Doping:Plötzlich hat Bradley Wiggins Asthma

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Bradely Wiggins hat 2012 die Tour de France gewonnen. Fünf Mal holte der Brite olympisches Gold, zuletzt in der Mannschaftsverfolgung in Rio. (Foto: AP)

Wofür brauchte der fünffache Rad-Olympiasieger starke Medikamente? Wiggins verspricht Transparenz, vernebelt aber offenbar die Wahrheit. Eine Fallhöhe, aus der er stürzen könnte.

Kommentar von Johannes Knuth

Spitzensportler sind ja schon ein interessantes Volk. Sie setzen sich den Errungenschaften der modernen Hochleistungsindustrie aus, überwacht von Ärzten und Wissenschaftlern. Gleichzeitig werden manche von ihnen immer kränker, beantragen Ausnahmegenehmigungen (TUEs), die ihren maladen Körpern dringend benötigte Medizin verschaffen, leistungsfördernde Mittel inklusive. Dieser Trend war bereits bekannt, ehe eine Hackergruppe jüngst in die digitale Datenbank der Welt-Anti-Doping-Agentur einbrach und Dutzende TUEs im Internet ausstellte. Nun steckt erstmals einer der Betroffenen aus dem Sportadel in der Klemme: Sir Bradley Wiggins, Großbritannien.

Wiggins ist mit prächtigen Meriten behängt, fünf Olympiasiege, acht WM-Titel, ein Tour-de-France-Gewinn. Er verbrachte sechs Jahre beim Team Sky, von 2010 bis 2015. Dessen Teamdoktor Steven Peters hat vor drei Jahren der Sunday Times gesagt, dass man Fahrer, die akut an Asthma leiden, lieber aus dem Rennen nehme, anstatt ihnen eine Ausnahmegenehmigung zu verschaffen.

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In Wiggins Autobiografie ist von Asthma-Problemen nirgendwo die Rede

Wiggins' Daten zeigen nun, dass er drei TUEs für das starke Kortikoid Triamcinolon erhielt: vor der Tour de France 2012, die er gewann, dazu vor der Tour 2011 und dem Giro d'Italia 2013. Der Grund: Asthma. "Es ging nicht darum, einen unfairen Vorteil zu erlangen. Ich leide mein Leben lang unter Asthma", verteidigt sich Wiggins nun. In seiner 2012 erschienenen Autobiografie ist von Asthma aber nirgendwo die Rede; 2012 habe er nur "ein oder zwei Mal kleine Erkältungen gehabt", steht dort. Was zwei Erklärungen zulässt: spontanen Gedächtnisverlust oder Wiggins und Sky nahmen es mit ihrer oft beschworenen Transparenz doch nicht so genau. Und jetzt?

Wiggins beteuert, er habe keine Regel verletzt. Fürsprecher sagen, er habe sich für mögliche Malaisen gerüstet, na und? Aber das leitet die Debatte an einem zentralen Thema vorbei. Wiggins und Sky simulierten damals Transparenz, sie öffneten den Beobachtern einen Spalt im Vorhang, anstatt die Hinterbühne ganz freizugeben. So wie der Sport mit seinem Anti-Doping-Management, das oft nur so viel von den Ferkeleien zeigt, dass das Publikum nicht die Lust verliert.

Wiggins ist selbst Schuld, dass seine Leistungen ins Zwielicht geraten

Sportler des 21. Jahrhunderts stecken in einer Glaubwürdigkeits-Falle. Sie fordern Vertrauen vom Publikum ein, das eingedenk der Skandale das Vertrauen verliert. Sie verweisen auf Dopingkontrollen, um ihre Integrität zu belegen, doch diese Kontrollen sind lückenhaft. Was eben den Verbänden zu verdanken ist. Doch wer Transparenz simuliert und in Wahrheit offenbar vernebelt, wie Sky und Wiggins, der klettert in eine Fallhöhe, von der aus der Sturz umso härter ausfällt. Der rückt ins Zwielicht, obwohl er keine Formalität verletzt hat.

© SZ vom 28.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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