Derbysieg des 1. FC Nürnberg:Zurück zum Glauben gekullert

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Nürnbergs neuer Coach Weiler bringt Schweizer Pragmatik nach Franken. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Stabiler, mutiger, glücklicher: Beim 2:1 gegen den TSV 1860 beweist der 1. FC Nürnberg, dass unter dem neuen Trainer René Weiler Fortschritte möglich sind. Nach den Experimenten der Vergangenheit hilft der Fokus aufs Wesentliche.

Von Jonas Beckenkamp

Wer den Fußballtrainer René Weiler bei seinem Wirken in Nürnberg beobachtet, könnte leicht den Eindruck bekommen, dass dieser Mann von Plauderei wenig hält. Der Schweizer beantwortet Reporterfragen gerne mit einem schlichten Satz. Er ist dabei nicht unfreundlich, aber doch recht wortkarg. Das bestätigte sich nach dem 2:1 (2:1) seiner Mannschaft am Montagabend gegen den TSV 1860 München.

"So ein Sieg tut uns natürlich sehr gut", erklärte der 41-Jährige, "nach einigen Problemen zu Beginn haben wir das Spiel kontrolliert." Weiler wirkte noch tief versunken in jene 90 Minuten, auf die er eigentlich recht zufrieden blicken konnte. Unter seiner Leitung schaffte der Club den zweiten Erfolg im dritten Spiel, nach dem 2:1 gegen Tabellenführer Ingolstadt bei seinem Debüt war der Sieg im Derby gegen die Löwen nun der zweite Heimsieg für den neuen Coach.

Als Belohnung für den enormen Aufwand, den sein Team an diesem eisigen Abend betrieben hatte, gab es einen warmen Empfang in der Nordkurve. Die Fans versöhnen sich langsam wieder mit der Elf, die zu Saisonbeginn häufig planlos, verunsichert und fragil dahergekommen war. Nach dem Bundesliga-Abstieg mussten sie in Nürnberg beinahe den ganzen Kader umbauen, zahlreiche etablierte Profis verließen den FCN, einige andere wie der langjährige Torhüter Raphael Schäfer fanden sich plötzlich auf der Bank wieder.

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:Nürnberg genießt den Weiler-Effekt

Der Trainerwechsel beim 1. FC Nürnberg zeigt Wirkung: Der Club entscheidet das Bayernderby gegen den TSV 1860 2:1 für sich und klettert auf Tabellenrang zwölf. Alessandro Schöpf und Jakub Sylvestr treffen für die Gastgeber. Ein Platzverweis begünstigt den FCN.

Beim Club ist man Kummer und Chaos gewohnt - aber dass es in der 2. Liga wochenlang eher in Richtung Abstiegsplätze gehen würde als in sonnige Gefilde, hatte wohl niemand erwartet. Nun scheint mit dem ruhigen Pragmatiker Weiler ein Coach gefunden, der die Mannschaft zumindest vorläufig stabilisiert hat. Gegen die Löwen funktionierte vor allem in der ersten Halbzeit vieles von dem, was zuletzt beim 0:1 in Braunschweig nicht geklappt hatte.

Die Nürnberger bewiesen Mut, sie wirkten gelöst und strahlten endlich wieder Gefahr aus. Weiler konstatierte nach einem Holperstart zwar richtigerweise, man habe "in den ersten Minuten Glück gehabt, kein Tor zu kassieren", aber danach wurde es rasant besser. "Wir hatten viele Chancen und hätten sogar 3:0 führen können", so der gebürtige Winterthurer. Damit hatte er ebenso Recht.

Dass sich die Franken immerhin eine schnelle 2:0-Führung erspielten, lag an den Treffern von Alessandro Schöpf (14. Minute) und Jakub Sylvestr (17.). Schöpf nutzte bei seinem Slalomlauf einen Ausrutscher von Löwen-Verteidiger Christopher Schindler, der später über den "seifigen Boden" schimpfte. Er war einfach auf die Nase geplumpst, als er Schöpf aufhalten wollte. Der Club-Torschütze, an diesem Abend bester Nürnberger, beschrieb die Szene so: "Ich habe den Ball bekommen und wollte Eins gegen Eins gehen - im Endeffekt habe ich es mit Risiko und etwas Glück geschafft. Es war ein Kullerball."

Solche Glücksmomente waren unter Weilers Vorgänger Valérien Ismaël selten, jetzt begünstigen eben auch Fehler des Gegners die Geschicke des FCN - so simpel, so wirkungsvoll. Der zweite Treffer gelang kurz danach, als Schöpf einen feinen Steilpass zu Sylvestr entsandte und der klinisch präzise vollstreckte. Auch den dritten Treffer des Abends setzten übrigens die Nürnberger: Beim 1:2 der Löwen lenkte Abwehrmann Jürgen Mössmer eine Flanke von TSV-Bubi Maximilian Wittek ins eigene Tor (28.). Danach brachten die Münchner aber nicht mehr viel zustande.

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Als nach 58 Minuten auch noch der ehemalige Nürnberger Martin Angha mit einem zweifelhaften Platzverweis (Gelb-Rot nach einem harmlosen Luftzweikampf gegen Dave Bulthuis) vom Feld musste, erlahmten die Löwen zusehends - während der Club wie ein gut geölter Motor vor sich hin werkelte. "Wir haben das heute als Mannschaft sehr gut gemacht", sagte Schöpf, der das Konzept von René Weiler auf den Punkt brachte: "Wir haben hinten eigentlich wenig zugelassen und schnell nach vorne gespielt."

Mit solch einfachen Mitteln scheint in Nürnberg fürs erste eine Taktik gefunden, die zum sprunghaften Auftreten des Teams passt. Weiler ist ja bereits der vierte Coach, der sich in diesem Jahr am wankelmütigen Frankenfußball versucht - vielleicht bringt sein Fokus auf die wesentlichen Elemente des Spiels nun den Glauben zurück. Nach den schiefgegangenen Versuchen mit Gertjan Verbeek und Ismaël geht es in kleinen Schritten voran. Erster Zwischenstopp nun: Platz zwölf.

Alessandro Schöpf fasste die Situation so zusammen: "Es ist wichtig, dass wir auf uns schauen und so viele Punkte wie möglich sammeln. Die Tabelle lassen wir erst mal beiseite." Dieser Satz hätte garantiert auch von Weiler stammen können.

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