Cristiano Ronaldo:"Ich bin nicht der Teufel"

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  • Cristiano Ronaldo schießt Real Madrid zum 33. Meistertitel.
  • Mit 40 Pflichtspieltoren wahrt der Portugiese seinem Club die Chance auf das Double aus Meisterschaft und Champions League.
  • Anhaltende Kritik und schwere Vorwürfe trüben jedoch die Freude des 32-Jährigen.

Von Javier Cáceres, Málaga/Berlin

Bierdusche? Bestimmt nicht! Zinédine Zidane setzte sich am Sonntagabend in den Presseraum des Stadions des FC Málaga, um die Saison Revue passieren zu lassen, die für Spaniens Rekordmeister Real Madrid mit dem 33. Titel der Geschichte endete, als Nacho, Danilo, Lucas Vázquez, Morata und Marcelo den Raum betraten.

Die Real-Madrid-Profis trugen keine Bierkrüge in den Händen, wie es in Deutschland Usus geworden ist, sondern, wie es sich für eine Milliardentruppe geziemt, Flaschen voller Champagner. Der Pressesprecher konnte sich gerade noch in Sicherheit bringen, für Zidane, den Trainer, war kein Entkommen. Und so troff der Slim-Fit-Anzug des Franzosen zur Feier des Tages vor teurem Schaumwein. Es war ihm egal: "Dies ist der schönste Tag in meinem Leben als Trainer", sagte er, der im vergangenen Jahr mit Real die Champions League gewonnen hatte.

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Daran, dass der Titelgewinn verdient war, bestand aus Sicht der Madrilenen nicht mal der kleinste Zweifel. "Wir waren die beste Mannschaft der Saison", sagte Stürmer Cristiano Ronaldo und dachte sogleich voraus: "Wir haben nun die Chance, Geschichte zu schreiben." Der Meistertitel war nicht nur der erste seit fünf Jahren. Er eröffnet Real Madrid die Möglichkeit, erstmals seit 1958, seit den Tagen also von Gento, Di Stéfano, Puskas und wie sie alle hießen, das Double aus nationalem und europäischem Titel zu gewinnen.

In knapp zwei Wochen, am 3. Juni, bestreitet Real Madrid bekanntlich in Cardiff das Champions-League-Finale gegen Juventus Turin, dort winkt die zwölfte Königsklassen-Trophäe der Vereinshistorie. Sie wäre auch deshalb historisch, weil kein Team seit Einführung des Champions-League-Formats den Titel verteidigen konnte. Damit, dass die Saison unvollendet bleiben könnte, wollte sich am Sonntagabend in Andalusien zwar keiner beschäftigen - aber dass der nationale Triumph den Madrilenen ein außergewöhnliches Hochgefühl bereitete, war greifbar.

Bruch mit der Vergangenheit

"Dies ist die beste und komplizierteste Liga der Welt, mit dem FC Barcelona, Atlético, Sevilla ...", rezitierte Kapitän Sergio Ramos die Teams auf den Plätzen. "Dies war eine sehr umkämpfte Meisterschaft. Und dieser Titel ist die Belohnung für die Konstanz, die Arbeit und die Opferbereitschaft dieser Mannschaft", fügte der Innenverteidiger hinzu, der selbstredend die nächtlichen Meister-Festivitäten am Cibeles-Brunnen anführte. Knapp 50 000 Menschen harrten bis um zwei Uhr morgens aus, um den neuen Meister in der Madrider Innenstadt zu feiern.

Vor der Partie in Málaga hatte es zahlreiche Reminiszenzen an die Vergangenheit gegeben: an jene Jahre, da der FC Barcelona Real Madrid noch am letzten Spieltag abfing. In den 1990er-Jahren, unter Trainer Johan Cruyff, hatte Barça Real an zwei aufeinanderfolgenden Jahren noch überflügelt, und es begab sich seinerzeit, dass Reals Gegner in beiden Spielen der CD Tenerife war, damals trainiert von einem früheren Real-Profi: Jorge Valdano. Diesmal saß auf des Gegners Bank eine andere Real-Legende, Míchel (der, das nur am Rande, den nunmehr pensionierten und in Málaga rührend verabschiedeten Ex-Bayern-Profi Martín Demichelis nicht mehr einwechselte). Doch Ronaldo beendete jeden Gedanken an eine Sensation, als das Spiel noch gar nicht richtig begonnen hatte.

Der Portugiese traf nach zwei Minuten - das 2:0 lieferte Karim Benzema (55.) - und erzielte damit sein 40. Pflichtspieltor dieser Saison. Damit war Ronaldo in der nun zu Ende gegangenen Spielzeit zwar weniger produktiv als in den vergangenen Jahren. Er bleibt dennoch unersetzlich und darf sich als der Faktor fühlen, der letztlich bedingte, dass Barcelona im letzten Amtsjahr von Trainer Luis Enrique mit 90 Punkten nur Zweiter wurde. Den Katalanen blieb nur die nicht gering zu schätzende Freude, den letzten Clásico im Bernabéu-Stadion gewonnen zu haben.

"In den letzten sechs Wochen hat Cristiano die Tore erzielt, die uns ans Ziel geführt haben", sagte der einstige Real-Stürmer Emilio Butragueno, der im Vorstand des Klubs für die sportliche Außendarstellung zuständig ist. In der Tat: Vierzehn seiner 40 Tore, knapp ein Drittel, hat Ronaldo in den letzten neun Spielen der Saison erzielt. "Ich bin sehr froh über dieses spektakuläre Saisonende, es war sicherlich das beste der letzten Jahre", sagte Ronaldo. Er habe die letzten Wochen der Spielzeit "mithilfe des Trainers und der Spieler, die weniger zum Einsatz kommen, intelligenter verwaltet" als in der Vergangenheit, da habe er "immer mehr Spiele in den Beinen gehabt als diesmal". Zwar hat er hin und wieder gemurrt, doch Fakt blieb, dass Zidane es schaffte, Ronaldo hin und wieder davon zu überzeugen, sich auszuruhen.

Die Wahrheit werde ans Licht kommen

Nicht alles war eitel Sonnenschein auf dem Antlitz des Portugiesen. Es verdüsterte sich, als er auf eine Geste aus dem vorletzten Spiel angesprochen wurde: Diese war dahingehend interpretiert worden, dass er den Spielern von Celta de Vigo unterstellte, vom FC Barcelona eine Prämie fürs Siegen bekommen zu haben. "Mich ärgert es, wenn die Leute reden und nur einen Scheiß wissen. Da werden Dinge gesagt, die nicht stimmen", sagte der Portugiese - und wurde dann bei einer allgemeinen Frage nach dem Grund seiner Gereiztheit grundsätzlich. Womöglich spielten dabei auch die seit Monaten wabernden Steuerhinterziehungs- und Vergewaltigungsvorwürfe eine Rolle, die nach der Veröffentlichung von Dokumenten der Enthüllungsplattform "Football Leaks" durch den Spiegel für Furore sorgten - und auf die er nie persönlich geantwortet hatte.

"Über mich wird geredet, als wäre ich ein Verbrecher. Aber die Wahrheit wird am Ende ans Tageslicht kommen", sagte Ronaldo. "Ich bin kein Heiliger, aber auch nicht der Teufel, der ich sein soll. Mich ärgert das alles sehr, denn ich habe eine Familie, eine Mutter, einen Sohn. Ich mache keinen Unsinn, ich mache die Dinge richtig. Und am Ende werden jene, die mich kritisieren, schweigen müssen."

© SZ vom 23.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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