Dennis Schröder in der NBA:Diva für eine Nacht

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Jordan Clarkson (li.) und Wayne Ellington versuchen es - doch Dennis Schröder ist schneller. Der Deutsche ist in großer Form. (Foto: AFP)

Er wird immer besser: Dem deutschen Basketballer Dennis Schröder gelingt gegen die Lakers der stärkste Auftritt seiner NBA-Karriere. Das hat auch mit seinem Trainer zu tun.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es gibt in der Oper diesen Moment, da haben die Statisten Sendepause. Sie stehen am Rand der Bühne und gucken gebannt und zungeschnalzend auf diese wunderbare Frau in der Mitte, die zu singen beginnt. Alle im Saal wissen: Nun wird es spannend. So ähnlich war es auch am Sonntagabend im Staples Center in Los Angeles, dem Opernhaus der körperlichen Ertüchtigung: Bei der Partie zwischen den Lakers und den Atlanta Hawks waren noch ein paar Sekunden zu spielen, der nächste Korb konnte die Entscheidung bringen. Die Nebendarsteller rückten zur Seite, um die Bühne der prägenden Figur zu überlassen.

Das war an diesem Abend der deutsche Basketballspieler Dennis Schröder, mit einer schönen Körpertäuschung umspielte er den ersten Gegner, mit einer formschönen Drehung den zweiten - dann sorgte er mit einem einfachen Korbleger für das 87:83.

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Die Partie war gelaufen, am Ende hieß es 91:86 für die Hawks, die mit einer Bilanz von 52:14 die Eastern Conference anführen und mittlerweile als ernstzunehmender Titelkandidat gelten. Schröder schaffte ein sogenanntes Double-Double, ihm gelangen 24 Punkte und zehn Zuspiele - die beste Leistung seiner Karriere.

"Der Trainer hat den Spielzug ausgesucht und mir vertraut", sagte Schröder danach über die Aktion kurz vor dem Ende: "Ich habe mich entwickelt, er spricht jeden Tag mit mir und ich freue mich nun darüber, dass er mir in entscheidenden Situationen einer Partie den Ball gibt."

Der Trainer fördert Schröder

Er, das ist Mike Budenholzer, der Trainer der Hawks, der entgegen anderslautender Indizien in der amerikanischen Profiliga NBA erkannt hat, dass es sich bei Basketball tatsächlich um einen Mannschaftssport handelt und nicht um eine Oper mit wenigen echten Protagonisten und zahlreichen am Rand der Bühne positionierten unbedeutenden Figuren.

Individuelle Statistiken interessieren Budenholzer ungefähr so viel wie das Wetter außerhalb der Arena während einer Partie. In Trainingseinheiten verlangt er Abspiele nach höchstens zwei Sekunden Ballbesitz, den entscheidenden Wurf am Ende einer Partie bekommt nicht der Akteur mit dem höchsten Saisonsalär - sondern der, der ihn an diesem Abend überzeugt hat und dem er den erfolgreichen Abschluss dieses Spielzugs am ehesten zutraut. Gegen die Lakers war das Schröder - der auch deshalb von Beginn und so lange (38 Minuten) agieren durfte, weil Budenholzer dem Stamm-Aufbauspieler Jeff Teague eine Ruhepause verordnet hatte.

"Er spricht jeden Tag mit mir, vor der Partie gegen die Lakers hat er mir gesagt, auf meine Kollegen zu achten - aber mir auch einen Wurf zuzutrauen, wenn ich frei bin", erklärte Schröder danach: "Meine Entwicklung habe ich komplett den Trainern zu verdanken. Natürlich war ich im vergangenen Jahr böse, als sie mich in die D-League geschickt haben," sagt er über die Probleme zu Beginn seiner NBA-Laufbahn, "aber ich sehe jetzt, dass es mir ungemein geholfen hat, dass sie mich derart angetrieben haben. Alles, was ich damals machen musste, zahlt sich nun aus."

Noch immer werden die Hawks ein wenig belächelt, trotz der zweitbesten Bilanz der gesamten Liga (nur die Golden State Warriors sind mit 52:13 besser) weigern sich zahlreiche Beobachter, diese Mannschaft tatsächlich ernst zu nehmen. In der auf Muskeln und Helden fokussierten Liga fehlt bei den Hawks einer, der in der engeren Auswahl bei der Suche nach dem MVP, dem wertvollsten Spieler, geführt wird.

Schröder punktet konstant

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Es gibt den Scharfschützen Kyle Korver, den Ballverteiler Jeff Teague, den Korbverteidiger Al Horford und Alleskönner Paul Millsap - und den zuletzt herausragend agierenden Ersatzmann Dennis Schröder, der in den vergangenen sechs Spielen jeweils zweistellig punkten konnte.

"Mein Selbstvertrauen ist höher, weil ich zum einen viel an mir gearbeitet habe, zum anderen der Trainer zu mir gesagt hat, dass ich mein Spiel spielen und mich nicht so viel kümmern soll", sagt Schröder. An diesem Abend, gegen die Lakers, da durfte er die Diva sein bei der Aufführung. Schon gegen die Sacramento Kings am Montagabend könnte er wieder einer der Nebendarsteller sein.

Schröder macht das nichts aus, er weiß: Mit Budenholzer als Trainer könnte es durchaus sein, dass diese Atlanta Hawks auch dann noch auf dem Parkett stehen, wenn 28 andere Vereine zu zungeschnalzenden Zuschauern degradiert wurden und gebannt die Finalserie der NBA verfolgen.

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