Phil Taylor bei der Darts-WM:Der Typ mit der perfekten Darts-Figur

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Eine Legende seiner Sportart: Phil Taylor, 57, tritt bald ab. (Foto: imago/Martin Hoffmann)
  • Phil Taylor spielt seine letzte Darts-WM - und träumt von seinem 17. Titel, den er zum Abschluss gewinnen will.
  • Doch seine beste Zeiten, als er die Szene nach Belieben dominierte, liegen lange zurück.

Von Sven Haist, London

So richtig lässt sich nicht feststellen, ob nun Darts mehr von Phil Taylor profitiert hat oder umgekehrt. Gemeinsam haben sich die Professional Darts Corporation (PDC) und Taylor nämlich über die vergangenen Jahrzehnte hinweg aus den englischen Kellerkneipen auf die internationalen Showbühnen gearbeitet. In zweieinhalb Wochen muss Darts nun ohne Taylor auskommen. Dann, nach der gerade begonnenen WM im Alexandra Palace, nimmt Phil Taylor, 57, seinen Abschied.

Die Spielstätte mit Platz für etwa 2500 Zuschauer ist seit Jahren der Austragungsort des wichtigsten Turniers des Jahres. Erhaben thront der sogenannte Ally Pally auf einer Anhöhe über der englischen Hauptstadt - wie Taylor über dem Darts. Mit 216 Titeln hat er sich ein Preisgeld von 8,5 Millionen Euro erspielt. Als erstem Profi gelang ihm zweimal in einer Partie "das perfekte Spiel", als er jeweils nur neun Würfe benötigte, um den Ausgangswert von 501 auf null zu setzen.

Acht Weltmeistertitel in Serie

Auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft, zwischen 1995 und 2006, gewann Taylor elf von zwölf Weltmeisterschaften, davon acht in Serie. Der Versuch, ihn in dieser Phase zu schlagen, sagte der Kommentator Sid Waddell, sei so, als wolle man "Zuckerwatte im Windkanal" essen. Wenn Taylor die Möglichkeit hatte, das Spiel mit einem Wurf auf sein geliebtes Feld der Doppel-16 zu entscheiden, flog der Pfeil quasi ferngesteuert ins Ziel.

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Der Größte seines Sports sagt, er habe keine Kraft mehr - und will bald seine Karriere beenden. Der Engländer war 16 Mal Weltmeister.

Er hält unzählige Rekorde, manche davon vermutlich auf Ewigkeit. Unvergessen ist Taylors Coup an Neujahr 2013, als er sich im Finale gegen den damals aufstrebenden Niederländer Michael van Gerwen seinen 16. WM-Titel sicherte - mit einem Wurf auf die Doppel-16. Der Spielplan hat nun dafür gesorgt, dass sich Altmeister Taylor und sein designierter Nachfolger van Gerwen, Titelverteidiger und Nummer eins der Welt, auf den Tag genau fünf Jahre später wieder im Endspiel begegnen könnten. "Er verdient jede Anerkennung, die man ihm geben kann", sagte van Gerwen vor der WM über Taylor, "zwischen uns herrscht Respekt, und Phil weiß, dass mein Top-Level höher ist als seins". Und er fügte an: "Ehrlicherweise denke ich, dass ich ihn schlagen würde, wenn wir wieder unser bestes Niveau zeigen."

Der Großteil der Fans träumt davon, dass es Taylor schafft, mit seinem 17. WM-Titel nach einem finalen Treffer auf die Doppel-17 abzutreten. Bei seiner letzten Aufführung ist dieses Szenario genauso denkbar wie ein Aus am Abend in der ersten Runde gegen den englischen Youngster Chris Dobey.

Mit zunehmendem Alter hat Taylor von seiner Aura verloren und die Professionalisierung des Darts neue Konkurrenten hervorgebracht. Zwei Deutsche sind dabei, Martin Schindler und Kevin Münch. Dass sie kaum eine Chance besitzen, in der entscheidenden Turnier-Phase vertreten zu sein, schadet dem Interesse in Deutschland nicht: Die karnevaleske Veranstaltung gilt als willkommene Abwechslung zwischen den Feiertagen, bei der erlaubt ist, was sonst in der Bevölkerung argwöhnisch begutachtet wird. Das steigende Interesse überträgt sich auf das Preisgeld, zum ersten Mal werden mehr als zwei Millionen Euro unter den Spielern verteilt.

Die Hauptattraktion im Ally Pally ist nach wie vor Taylor. Wer den Mann aus der Arbeiterregion Stoke-on-Trent im Nordwesten Englands auf der Bühne sieht, denkt wegen dessen hängenden Schultern und korpulenter Figur zunächst nicht an einen professionellen Athleten. Dabei ist Taylor ideal proportioniert für Darts. Durch seine Körpergröße steht er auf Augenhöhe mit dem Mittelpunkt der Scheibe, die exakt 1,73 m über dem Boden angebracht ist.

Dazu kommt seine Fähigkeit, Gegner auch psychisch piesacken zu können. Die Interaktion mit dem Publikum hat ihm oft geholfen, sich aus misslichen Lagen zu befreien. Die Menschen lassen ihn hochleben, weil sie in Taylor das Klischee bestätigt sehen, dass jeder nach ganz oben kommen kann. Bevor Phil Taylor für die Darts-Welt zu "The Power" wurde, schraubte er in einer Keramikfabrik für geringen Lohn Zapfhähne und Toilettenpapierhalter zusammen. Seine Beliebtheit kennt jedoch Grenzen. Ein sexueller Übergriff kurz vor der Jahrtausendwende brachte ihm eine Geldstrafe ein und die Aberkennung des britischen Verdienstordens.

© SZ vom 15.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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