Deutsche Nationalmannschaft:Thomas Müller trifft wieder

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Die Mission Titelverteidigung läuft - und die DFB-Elf siegt zum Auftakt der WM-Quali locker 3:0 in Norwegen. Der Bayern-Stürmer überwindet seine Ladehemmung im Nationaltrikot.

Thomas Müller plumpste auf den Rasen, der Ball kullerte davon, für jeden normalbeweglichen Fußballspieler wäre die Situation nun vorbei gewesen. Für Müller fing sie erst so richtig an. Vom Boden aus wuchtete er sich in den Stand, er trat noch einmal nach dem Ball, fiel dabei wieder hin, im Fallen traf er aber gerade so noch den Ball. Dann lag Müller wieder auf dem Rasen. Und der Ball kullerte ins Tor.

Es ist zuletzt viel darüber diskutiert worden, wie lange Müller kein Tor mehr geschossen hat. Nicht im ersten Bundesliga-Spiel für den FC Bayern, nicht bei der Europameisterschaft, überhaupt für die deutsche Nationalmannschaft seit Oktober 2015 in keinem Pflichtspiel mehr. Am Sonntag, in der ersten Partie der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2018 in Russland, setzte sich diese Serie fort, allerdings nur 14 Minuten lang. Dann plumpste Müller auf den Rasen, um von dort aus diese ihm eigene Beweglichkeit zu demonstrieren, die so kunstvoll zwischen Akrobatik und Slapstick pendelt. Ende der Debatte.

Müllers Tor leitete einen souveränen Sieg der deutschen Mannschaft ein, sie gewann in Oslo gegen Norwegen ungefährdet 3:0 (2:0), auch das dritte Tor erzielte Müller. Es war ein unaufgeregter Abend, ein erfolgreicher Start in das Projekt der WM-Titelverteidigung, doch für weitere, tiefer gehende Erkenntnisse war der Gegner zu schreckhaft, zu vorsichtig, zu überfordert: "Wir haben ein gutes Auswärtsspiel gemacht, haben Tore erzielt, hätten aber auch ein paar mehr machen können", fasste der Doppeltorschütze vom FC Bayern den Abend zusammen.

Neun Weltmeister in der Startelf

Zum 139. Mal verantwortete Bundestrainer Joachim Löw ein Länderspiel, in dieser Statistik hat er nun gleichgezogen mit Helmut Schön; noch häufiger betreute eine DFB-Elf allein Sepp Herberger, auf ihn fehlen Löw noch 28 Spiele. Der so routinierte Bundestrainer setzte in Norwegen unbeirrt seinen Weg fort, er vertraute auf das ihm bekannte Personal. Neun Weltmeister von 2014 standen in der Startelf, hinzu kamen die Außenverteidiger Joshua Kimmich und Jonas Hector.

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Wie diese ähnlich routinierte Mannschaft die Partie beherrschte, damit war Löw sehr zufrieden. "Norwegen war heute nicht so stark", sagte der Bundestrainer, "aber sie sind auch nicht ins Spiel gekommen, weil wir den Ball gut laufen gelassen haben, weil wir die Positionen gut gehalten haben."

Im Vergleich zur Europameisterschaft in Frankreich, bei der seine Mannschaft bisweilen Schwierigkeiten hatte, sich viele hochwertige Szenen im Strafraum zu erspielen, agierte die DFB-Elf in Oslo zielstrebig, direkt, mitunter auch fantasievoll; allerdings begleiteten die Norweger diese Bemühungen großzügig, indem sie mit Sicherheitsabstand verteidigten. Kimmich und Hector positionierten sich weit vorne, unterstützten das Spiel über die Außenbahnen, von denen aus sich das Team bevorzugt in den Strafraum kombinierte.

In der achten Minute zum Beispiel flankte Julian Draxler von der linken Seite, direkt auf den Kopf von Müller, dieser verzichtete ganz auf Akrobatik und Slapstick, der Ball ging dennoch am Pfosten vorbei. Zwei Minuten später passte Müller zum aufgerückten Innenverteidiger Benedikt Höwedes, dessen gegrätschten Schuss wehrte Norwegens neue Nummer eins, Rune Jarstein, mit dem Fuß ab. Fünf Minuten später dann war von Müller ein ungewöhnlicher Bewegungsablauf gefordert, schon traf er: "Da war einfach das Quäntchen Glück wieder da, das man als Torjäger auch braucht", sagte Müller. "Das war gut für ihn", sagte auch Löw, "das gibt ihm Mut für den Rest der Saison."

Auch danach hatte die DFB-Elf keine Probleme, und wenn doch, dann folgten diese auf eigene Unkonzentriertheiten und Missverständnisse. Joshua King kam durch eine unglückliche Abwehraktion von Kimmich an den Ball, er schoss von der Strafraumgrenze, ziemlich scharf, aber auch deutlich vorbei (24.). Gefährlicher wurde es in der gesamten Partie nicht vor dem Tor von Manuel Neuer, dem neuen DFB-Kapitän. In Ruhe konnte dieser sich von hinten anschauen, wie sich seine Mitspieler weitere Möglichkeiten erspielten. Der herausgeeilte Jarstein klärte vor Draxler (29.), Müller scheiterte mit einem weiteren Kopfball (32.). Kurz vor der Pause leitete der Münchner dafür das zweite Tor ein, nach seinem Zuspiel erzielte Kimmich ausgesprochen abgeklärt sein erstes Länderspieltor (45.).

In der zweiten Halbzeit verschanzte sich Norwegen zunächst wenige Minuten lang nicht mehr ganz so passiv vor dem eigenen Tor, die Gastgeber zeigten sogar Ansätze von Offensivaktionen. Mehr aber nicht. Meist endeten diese Angriffe spätestens an der Mittellinie. Und so dominierten die Gäste weiterhin die Partie, setzten sich bald wieder in der gegnerischen Spielfeldhälfte fest. Fast alle norwegischen Feldspieler zogen sich daraufhin wieder in den Strafraum zurück. Dort verstellten sie dennoch nur wenige Passwege, besonders auffällig war dies in der 60. Minute. Ungestört spielte der ansonsten unauffällige Mario Götze zu Kimmich, der zurück zu Götze, der weiter zu Sami Khedira. Der flankte aus dem Halbfeld, auf den Kopf von Müller, und dieses Mal traf er.

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"Natürlich gibt es Ansatzpunkte für uns, uns noch zu verbessern", sagte Löw, "in der Effizienz zum Beispiel, das war auch gegen Frankreich im EM-Halbfinale das große Problem."

In der letzten halben Stunde verwaltete die deutsche Elf das Ergebnis, das war selten spektakulär, aber mehr verlangte ihr dieser Gegner auch nicht ab.

Der eingewechselte Julian Brandt kam am häufigsten zum Abschluss, nach einem eigenen Dribbling, nach einer Flanke, ein Treffer gelang aber auch ihm nicht mehr. Doch das mit der Effizienz war ja an diesem Abend auch kein wirklich großes Problem.

© SZ vom 05.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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