte sich mehrere Torchancen. Zwei Minuten nach Kimmichs Auswechslung erzielte Juan Bernat die Führung; seinen Schuss hatte allerdings Milan-Verteidiger Cristián Zapata mit dem rechten Schuh abgefälscht (23.).

In den Minuten danach: weitere Torchancen. Nach einer Flanke von Costa drückte Højbjerg den Ball mit der Brust an den Pfosten (28.). Fünf Minuten später klaute sich Costa den Ball, es folgte einer seiner Turboantritte in den Strafraum - den ersten Schuss parierte Torwart Diego López, den Nachschuss setzte Costa über das leere Tor. Die letzte Chance der ersten Halbzeit hatte Vidal, der nach einer Flanke von Rafinha mit dem Kopf die Latte traf (36.). Dann, zur Halbzeit, durften Vidal und Costa draußen bleiben, sie werden ja schon an diesem Mittwoch wieder benötigt.

In der zweiten Halbzeit spielte der FC Bayern ein bisschen wie der FC Bayern in der Vor-Vidal-und-Costa-Zeit, weniger also mit dieser überraschenden Dynamik. In der 74. Minute traf der engagierte Götze nach einer schönen Kombination, Müller legte dem eingewechselten Lewandowski das 3:0 auf (85.). Guardiola, weiter energiegeladen, klatschte kraftvoll. Dann kratzte er seinen rechten Handrücken.

© SZ vom 05.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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