Färöer in der WM-Qualifikation:Die Größten unter den Zwergen

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Die färöische Fußballnationalmannschaft (Foto: imago sportfotodienst)

Die Färöer zählen mittlerweile zu den Besten der kleinen Fußballnationen - weit stärker als Andorra oder Liechtenstein. Um in der WM-Qualifikation gegen die deutsche Nationalmannschaft zu bestehen, setzt das Team auf Kunstrasen und schlechtes Wetter.

Von Boris Herrmann, Torshavn

Leider ist das Wetter gerade sehr gut auf den Färöer-Inseln, leichte Brise, heiter bis wolkig, sommerliche elf Grad. Das ist natürlich ein Problem für Lars Christian Olsen. Wenn das Wetter so bleibt, steigen die Chancen, dass am Dienstagabend im Tórsvóllur-Stadion ein ganz normales Fußballspiel stattfindet. Olsen, der dänische Trainer der färöischen Nationalelf, sagt: "Vielleicht zieht ja bis zum Anpfiff noch ein kleines Stürmchen auf."

Man macht sich als Festlandeuropäer vielleicht eine falsche Vorstellung davon, was sie da oben im Atlantik als "Stürmchen" bezeichnen. Wenn es da mal etwas windiger wird und das tosende, brüllende Meer sich aufbaut, "dann ist es, als ob die Inseln sich zusammenkrümmten und festkrallten, um dem Angriff ihr Gewicht entgegenzusetzen". So steht es jedenfalls in einer imposant getexteten Infobroschüre, die das Fremdenverkehrsamt in Tórshavn (gesprochen: Torschaun) herausgibt.

In der färöischen Liga wird es bisweilen toleriert, wenn ein Mitspieler beim Elfmeter den Ball festhält, falls gerade so ein Stürmchen vorbeikommt. Nationaltrainer Olsen sagt: "Meine Spieler sind es gewohnt, im Regen und im Sturm zu spielen."

Olsen weiß, wie man die deutsche Nationalelf besiegt. Er war der Kapitän jener dänischen Mannschaft, die 1992 zur EM nachnominiert wurde und im Finale den Weltmeister bezwang. Olsen weiß aber auch: Es muss schon einiges zusammenkommen, wenn man solche Fußballwunder vollbringen möchte. Schlechtes Wetter wäre aus seiner Sicht die Grundvoraussetzung, damit seine Mannschaft ihren Heimvorteil ausspielen kann.

Und vielleicht, so hofft Olsen, brauchen die Deutschen ja auch ein paar Minuten, um sich an die Platzverhältnisse zu gewöhnen. Das ist natürlich ein feiner Trick von den Färingern, ihre 18 Inseln sind größtenteils mit Wiesen in den saftigsten Grüntönen überzogen, selbst auf den Dächern der Wohnhäuser wächst Gras. Das Spiel gegen Deutschland findet aber ausgerechnet auf jenem Flurstück statt, auf dem ein Kunstrasen liegt.

Gleichwohl macht sich Olsen nicht allzu viele Illusionen, dass es ausgerechnet am Dienstag was wird mit dem ersten Punktgewinn der WM-Qualifikation. "Deutschland ist eine der besten drei Mannschaften der Welt", sagt er. Macht aber nichts, es geht für ihn ja nicht um Punkte bei diesem Spiel, sondern darum, "etwas zu lernen".

Olsen ist bei aller Bescheidenheit aber auch der Meinung, dass seine Spieler schon ein bisschen was gelernt haben, seit er diesen Job 2011 übernommen hat. "Wir sind inzwischen besser als Andorra und Liechtenstein, ich sehe uns auf einem Niveau mit Malta und Luxemburg", sagt er.

DFB und Löw vor Vertragsverlängerung
:Reise in die vollendete Zukunft

Die Vertragsverlängerung mit Bundestrainer Joachim Löw bis 2016 ist offenbar beschlossene Sache. Sollte sich die DFB-Elf auf den Färöern für die WM qualifizieren, könnte es schnell gehen. Denn eine diplomatische Hängepartie wie bei den Verhandlungen vor drei Jahren soll unbedingt vermieden werden.

Von Boris Herrmann

So ähnlich sieht das auch Bundestrainer Joachim Löw, für den die Färöer inzwischen zum Besten gehören, was die europäischen Fußballzwerge zu bieten haben.

Vielleicht ist Lars Christian Olsen gerade so etwas wie der Löw des Nordatlantiks. Wenn er über Fußball spricht, klingt er ähnlich wie sein deutscher Kollege, man muss in Gedanken nur den südbadischen durch einen dänischen Zungenschlag ersetzen. Olsen schwärmt von modernem Offensivfußball mit jungen Spielern. Sein Problem ist, dass diese Spieler erst nach Feierabend Zeit haben. Sein Glück ist wiederum, dass er trotz seiner Reformfreude bislang von jeder Form von Abwehr-Debatten verschont geblieben ist.

Die Teams der Färöer stehen traditionell gut sortiert am eigenen Sechzehner und sie bekommen, gemessen an ihrem Weltranglistenplatz (175), erstaunlich wenig Gegentore. Die höchste Niederlage der Länderspielgeschichte war ein 1:8 gegen Jugoslawien im Jahr 1996. "Die Probleme beginnen, wenn wir an den Ball kommen", sagt Olsen.

Die Fußballbegeisterung ist trotzdem gigantisch. Das Spiel gegen Deutschland ist seit Monaten ausverkauft. 6000 Zuschauer passen ins Stadion, wegen Umbauarbeiten sind am Dienstag aber nur 3500 zugelassen. Das ist aber immer noch eine stolze Zahl, wenn man bedenkt, dass auf diesen Inseln zwar 75 000 Schafe, aber nur 40 000 Menschen leben.

Beim Hinspiel in Hannover (0:3) waren 800 Gästefans dabei. "Rechnen Sie sich das mal aus", sagt Olsen, "das ist so, als würden 1,6 Millionen Deutsche mit zum Auswärtsspiel nach Tórshavn kommen."

© SZ vom 10.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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