FC Bayern gegen Frankfurt:Ein einziges Gegrätsche

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Nach dem 1:0 in Frankfurt ist der FC Bayern vorzeitig Herbstmeister. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der FC Bayern ist nach dem 1:0 in Frankfurt Herbstmeister.
  • "Das ist nicht von Bedeutung", sagt Trainer Jupp Heynckes, "deswegen schießen wir keine Raketen ab."
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Von Benedikt Warmbrunn, Frankfurt

Die Szene dieser Partie war eine, die nicht wirklich zu ihrem restlichen Verlauf passen wollte. In ihr ging es um eine Geste der Versöhnung, des Verständnisses, fast schon der Freundschaftlichkeit. Die Szene, die eigentlich nicht so recht in diesen Nachmittag hineinpasste, war eine Umarmung.

Es lief die 75. Minute in der Partie zwischen Eintracht Frankfurt und dem FC Bayern, Marius Wolf lief zurück aufs Spielfeld. Drei Minuten zuvor hatte er die rote Karte gesehen, nach einer Grätsche gegen James Rodríguez und war ohne Umwege in die Kabine gelaufen. Anschließend sagten sich die anderen Spieler laut und deutlich, was sich so angestaut hatte in ihnen in den Minuten zuvor, und das war recht viel. Irgendwann löste sich Schiedsrichter Harm Osmers aus diesem Rudel, er lief zur Seitenlinie, schaute sich das Foul auf einem Bildschirm an. Osmers lief zurück, er bat Wolf zu sich, den der Manager aus der Kabine zurückgeholt hatte. Und Osmers zeigte Wolf die gelbe Karte. Dann umarmten sie sich.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Topfit, aber viel zu wild

Arturo Vidal trifft, wird aber dennoch früh ausgewechselt. Jérôme Boateng ärgert seinen Bruder. Und Franck Ribéry perfektioniert die Rolle des Unscheinbaren. Der FC Bayern beim 1:0 gegen Frankfurt in der Einzelkritik.

Von Matthias Schmid, Frankfurt

Es war eine Szene, die für den Videobeweis sprach, für Osmers, für Wolf. Sie stand aber nicht für diese Begegnung. Die war ruppig, umkämpft, geprägt von Einsatz und Willen, nicht aber von Freundschaft, Versöhnung oder Verständnis. Und am Ende dieses Kampfspieles, nach dem 1:0 (1:0)-Auswärtssieg, durfte der FC Bayern die Herbstmeisterschaft feiern. Was jedoch zumindest einer nicht feierte, Jupp Heynckes, der Trainer des FC Bayern. "Das ist nicht von Bedeutung", sagte er, "deswegen schießen wir keine Raketen ab."

Starke ersetzt Neuer-Ersatz Ulreich - und bleibt fehlerfrei

Heynckes hatte die Partie genutzt, um seiner Linie der vergangenen Wochen treu zu bleiben - er wechselte kräftig durch. Auf der Bank saßen zunächst unter anderem Mats Hummels, David Alaba, Corentin Tolisso, Sebastian Rudy und Robert Lewandowski; am Dienstag noch, beim 3:1 gegen Paris Saint-Germain, gehörte das Quintett zur Startelf. Außerdem fehlte Sven Ulreich, der aufgrund von Adduktorenproblemen das Aufwärmen abgebrochen hatte. Ihn ersetzte Tom Starke. Er ersetzte ihn fehlerfrei.

Der Torwart war gleich in den ersten Minuten eine der Hauptfiguren. Frankfurt machte früh Druck, störte das Aufbauspiel des FC Bayern schon an dessen Strafraum. Die beste Gelegenheit der ersten Minuten hatte Ante Rebic, dessen Freistoß Starke abwehrte (7.). Der FC Bayern war in den Anfangsminuten - und überhaupt die meiste Zeit der Partie - hauptsächlich mit der Defensivarbeit beschäftigt. Nach vorne fehlte die Energie, auch die Inspiration. Nach einem langen Ball von Jérôme Boateng nahm Thomas Müller, der als einzige Spitze spielte, den Ball mit der Brust an. Der Ball sprang ihm zu weit weg (15.). Eine Minute später dribbelte Kingsley Coman in den Strafraum hinein, er legte den Ball lehrbuchmäßig zurück an den Elfmeterpunkt. Dort stand allerdings kein Mitspieler. Das waren bereits die Höhepunkte der Anfangsphase.

Das einzige Tor des Nachmittags fiel daher etwas überraschend. Nach einem Eckball klärten die Eintracht-Verteidiger so, dass der Ball wieder zurück zu Joshua Kimmich kam. Der hatte Zeit, er hatte auch den Überblick. Mit dem linken Fuß flankte er auf den langen Pfosten, dorthin hatte sich Arturo Vidal begeben, er musste nur noch den Kopf hinhalten, Tor (20.).

Beide Mannschaften hatten dann bis zur Pause noch gute Torchancen. Coman traf nach einem Dribbling das Außennetz (28.). Starke parierte erneut gegen Rebic (25.) sowie gegen Willems (40.). Dann begann der Teil der Partie, der ausschließlich vom Kampf bestimmt war.

Der FC Bayern zog sich in der zweiten Halbzeit weit vor das eigene Tor zurück. Sie wollten jetzt keinen weiteren Treffer mehr erzielen, sie wollten nur noch ein Gegentor verhindern. "Es hat Spaß gemacht, auch mal den Fighter herauszukehren", sagte Müller. Es wurde also gegrätscht, abgedrängt, abgefangen. Manchmal wurde auch etwas rustikaler gegrätscht, abgedrängt, abgefangen. Beide Mannschaften arbeiteten jetzt vor allem mit körperlicher Härte. Der FC Bayern hatte in der zweiten Halbzeit keine nennenswerte Tormöglichkeit. Der einzige Torschütze des Nachmittags, Vidal, wurde in der 55. Minute von Heynckes ausgewechselt, er war stark gelbrot-gefährdet. Die Frankfurter Fans sangen daraufhin ein paar Beschimpfungen gegen den Bayern-Trainer, den sie seit dessen Zeit in Frankfurt in der Mitte der Neunzigerjahre nicht ganz so gerne haben.

Alle wirken gereizt. Chancen gibt es praktisch keine mehr

Beide Mannschaften wurden dann zunehmend emotional, die rustikale Gangart verursachte eine leichte Gereiztheit. Spürbar wurde das besonders nach dem Foul von Wolf an James, als jeder jedem etwas zu sagen hatte. Nach der Partie gestand allerdings auch Javier Martínez, dass Osmers richtig entschieden habe. Der Mittelfeldspieler des FC Bayern sagte: "Gelbe Karte."

Die Eintracht, angetrieben durch die eigene Emotionalität, hatte anschließend noch ein paar Ansätze zu Torchancen, wirklich gefährlich wurde der Gastgeber aber auch nicht. Süle rutschte vor Haller in eine Flanke (81.). Kevin-Prince Boateng schoss aus der Distanz weit vorbei (81.). Martínez klärte eine Flanke von Wolf zur Ecke (86.). Das waren die fußballerischen Höhepunkte der zweiten Halbzeit. Ganz unpassend war das nicht. Es war ja auch kein Nachmittag, der auf fußballerische Höhepunkte ausgelegt war.

© SZ vom 10.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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