Darts:Schnappatmung im Darts dank Barney

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Der Niederländer Raymond van Barneveld will von nun an zumindest kürzertreten und sich seiner Familie widmen. (Foto: imago/Action Plus)
  • Raymond van Barneveld ist ein Schwergewicht der Darts-Szene, doch jetzt erstaunt er mit seinem vermeintlichen Rücktritt.
  • Nur kurze Zeit später gibt er bekannt, dass der Sport für ihn nun eine andere Rolle einnimmt.

Von Carsten Scheele

In der Darts-Welt ist es ein offenes Geheimnis, dass Raymond van Barneveld, genannt "Barney", ein ziemlich schlechter Verlierer sein kann. Scheidet er früh bei einem Turnier aus, so wie am Sonntag im Viertelfinale der UK Open, ist er für einige Stunden ungenießbar.

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Jeder weiß das, und trotzdem waren seine Kollegen baff, als van Barneveld nach dem 8:10 gegen Peter Wright seinem Ärger auf ungewöhnliche Weise Luft machte: Der Niederländer, einer der besten Dartsspieler der Welt, war dermaßen bedient, dass er kurzerhand seinen Rücktritt ankündigte. "Von heute an wird es Zeit, das Leben zu genießen und Darts Darts sein zu lassen", schrieb van Barneveld bei Facebook. Ein kurzer Satz, der die Darts-Gemeinde in Schnappatmung versetzte.

Sein Vater war Lkw-Fahrer, er selbst Postbote

Van Barneveld, 49, geboren in Den Haag, ist ein Schwergewicht der Szene, nicht nur optisch: Mit fast 1,90 Metern und einigen Kilos auf den Rippen ist er ungewöhnlich massig für einen professionellen Dartsspieler. Von den Fans wird er geliebt wie sonst vielleicht nur noch Phil Taylor, das bekannteste Gesicht der Szene. Van Barnevelds Geschichte ist fast zu kitschig, um wahr zu sein: Er stammt aus einfachen Verhältnissen, sein Vater war Lkw-Fahrer, er selbst Postbote, als er 1998 fast aus dem Nichts die Weltmeisterschaft des Verbands BDO gewann.

Sein Leben veränderte sich gewaltig, Darts hat ihn zum Millionär gemacht, daheim in den Niederlanden gehört er seitdem zu den bekanntesten Sportlern überhaupt. Er kann kaum über die Straßen laufen, ohne Autogramme schreiben zu müssen. Als van Barneveld Ende der Neunzigerjahre seinen ersten von bislang fünf Weltmeistertiteln gewann, löste er einen Boom in den Niederlanden aus. Er ist sehr beliebt, auch bei den ausländischen Darts-Fans, die "Barney-Army" begleitet ihn lautstark zu all seinen Turnieren. Kein anderer Spieler kann sich auf einen solch treuen Fanklub verlassen, nicht einmal Taylor.

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Groß war die Erleichterung deshalb, als van Barneveld seine eigene Rücktrittserklärung am Montag zumindest teilweise revidierte. Nein, er werde nicht sofort aufhören, erklärte er. Der Facebook-Post vom Sonntag war eher eine Kurzschlussreaktion, verfasst aus der Enttäuschung heraus; trotzdem wolle er für die Zukunft sicherstellen, dass Darts "nicht mehr an Position eins, zwei und drei in meinem Leben steht". Er sei um ein besseres Gleichgewicht bemüht, wolle mehr Zeit mit seiner Familie, seinen vier Kindern und seinem Enkel verbringen. Er leidet zudem an Diabetes. Van Barneveld sagte, er werde trotz allem weiter Turniere spielen, auch in anderthalb Wochen beim Premier-League-Heimspiel in Rotterdam will er antreten.

Phil Taylor mag auch nicht mehr

Der Generationswechsel ist im Darts trotzdem eingeleitet. Phil Taylor, der 16-malige Weltmeister, hat bereits angekündigt, Ende des Jahres seine außergewöhnliche Karriere zu beenden. Nun will in Raymond van Barneveld eine weitere populäre Figur kürzertreten. Die ständig wachsende Sportart, die sich längst vom reinen Kneipenvergnügen emanzipiert hat, muss überlegen, wie sie künftig ohne zwei ihrer größten Zugpferde funktionieren kann.

© SZ vom 07.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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