Fangewalt in Stadien:Glaubensfragen in der Fankurve

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Mit rechtsradikalen Parolen haben Anhänger des FSV Zwickau bei einem Oberligaspiel die Zwickauer Terrorzelle gefeiert - andere Fans im Stadion protestierten gegen die Geschmacklosigkeit. So könnte sich eine Form der Bürgerpflicht in deutschen Stadien entwickeln, gegen Chaoten in den eigenen Reihen vorzugehen: Schalkes Aufsichtsratchef Clemens Tönnies hat es vorgemacht.

Philipp Selldorf

Rund 2000 Zuschauer haben am vergangenen Freitag das Derby der Oberliga Nordost/Süd zwischen dem FSV Zwickau und der Zweitvertretung von Erzgebirge Aue besucht. Für ein Spiel aus der fünften Liga ist das ein stattlicher Zuspruch, aber auf einige Besucher hätte der FSV gern verzichtet. Eine Gruppe von Fans hatte während der Partie rechtsradikale Parolen gerufen, durch die sie die Zwickauer Terrorzelle feierte, deren Taten zurzeit die Nachrichten beherrschen.

Zwischen Fußballfans: Schalke-Aufsichtsratsboss Clemens Tönnies. (Foto: dpa)

Für das Verhalten dieser Leute muss sich der Klub nun vor dem ganzen Land rechtfertigen. "Die verbalen Entgleisungen faschistischer Gesinnung" habe der ganze Verein "mit Entrüstung und Besorgnis zur Kenntnis genommen", teilte der FSV in einem Statement mit und versprach, die "Brandstifter" zwecks Bestrafung ausfindig machen zu wollen. Was man dazu unternehmen will, blieb unerklärt.

Die Polizei und die Sicherheitsdienste haben ihre Methoden, um auffällige und ausfällige Leute auf den Tribünen zu erfassen, aber am nächsten dran an denen, die aus der Masse heraus agieren bzw. agitieren, sind diejenigen, die neben ihnen stehen. Ein Zwickauer Fanbetreuer sagte, es habe im Publikum Proteste gegen die nazistischen Rufe gegeben, "Leute, die sich mit deutlichen Worten dagegen gewandt haben".

Je nach Situation kann es sehr mutig sein, Tribünennachbarn entgegenzutreten, die unerträgliches Zeug rufen. Trotzdem ist die Frage: Reicht das? Oder kann es sogar eine Form von Bürgerpflicht sein, zur Überführung der "Brandstifter" beizutragen?

Die Debatte, die darüber in Zwickau geführt wird, die gibt es zurzeit in vielen Vereinen, wenn auch mit anderem Hintergrund. Seit den in gewisser Form exemplarischen Vorfällen beim Pokalspiel zwischen Dortmund und Dresden ist die Diskussion um das Feuerwerk in den Fankurven ein akutes Thema, es spaltet die Fanszene in Befürworter, Dulder und Gegner.

Am Samstag passierte es nun, dass der Schalker Aufsichtsratschef Clemens Tönnies während des Spiels in Dortmund in der Fankurve stand und miterlebte, wie in seiner Nähe Schalker Fans verbotenes Feuerwerk zündeten. Die Betreffenden hat er dann mit seinem Handy fotografiert, um die Bilder auswerten zu lassen. "Es geht nicht ums Denunzieren, sondern darum, kriminelle Handlungen zu bekämpfen", sagte Tönnies und warf damit eine Glaubensfrage nicht nur unter Schalkern auf.

Ein Teil der Fußball-Anhänger feiert ihn für sein resolutes Handeln, ein anderer betrachtet ihn, überspitzt gesagt, als Verräter. Dabei geht es gar nicht um ihn. Sondern darum, wie weit jeder einzelne für seine Überzeugung einstehen sollte. Und dafür hat er kein schlechtes Beispiel gegeben.

© SZ vom 30.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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