Doping im Sprint:Endlich schreckt die Branche auf

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Tyson Gay und Asafa Powell - zwei der schnellsten Menschen der Welt waren offenbar gedopt.  (Foto: dpa)

Die Leichtathletik erlebte durch Usain Bolt einen echten Aufschwung. In ihr Anti-Doping-System musste man bisher aber kein übergroßes Vertrauen haben. So gesehen können die prominenten Fälle Gay und Powell jetzt hilfreich sein - als Zeichen, dass die Fahnder doch was draufhaben.

Ein Kommentar von Thomas Hahn

Die Aufregung ist groß jetzt, da die Sprint-Berühmtheiten Tyson Gay und Asafa Powell ihre positiven Doping-Tests öffentlich gemacht haben, und man ist geneigt zu sagen: endlich. Dass in Russland ständig hochdekorierte Leichtathleten wegen Leistungsmanipulationen gesperrt wurden. Dass in der Türkei die 1500-Meter-Olympiasiegerin Asli Cakir Alptekin aufflog.

Dass kürzlich die dreimalige Olympiasiegerin Veronica Campbell-Brown aus Jamaika einen Diuretika-Befund abgab. Hat alles nicht gereicht für eine ernsthafte Debatte über den Zustand des olympischen Kernsports. Aber jetzt sind die Namen größer. Gay. Powell. Zwei Männer, die sich jahrelang einmischten in die Frage, wer der schnellste Mensch sei, beschäftigen offiziell die Sportgerichte. Da schreckt die Branche plötzlich auf: Himmel, wir sterben am Doping-Problem.

Die Frage ist: Stirbt ein Sport an den Dopingaffären, die er hat, oder an denen, die er nicht hat. Seit den Enthüllungen um den kalifornischen Nahrungsergänzungs-Hersteller Balco herrschte doch eigentlich ziemlich viel Frohsinn rund um die Tempo-Fraktion der Leichtathletik. Wunderläufer Usain Bolt schnellte voraus, setzte neue Maßstäbe und verzauberte mit viel Charme ein Weltpublikum.

Der Verdacht war was für Spaßverderber. Seit dem Testosteron-Fall des 2004-Olympiasiegers Justin Gatlin 2006 hatte es von der Prominenz der Kurzstrecke schließlich viele, viele Negativ-Ergebnisse gegeben. Die neue Generation der Sprinter rannte schneller als die überführten Steroid-Sportler der Vergangenheit - aber die blanken Bilanzen der Fahnder sagten, dass alles gut sei. Ob's stimmte?

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Von den zehn schnellsten Sprintern der Geschichte sind bis heute nur zwei unbelangt: Der jamaikanische Weltrekord-Mann Usain Bolt und sein Kollege Nesta Carter. Alle anderen 100-Meter-Läufer in den Top Ten wurden als Doper überführt, gesperrt oder standen vor Gericht. Einer dealte sogar mit Heroin. Eine Übersicht.

Von Jonas Beckenkamp

Übergroßes Vertrauen musste man jedenfalls nicht haben ins Anti-Doping-System der Leichtathletik, die durch Bolt einen echten Aufschwung erlebte. So gesehen können die prominenten Fälle jetzt hilfreich sein. Als Zeichen, dass die Fahnder doch was drauf haben. Vor allem aber als Beitrag zur Wahrheitsfindung. Letzteres funktioniert allerdings nur, wenn Verbände, Sportler und Trainer die Fälle mit schonungsloser Transparenz aufarbeiten.

Ein Dopingfall wird erst dann so richtig schlimm, wenn er im Verborgenen bleibt und den Außenstehenden das schale Gefühl beschleicht, es gehe bei der Aufarbeitung nur darum, Leute zu decken oder große Dinge klein zu halten. Insofern werden die nächsten Wochen zeigen, ob die Leichtathletik einen Nutzen aus der neuen Aufregung ziehen kann.

Lassen Weltverband IAAF und ihre Mitgliedsverbände undurchsichtige Milde walten? Oder befördern sie eine entschlossene Bestandsaufnahme, die am Ende zu der Erkenntnis führen könnte, dass Lieblinge des Sports wie Veronica Campbell-Brown oder Tyson Gay nie so sauber waren, wie sie sein wollten?

© SZ vom 16.07.2013/jbe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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