Deutsche bei den Australian Open:Fehlerlos auf dem Sonnengrill

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Blau auf blau: Angelique Kerber in Melbourne. (Foto: Getty Images)

Zwei Deutsche bieten der Affenhitze von Melbourne die Stirn: Mit Angelique Kerber und Florian Mayer erreichen Profis das Achtelfinale, mit denen nicht zwangsläufig zu rechnen war. Noch eine gute Nachricht: Es wird kühler.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Der "Show Court 3" ist schön, nicht so groß wie die drei Hauptarenen, nicht so klein wie die Plätze 4 bis 15, dafür ist er ein hinterhältiger Platz. Gleich nebenan, auf dem Garden Square, genießen die Besucher der Australian Open unter Bäumen den Schatten, Wasserfontänen erzeugen eine erträglichere Luft; hier lässt es sich in diesen Tagen aushalten, da die Hitze das alles überlagernde Thema ist.

Auf dem Weg zum Court 3 sollte man also lieber die Augen verschließen und nicht daran denken, was einen gleich erwartet. Der Außenplatz ist derart offen ausgerichtet, dass man sich wie auf einem Sonnengrill fühlt im Inneren des Ovals. Für diesen Zustand, wenn es brutzelt und brennt, haben die Bewohner von Melbourne einen hübschen Begriff, sie sprechen dann von "real scorcher", so was wie Affenhitze ist gemeint. Und dieser Affenhitze hat nun ein Deutscher die Stirn geboten.

"Das ist ein Riesenerfolg für mich", sagte Florian Mayer, der endlich mal unbescheiden genug war, um sich in einem bemerkenswert frischen Vortrag selbst zu loben. Der Davis-Cup-Spieler, aktuell die Nummer 37 der Welt, hatte lange dieses Etikett an sich haften, keine echte Wettkampfhärte zu besitzen; manchmal in früheren Berufstagen erweckte er einen lustlosen Eindruck. Dieses Etikett hat er indes schon lange entsorgt, wie er am Freitag wieder bewies.

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:Brennende Fragen

Wegen der exzessiven Hitze setzen die Organisatoren der Australian Open in Melbourne einen Notfall-Plan in Kraft. Spieler und Trainer sind trotzdem verärgert: Die Kriterien, nach denen über Weiterspielen oder Aufhören entschieden wird, geben Rätsel auf.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Nach dem 7:5, 6:2, 6:2 gegen den Polen Jerzy Janowicz befand Mayer, es gerade "unter diesen Bedingungen" gut gemacht zu haben. "Ohne Jammern auf dem Platz, ich habe die Faust geballt und mich gepuscht", führte er aus - und freute sich auch über sein taktisches Verständnis. "Ich habe schon beim 2:2, 3:2 gemerkt, dass es bei ihm nicht so läuft", sagte er, und dass der Zwei-Meter-Mann "müde" war. Daher habe er die Bälle solide übers Netz gespielt und den aufschlagstarken Weltranglisten-20. die Fehler machen lassen. Mayer selbst fabrizierte im ersten Satz keinen einzigen "unforced error", was er schmunzelnd zur Kenntnis nahm - "ich kam nicht dazu". Zum ersten Mal hat er das Achtelfinale dieses Grand-Slam-Turniers erreicht. "Bisher wurde ich ja immer belächelt", sagte er: "Jetzt heißt es in der Umkleidekabine: Wow, der kann ja auch bei Hitze spielen."

Dass sich Florian Mayer als letzter verbliebener Deutscher im Männerfeld so weit vorkämpfte, ist bezeichnend für seinen Willen, wobei er die verletzt ausgeschiedenen Philipp Kohlschreiber und Tommy Haas in Schutz nahm: Es sei "blöd gelaufen" bei den Kollegen, deren Einsatz für das Davis-Cup-Spiel Ende Januar in Frankfurt gegen Spanien nach wie vor fraglich ist. Mayer hat nichts gezwickt, er hat nur nach seinen Spielen kurz über die Hitze geklagt - auf den Plätzen war davon nichts zu hören. "Da muss ich mir selbst helfen", erklärte er. Überhaupt hat er ja jetzt einen aufgeräumten Plan: "Ich will noch mal zwei Jahre Vollgas geben und die Klappe halten auf dem Platz." Diese Herangehensweise hat ihm einen besonders feinen Termin eingebrockt. In der Runde der letzten 16 trifft er auf den Spanier David Ferrer, die Nummer drei der Weltrangliste. Mayer hat ihn schon mal besiegen können.

Kerber im Achtelfinale gegen Penetta

Bei den Frauen ist Angelique Kerber die einzige Deutsche, die noch im Wettbewerb ist. Die Kielerin gewann in der dritten Runde gegen die Amerikanerin Alison Riske 6:3, 6:4. Mit ihrem defensiv ausgerichteten Konterspiel kontrollierte Kerber die Partie, sie war diesmal aber auch mit ihren offensiven Qualitäten zufrieden. "Ich habe versucht, mehr Schüsse zu wagen", sagte sie.

Mutiger zu sein, die Initiative häufiger zu übernehmen, das sind so Dinge, an denen sie mit ihrem neuen Trainer Benjamin Ebrahimzadeh arbeitet, neben ihrer chronischen Schwäche, dem Aufschlag. Im Achtelfinale misst sich Kerber, die an diesem Samstag 26 Jahre alt wird, mit Flavia Pennetta, die Italienerin hatte Mona Barthel (Neumünster) 6:1, 7:5 besiegt.

Eine erfreuliche Neuigkeit - und eine schlechte für den hinterhältigen Court 3 - erfolgte von oben. Der "cool change" von Melbourne, dieses regionale Klimaphänomen, trat wie angekündigt ein. Der Wetterumschwung nahm ab 16.30 Uhr Fahrt auf, binnen 30 Minuten sackte die Temperatur von 42,2 auf 31,9 Grad ab. Um 20 Uhr, als ein Platzregen die Spiele vorübergehend unterbrach, zeigte das Thermometer unglaubliche 25,6 Grad an. Melbourne ist erst einmal erlöst.

© SZ vom 18.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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