FC Bayern auf China-Tour:Vergnügt im Vogelnest

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Gut gelaunt beim Ping-Pong: Thomas Müller (links) und Philipp Lahm. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Die Bayern erleben in China ungewöhnliche PR-Termine von Tischtennis bis Karaoke. Nebenbei gelingt ein 4:1 gegen Valencia. Nur Mario Götze irritiert mit seinen Aussagen über einen Wechsel.

Von Maik Rosner, Peking/München

Als der zweite Tag der China-Tour für den FC Bayern zu Ende ging, waren nicht nur die Fans um einige Eindrücke und Erlebnisse reicher, sondern vor allem die Profikicker aus dem fernen München. Zahlreiche und teils eher ungewöhnliche PR-Termine hatten die Spieler ja absolvieren müssen, aufgeteilt in diverse Kleingruppen, um alle Unternehmen bedienen zu können, die sich mit dem FC Bayern präsentieren wollten - und natürlich umgekehrt.

Wenn die Eindrücke nicht täuschen, haben den Fußballern ihre eng getakteten Auftritte in Peking aber mindestens ebenso viel Freude bereitet wie den euphorischen chinesischen Fans, die schon bei der Ankunft am Freitag am Flughafen, im Hotel und später im Stadion nach Leibeskräften kreischten. Er habe "selten so etwas erlebt", berichtete Kapitän Philipp Lahm, es sei die "die Hölle los" gewesen.

Bevor am Samstagabend im ersten der drei Tests der Marketingreise der FC Valencia in Pekings National- und Olympiastadion überzeugend 4:1 bezwungen wurde, waren die Münchner an ihren ersten beiden der insgesamt neun Tage ausgeschwärmt, um sich auf etlichen Werbeterminen in Chinas Hauptstadt zu zeigen. Und so vergnügt wie die Bayern nach dem Testspielsieg im Vogelnest durch die Tore von Thomas Müller (16./45.+1 Minute), Thiago Alcántara (54.) und Robert Lewandowski (69.) auftraten, so beschwingt hatte sich die Belegschaft auch zuvor präsentiert.

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Das galt vor allem für Rafinha und Thiago Alcántara beim in ganz Asien sehr beliebten Karaoke. Oder auch für Lahm und Müller, die als Doppel im Tischtennis gegen die Welttranglistenerste Ding Ning und den ehemaligen Weltranglistenersten Wang Hao antraten. "Die Laufwege haben gepasst", bilanzierte Müller gewohnt launig, passend zu seinem chinesischen Kosenamen Erwa, verrücktes Baby.

Es ist mitten in der Vorbereitung eine sportlich eher ungünstige und anstrengende PR-Tour, die der FC Bayern noch bis zum kommenden Freitag durchzieht. Und gemessen an den zahlreichen Fans in Bayern-Trikots unter den 49.000 Zuschauern beim Test gegen Valencia scheint der Bedarf an Merchandising-Artikeln in China schon recht gut gedeckt zu sein. Mit Sprechchören auf Deutsch feierten die Chinesen gar den FC Bayern.

Doch natürlich versprechen sich die Münchner noch weitaus größere Absatzzahlen im mit fast 1,4 Milliarden Menschen größten Binnenmarkt der Erde, zumal der Fußball dort künftig staatlich angeschoben werden soll, als Unterrichtsfach in den Schulen. "Für den Weltfußball wird China in den nächsten Jahren viel wichtiger werden. Es ist das größte Land der Welt mit einem unheimlichen Potenzial", frohlockte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge, "wir haben hier große Interessen und werden regelmäßig hierherkommen." Er hoffe, "dass die vielen chinesischen Fans auch viele Bayern-Trikots kaufen werden".

Mit dem Auftritt gegen Valencia dürften die Münchner zumindest einige Sympathisanten dazugewonnen haben. Ohne die angeschlagen oder verletzt in München gebliebenen Arjen Robben, Franck Ribéry, Holger Badstuber, Dante und Jan Kirchhoff sowie die in Peking geschonten Jérôme Boateng (Magenverstimmung), Mario Götze (Muskelverhärtung), Javier Martínez (Patellasehnenbeschwerden) und Manuel Neuer agierte Pep Guardiolas Mannschaft meist klar überlegen.

Vor allem Lahm überzeugte im rechten Mittelfeld mit zwei sehenswerten Torvorlagen, jeweils für Müller. Zugang Douglas Costa leitete Thiagos Treffer per Übersteiger und rasantem Antritt ein. Und Lewandowski düpierte beim 4:1 Valencias deutschen Nationalspieler Shkodran Mustafi mit einem Solo samt Schlenzer. "Wie wollten guten Fußball spielen. Das ist uns über weite Strecken überraschend gut gelungen", sagte Lahm, selbst ein bisschen erstaunt.

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Obwohl also Götze beim Test nicht dabei war, sorgte er für Aufsehen. Und Aufhorchen. Mit einem Interview, das er bei goal.com gab und das vor allem in Turin mit großem Interesse verfolgt werden wird: Eine "tolle Saison gespielt" habe Juventus, "außerdem haben sie in den vergangenen Jahren viele Titel gewonnen, das ist ein tolles Team", sagte Götze. Ob er aus seinem bis 2017 laufenden Vertrag auszusteigen gedenkt und einen Wechsel nach Italien plant? "Ich werde das jetzt nicht kommentieren, weil es nichts zu sagen gibt." Und doch gab es nioch etwas zu sagen: "Ich denke, im Ausland zu spielen könnte eine gute Erfahrung sein. Man lernt eine neue Sprache und eine neue Kultur kennen. Aber ich bin erst am Anfang meiner Karriere und werde sehen, was die Zukunft bringt."

Die nahe Zukunft führt an diesem Sonntag die Bayern zur zweiten Station Shanghai, wo am Dienstag gegen Inter Mailand auch der zweite Test ansteht. Am Donnerstag folgt das letzte Spiel im südchinesischen Guangzhou gegen den Landesmeister Evergrande mit dem brasilianischen Trainer Luiz Felipe Scolari. Bis dahin wird es neben Flügen, kreischenden Fans und ein paar Trainingseinheiten noch viele PR-Termine geben. Darunter werden sicher auch wieder ein paar eher ungewöhnliche Auftritte sein. Wie jener, als Guardiola Boateng einen kumpelhaften Fausthieb versetzte, weil der Innenverteidiger über des Trainers unfreiwillige Kurzhaarfrisur witzelte. Oder jener, als Guardiola zur Abwechslung auch mal als Kicker gefordert war, beim Trickschießen auf eine LED-Wand. Er hat jeweils sehr vergnügt gewirkt. China scheint auch dem Katalanen Spaß zu machen.

Spätestens mit der Rückkehr nach Deutschland wird es aber wieder ernst. Und Guardiola ließ erkennen, worum es ihm in dieser Saison vor allem geht. Er wolle, sagte er, seine Spieler in seinem dritten und womöglich letzten Jahr in München "noch mehr pushen, um am Ende gegen die großen Teams der Welt gewinnen zu können". Der Titel in der Champions League ist sein Ziel. Anders ließ sich auch seine Ansage, man wolle "voll angreifen", kaum deuten. Fürs China-Marketing wären große Erfolge in Europa sicher auch sehr zuträglich.

© SZ vom 19.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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